Neubau-Entsetzen - jetzt kann sogar diese Woche brenzlig werden
von Ronald Gehrt
Kaum geschrieben, schon passiert: Ich hatte in den vergangenen Tagen mehrfach geschrieben, dass die Chancen auf per saldo steigende Kurse in dieser letzten Woche des Quartals meiner Ansicht nach im Bereich um 65% liegen, weil die wichtigsten Indizes nun wieder seit Jahresbeginn einen Gewinn aufweisen und so das traditionelle „Window Dressing“ der institutionellen Investoren zu einem weiteren Anstieg der im Gewinn liegenden Aktien der ersten drei Monate führen dürfte, wenn die anstehenden externen Einflussfaktoren nicht so schwach ausfallen, dass sie trotzdem ihre Fußabdrücke im Kursverlauf hinterlassen.
Gleich der erste Tag der Woche brachte dergleichen Ungemach ... und wie! Ich bin ja für die US-Konjunktur seit Herbst standhaft pessimistisch und sehe auch keinerlei Ansätze, dass sich der Abstieg der US-Wirtschaft noch stoppen ließe. Aber damit habe ich keinesfalls gerechnet:
US-Neubauverkäufe: Ganz, ganz böse Daten
Die Neubauverkäufe sind nicht zurückgegangen, sondern abgesoffen ... und das den zweiten Monat in Folge. Und Achtung: Das begonnene Frühjahr ist normalerweise die beste Zeit für die Branche!
Auf den ersten Blick waren die Zahlen „nur“ schlecht. –3,9% im Februar bei den verkauften Neubauten, na ja ... wohl doch keine Bodenbildung am Immobilienmarkt, was? Aber die Zahl täuschte. Denn diese –3,9% basierten auf Januar-Zahlen, die nach unten korrigiert wurden, und zwar heftig. Sie erinnern sich sicher: Im Januar brachen die Neubauverkäufe um –16,6% gegenüber Dezember 2006 ein. Das waren 937.000 Einheiten ... aber:
Stimmte nicht, so das Census Bureau gestern, es waren doch noch ein paar weniger. Na ja, ein „paar“ 54.000 weniger. Das heißt, die -16,6% wurden noch mal um weitere –5,7% nach unten korrigiert. Und von diesem revidierten Januar-Wert, nämlich 883.000 Einheiten, waren es nun –3,9% oder noch 848.000 Einheiten.
Das ist ein Sieben-Jahrestief – und der Chart zeigt unmissverständlich, dass die Lage übel ist und von Bodenbildung nichts in Sicht ist (Quelle:
www.marktdaten.de).Die Zahl der auf Halde liegenden Neubauten steigt
Und das ist noch nicht alles. Während der durchschnittliche Verkaufspreis mit 250.000 Dollar nur um –0,5% fiel und damit einigermaßen unauffällig blieb, stiegen die Bestände an fertigen, aber bislang nicht an den Mann gebrachten Häusern um 1,5% auf 546.000 Einheiten. In Relation zur Zahl der verkauften Häuser liegt dieses Niveau auf dem schlechtesten Stand seit Januar 1991!
Und so relativierte sich der angeblich positive Anstieg der Verkäufe gebrauchter Eigenheime. Es zeigt sich, dass das Argument, dass ich gestern noch anführte, nicht ganz falsch ist: Je mehr gebrauchte Häuser umgesetzt sprich auch nachgefragt werden, desto mehr gräbt das dem Neubau-Bereich das Wasser ab.
Nicht zu vergessen: Euro und Öl steigen
Der Aktienmarkt reagierte trotz jüngster Rallye und anstehendem Quartalsende ziemlich deutlich. Noch ist dies charttechnisch ohne Bedeutung geblieben, daher sehen Sie im nächsten Absatz auch mal wieder die asiatischen Börsen, die diese Daten ja noch nicht kannten, um hier mal wieder den Stand der Dinge zu prüfen.
Aber wie Sie in der gestrigen Konjunkturdaten-Übersicht sehen konnten: Da steht nun jeden Tag eine neue Zahl an ... und so, wie die US-Wirtschaft aktuell beieinander ist, dürfte da noch die eine oder andere böse Überraschung auftauchen.
Da Euro/Dollar und Ölpreis am Montag ebenfalls zulegten und mir zudem die Iran-Krise momentan erstaunlich tief gestapelt scheint, sind momentan außer diesem einen Argument „Window Dressing“ keine bullishen Argumente zu finden. Bleiben Sie unbedingt vorsichtig, was die Aktienmärkte angeht ... auch und gerade, weil sich nach der jüngsten Rallye wieder die Bullen in den Medien die Klinke in die Hand geben, während die US-Börsen seit der Notenbank-Sitzung auf der Stelle treten.
The Daily Observer
PS: Und gerade frisch reingekommen: Thompson Financial senkt seine Prognosen für die durchschnittlichen Gewinnsteigerungen der US-Unternehmen für das 1. Quartal von vorher +8,7% auf nun nur noch +4,4%. Aber zeitgleich macht sich doch das Window-Dressing bemerkbar: Die Verluste wurden nach und nach aufgeholt, man sammelt fürs Quartalsende, wie es scheint. Und so hat auch diese ernüchternde Nachricht die typische Quartalsende-Reaktion gezeitigt: keine. Warten wir mal ab, wie die Börsen reagieren, wenn in drei Wochen die Bilanzen auf den Tisch kommen ...