...ist halt das Problem, dass mehr als die Hälfte der Gewinne und mehr als 90% der Umsätze immer noch aus dem klassischen Systemhausgeschäft kommt. Das ist ein sehr schwieriger Markt, der von hohem Preisdruck ausgezeichnet ist und wo gerade eine massive Konsolidierung stattfindet, weil der Wettbewerb zu scharf ist.
Im letzten Jahr wurde das noch ganz gut dadurch abgefedert, dass Microsoft für alte Windows-Versionen den Support eingestellt hat, so dass überproportional viele Firmenkunden sich auch gleich noch neue Hardware gegönnt haben. Wie lang dieser Zyklus hält, ist unklar. (Wenn man mal die Interviews des Shortsellers Jim Chanos zur darüberliegenden PC-Industrie anschaut, bekommt man den starken Eindruck: vielleicht nicht mehr so lang.)
In jedem Fall erscheint klar, dass dieser Teil des Geschäfts im Moment eher in einem Upcycle ist. Auch wenn Cancom aufgrund seiner Größe hier viel besser aufgestellt ist als die meisten kleineren Systemhäuser, erscheint es mir dennoch sehr fraglich, ob mit diesem Teil des Geschäfts perspektivisch je wieder robustes Gewinnwachstum zu erwarten ist.
Natürlich wirkt geringes Gewinnwachstum in diesem Bereich aber dann auch bremsend auf das EPS-Wachstum des Gesamtkonzerns--Cloud SaaS hin oder her. Vor diesem Hintergrund scheint es mir schon etwas bedenklich, wenn sowohl Familie Weinmann als auch Familie Hotter hier massiv Cancom-Aktien auf den Markt werfen. Klar heißt es in solchen Situationen dann immer etwas von "Diversifizierung" und "privaten Gründen", aber es ist für mich zumindest ein Indiz zur Vorsicht. Denn dass sowohl Frau Hotter als auch Frau Weinmann nahezu zeitgleich bei hohen Kursen ihre Liebe für die Diversifizierung entdecken (und dann über eine Million EUR Cancom versilbern), muss nicht unbedingt reiner Zufall sein. Die Damen werden jedenfalls eine bessere Visibilität der perspektivischen Hardwarenachfrage haben, als der durchschnittliche Aktionär.
Hierbei muss man sicher auch die Marktentwicklung im Cloudbereich weiterverfolgen. Z.B. hat Datagroup, einer der engeren Konkurrenten im Cloudbereich, gerade das Ziel ausgegeben, klarer Marktführer für Canoms Kundenzielgruppe im Cloudbereich zu werden. Lichtjahre entfernt davon sind sie schon heute nicht und haben zuletzt am laufenden Band Aufträge gewonnen. Dabei hat Datagroup nicht den Klotz Systemhausgeschäft am Bein, der das EPS Wachstum bremst, und wird dennoch mit einem deutlich geringeren Multiple bewertet als Cancom. Und auch Bechtle wird in Zukunft sicher aggressiver auf diesen Markt drängen, als ihnen im Moment vielleicht möglich ist.
Kurz: für mich ist Cancom momentan nur eine Beobachtung wert (auch wenn ich hier früher schon erfolgreich und glücklich investiert war). Wenn der Kurs nochmal Richtung 30 EUR fällt, würde ich über ein Engagement nachdenken, aber im Moment erscheint mir die Aktie zumindest im Vergleich zum einen oder anderen deutschen Cloud-Konkurrenten immer noch nicht offensichtlich billig.
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