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Frisches Kapital für Akquisitionen First Sensor AG: Dank Börsengang zum Hidden Champion entwickelt Von Torsten Holler
1991 gründeten fünf Ingenieure und Physiker unter der Leitung von Dr. Bernd Kriegel aus dem ehemaligen DDR-Werk für Fernsehelektronik (WF), dem größten Hersteller von Bildröhren für Fernseher, in Berlin-Oberschöneweide das Unternehmen Silicon Sensor mit dem Ziel der Entwicklung von Hightech-Sensoren. 2010 übernahm die Silicon Sensor AG den Adlershofer Sensorproduzenten First Sensor Technology GmbH mit 50 Beschäftigen und firmierte 2011 in die First Sensor AG um.
Abrundung des Produktportfolios „Die Übernahme rundete seinerzeit unser Produktportfolio ab. Bei First Sensor Technology entwickelt und produziert man sogenannte MEMS-Sensoren. MEMS steht für mikro-elektro-mechanische Sensoren – woraus in Zukunft viele Baugruppen bestehen werden“, erläutert First Sensor Vorstand Dr. Hans-Georg Giering das neue Geschäftsfeld. Damit konnte man erneut den Anspruch untermauern, zu den führenden Anbietern von Sensoren weltweit zu gehören.
Extrem innovationsgetrieben Bislang hatte First Sensor vor allem in der Entwicklung von hochpräzisen Sensoren auf sich aufmerksam gemacht. Gemeinsam mit dem Werkzeughersteller Hilti entwickelte man den ersten Zollstock, der Distanzen via Lasermessung ermitteln kann und heute aus dem Werkzeugkasten von Handwerkern nicht mehr wegzudenken ist. Doch auch im Airbus und im Eurofighter, in Satelliten der NASA oder in der Automobilindustrie werden die Sensoren verwendet, mit den unterschiedlichsten Funktionen. „Unsere Sensoren messen Druck, Abstand, Temperatur, Füllstände und viele andere Umwelteinflüsse“, so Giering, der Wert darauf legt, dass sein Unternehmen nicht für den Massenmarkt produziert, sondern nur in Stückzahlen bis maximal 2 Mio. Exemplaren. „Es kann auch schon vorkommen, dass wir von einem speziellen Sensor nur fünf Stück bauen. Wir sind extrem innovationsgetrieben“, ergänzt der Unternehmer. Rund 70% aller Steuerungen im Maschinenbau sind mit Sensoren des Berliner Unternehmens ausgerüstet. Die First Sensor AG zählt zu den wenigen Hidden Champions der Hauptstadtregion.
Gang an die Börse bedeutete Sicherheit für die Kunden Doch die anspruchsvollen Produkte verlangen auch nach einer guten Kapitalbasis. „Der Kunde schaut sehr genau darauf, wie groß das Unternehmen ist und ob es längerfristig am Markt bestehen kann. Immerhin werden unsere Sensoren durchschnittlich 18 Jahre lang genutzt. Der Kunde schaut in unsere Bilanzen, bevor er uns beauftragt“, sagt Giering und ergänzt: „ Man hat uns anfangs nicht zugetraut, dass wir am Markt bestehen können.“ Aus diesem Grund beschloss man 1999 nicht zuletzt auf Anregung des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Edgar Most – der gleichzeitig eine ostdeutsche Bankerlegende war – , mit gerade mal 2,5 Mio. EUR Jahresumsatz den Gang an die Börse zu wagen. Trotz des Niedergangs des Neuen Marktes konnte sich die First Sensor AG behaupten und hat seit dem Börsengang mit acht Kapitalerhöhungen rund 75 Mio. EUR Wachstumskapital eingesammelt.
Kapitalerhöhungen auch für Erweiterung des Standorts genutzt Mit dem Geld wurden vor allem zielgerichtete Akquisitionen getätigt, darunter ein Unternehmen aus Dresden, mit dem der Übergang zum Hersteller kompletter Sensormodule ermöglicht wurde. 2007 wurde dann in Oberschöneweide der Standort erweitert, um künftig Sensoren in Reinräumen der Klasse 100 produzieren zu können. „Klasse 100 bedeutet Reinraumtechnologie in Höchstform. Es sind nicht mehr als 100 Partikel mit einem Durchmesser größer 0,5 Mikrometer in einem Volumen von 1 Kubikfuß Luft zu finden. Zum Vergleich: Um das zu erreichen, dürfte man auf dem Berliner Wannsee gerade mal einen Fingerhut voll Öl finden“, so Giering. Nachdem 2010 die First Sensor Technology GmbH aus Adlershof übernommen worden war, folgten 2011 die Sensortechnics GmbH aus München mit 90 Beschäftigten und die Elbau AG aus Berlin-Pankow mit 130 Mitarbeitern. Mit diesen Übernahmen konnte die Entwicklung elektronischer Komponenten bis zu einer Stückzahl von 50.000 Baugruppen pro Jahr erheblich forciert werden.
Gute Eigenkapitalsituation im Unternehmen Trotz des Zuflusses von frischem Kapital aus den börslichen Aktivitäten hat First Sensor immer großen Wert darauf gelegt, die Eigenkapitalquote des Unternehmens weiter zu erhöhen. Bevor die Zukäufe in München und Pankow erfolgten, hatte die First Sensor AG eine Eigenkapitalquote von 55%, nach den Übernahmen liegt diese immerhin noch bei 43%. „Wir neigen nicht dazu, Geld zu verbrennen“, so Giering.
Ausblick: Weiteres Wachstum am Standort Vom seinem Büro aus hat Vorstandschef Giering nicht nur einen wunderschönen Blick auf das Spreeufer. Das vorausschauend etwas größer erworbene Firmengelände bietet noch reichlich Platz zur Erweiterung des Unternehmens. Giering erklärt: „Unser Ziel ist es, 2020 einen Umsatz von 250 Mio. EUR mit mehr als 1.000 Beschäftigten zu erreichen. Zudem wollen wir die Märkte in Asien und den USA weiter erschließen.“ Rund 500 Mitarbeiter sollen dann am Stammsitz in Oberschöneweide arbeiten – dem Berliner Industriestandort, an dem einst unter der Ägide von Emil Rathenau die Weltkarriere der AEG begann.
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