NRW lehnt Hilfen für Borussia Dortmund ab
Die Krise bei Borussia Dortmund ist schlimmer als befürchtet, dem Club droht die Pleite, sollten nicht rasch Geldgeber gefunden werden. Das Land Nordrhein-Westfalen will den Fußball-Bundesligisten dennoch nicht finanziell unterstützen.
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Düsseldorf/Dortmund/Frankfurt am Main - "Wir dürfen keine öffentlichen Gelder einsetzen, um die Millionen-Gehälter für Profis abzusichern", erklärte der für Sport zuständige Bauminister Michael Vesper. Die Politik könne dem BVB nur Gespräche, Rat und Moderation anbieten. Eine Bürgschaft sei ausgeschlossen. "Das Land darf und dürfte in so einer labilen Situation keine Gelder bewilligen", sagte Vesper weiter.
Dass der hoch verschuldete mehrfache Deutsche Meister um seine Existenz kämpfen muss, sei ein herber Schlag. "Der BVB ist ein Sympathieträger par excellence weit über Nordrhein-Westfalen hinaus. Er darf nicht aus der Bundesliga verschwinden", sagte der Grünen-Politiker, der auch stellvertretende Ministerpräsident ist. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass "ein so hervorragendes Produkt wie Borussia Dortmund für Investoren und Banken nicht interessant" sei.
Hiobsbotschaft aus der BVB-Zentrale
Borussia Dortmund hatte am Morgen in einer Pflichtmitteilung erklärt, dass die finanzielle Situation des Clubs existenzbedrohende Züge angenommen habe. Da keine Investoren für den Rückkauf des Westfalenstadions gefunden worden seien, stünden die Mittel zur Bedienung teilweise bereits fälliger Verpflichtungen und zur Abdeckung notwendiger Investitionen bis Jahresmitte nicht zur Verfügung, erklärte der Verein. Allein für das erste Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2004/2005 sei mit einem operativen Verlust von 27,2 Millionen Euro zu rechnen, hieß es weiter.
Ohne Sanierungsmaßnahmen sei per 30. Juni 2005 ein Gesamtfehlbetrag von 68,8 Millionen Euro zu erwarten. Damit sei unter Berücksichtigung der Verluste aus Vorjahren rund 79 Prozent des eingezahlten Kapitals der Aktionäre aufgezehrt. Zugleich gebe es bis Ende Juni 2005 Verpflichtungen in Höhe von 29,7 Millionen Euro, "die derzeit nicht zur Verfügung stehen".
Böse Überraschung für Aktionäre
Der Kurs der Borussia-Aktie brach nach der Erklärung ein. "Der Verlust von 27,2 Millionen Euro ist sehr enttäuschend. Ein Sanierungsfortschritt ist nicht zu erkennen", sagte Carsten Heise, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, SPIEGEL ONLINE. "Die Frage ist jetzt: Wer soll in Borussia Dortmund investieren? Das alles ist sehr esorgniserregend", erklärte der Aktionärsschützer. BVB-Großaktionär Florian Homm zeigte sich vom Ausmaß der Krise nicht überrascht. Allerdings habe er nicht erwartet, dass sich die Situation des Vereins derart dramatisch zuspitzen werde, sagte Homm. Er schloss nicht aus, weiteres Geld in den klammen Verein zu stecken. Allerdings werde er zusätzliche Finanzspritzen an "härteste Bedingungen" knüpfen, sagte der Investor.
"Kapital verprasst"
Nach Einschätzung von Börsianern hat der Fußballclub Borussia Dortmund seine prekäre Situation durch "undurchsichtige Finanzierungspraktiken" und das "Verprassen von Kapital" selbst verschuldet. Das Geld, das Borussia aus dem Börsengang eingenommen habe, sei leichtfertig und völlig überstürzt investiert worden, sagte ein Händler.
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Noch deutlicher wurde Fidel Helmer von Hauck & Aufhäuser: "Die BVB-Aktien gehören aus meiner Sicht überhaupt nicht an die Börse." Der BVB sei mit besten Voraussetzungen an der Börse gestartet und habe diese nicht nutzen können, betonte Peter-Thilo Hasler von der HypoVereinsbank. Mit dem "ineffektiven Verprassen" von Kapital habe das Unternehmen seinen jetzigen Zustand selbst verschuldet.
Begrüßt wurde an der Börse lediglich, dass die Situation jetzt klar benannt sei. "Borussia hat nun endlich mal klar gesagt, wie es aussieht. Und das ist schlimmer als befürchtet", betonte ein weiterer Händler. Mit einem durchdachten Sanierungskonzept könne der Verein aber gerettet werden, wenn alle an einem Strang zögen. "Borussia Dortmund ist aus der deutschen Fußballszene nicht wegzudenken."
Im Dialog mit den Gläubigern
Die Gesellschaft befinde sich in einem konstruktiven Dialog mit den Gläubigern, teilte Borussia Dortmund weiter mit. In diesem Zusammenhang habe die Gesellschaft von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rölfs Partner ein Sanierungskonzept erstellen lassen, das nunmehr vorliege. Unter anderem sieht der Plan Mietstundungen für das Westfalenstadion vor. Auch Zins- und Tilgungsmoratorien bis zum Geschäftsjahr 2006/2007 werden erwähnt.
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Voraussetzung für die Umsetzung dieses Konzeptes sei aber die Zustimmung aller Finanzgläubiger. "Deren überwiegende Mehrheit hat die Zustimmung bereits zugesagt", versicherte die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. "Mit lediglich drei Finanzgläubigern werden gegenwärtig noch weiterführende Verhandlungen geführt."
Der Börsengang im Oktober 2000 hatte Borussia 130 Millionen Euro in die Vereinskassen gespült. Die Dortmunder hatten damit in Deutschland eine Vorreiterrolle eingenommen. Heute aber belasten den Verein knapp 120 Millionen Euro Schulden. Schon in der vergangenen Saison hatte die Borussia, die auch durch eine unerwartete sportliche Talfahrt finanziell ins Trudeln geraten war, 73,3 Millionen Euro Miese angehäuft.
Finanziers wenden sich ab
Die Bereitschaft von Investoren, für den Club einzuspringen, hat in den vergangenen Wochen deutlich abgenommen. Der Londoner Anleihespezialist Schechter, der unter anderem auch bei Schalke 04 engagiert ist, hat laut "Handelsblatt" seine Verhandlungen mit dem BVB abgebrochen.
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"Es gibt keine Beziehung mehr zu Borussia Dortmund", wird der Investment-Banker in dem Blatt zitiert. Der Grund sei ein Vertrauensbruch des Dortmunder Präsidiums, hieß es. Der Club sei bislang Aufforderungen nicht nachgekommen, ihm Finanzinformationen zu geben.
Zwischenzeitlich hieß es auch, die WestLB könne einsteigen. Eine Finanzspritze in dreistelliger Millionenhöhe von der Landesbank ist jedoch vorerst ebenfalls nicht in Sicht. Trotz Drucks der Düsseldorfer Landesregierung wolle WestLB-Chef Thomas Fischer kein Kapital bereitstellen. Ein Engagement bei der Borussia passe nicht zur Strategie der WestLB. Außerdem sei der Kunde Borussia Dortmund für einen Kredit in dieser Größenordnung nicht solvent genug.
Die Krise bei dem Club hatte bereits personelle Konsequenzen nach sich gezogen. Vor gut einer Woche hatte Gerd Niebaum sein Amt als Geschäftsführer der Kommanditgesellschaft auf Aktien niedergelegt. Vor drei Monaten war er bereits als Präsident des Bundesligisten zurückgetreten. Sein Nachfolger als Präsident des westfälischen Traditionsvereins ist Reinhard Rauball, der schon einmal den BVB führte.
Angeschlagen trotz Zuschauerrekord
Durch die finanziellen Schwierigkeiten von Borussia Dortmund sind die Existenzen weiterer Unternehmen bedroht. Derzeit hält die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA jeweils 100 Prozent Anteile an den Unternehmen goool.de Sportswear GmbH und Sports & Bytes GmbH.
Zudem ist der börsennotierte Club am Reisebüro B.E.S.T. (51 Prozent) und am Rehabilitationszentrum Orthomed (33,4) beteiligt. Die Vermarktung des Westfalenstadions bildet einen weiteren Wirtschaftszweig.
Mit einem Schnitt von 71.806 Zuschauern ist der BVB auch in dieser Saison Bundesliga-Krösus. Mit einem Fassungsvermögen von über 83.000 Zuschauern im Westfalenstadion verfügt die Borussia über die größte Fußballarena Deutschlands. Rund 24.000 Mitglieder gehören dem Verein an. Im Konzern beschäftigte Borussia Dortmund im Geschäftsjahr 2003/2004 inklusive aller Teilzeitbeschäftigten laut Geschäftsbericht durchschnittlich 401 Mitarbeiter. Gruß Moya ![](http://www.world-of-smilies.com/html/images/smilies/sport/smilie_bochum.gif)
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