...im Niedergang
Ein interessanter Kommentar von Ulf Poschardt:
Elon Musk hat etwas unglaublich schlimmes getwittert. „Only the AfD can save Germany.“ Das ist natürlich Unsinn. Wie so einiges, was Musk twittert, neben all dem zauberhaft geschmacklosen, wüsten, abgefahrenen, klugen, brillanten, einzigartigen, unverwechselbaren Zeug.
Damit fängt es schon mal an: Die Deutschen sind ein radikal humorfreies, säkularprotestantisches Volk geworden. Schwingungsfrei und misstrauisch jeder Ambivalenz gegenüber. Und zwar links, rechts und in der Mitte. Die deutschen Moralaufsichtsbehörden in Medien, Politik und den üblichen NGO-Günstlingen sind entsetzt. Sie sehen protestantisch nur den Text, nie den Kontext. Sie suchen nach Fehlern bei einer Figur, die jeden Tag Millionen Dinge tut und damit wohl automatisch Hunderte von Fehlern. Korrigiert wird er vom Nietenorchester, das mit seinen Schmalspurprogrammen und -anliegen schwingungsfrei einzig und allein versucht, keine Fehler zu machen. Um gesinnungsethisch immer zweifelsfrei zu sein.
Warum hat Musk das getwittert? Weil die selbst erklärte rechte Influencerin Naomi Seibt Friedrich Merzens Auftritt bei „Maischberger“ ins Englische übersetzt hat, bei dem der CDU/CSU-Kanzlerkandidat eher unnötig und ein wenig opportunistisch auf Musk und Milei eingedroschen hat. Diese schrägen Merz-Formulierungen waren ja auch für die klassischen Mitte-Unionswähler schwer nachzuvollziehen. Sie waren rückblickend ein Fehler, ist doch Ludwig Erhard näher an Milei als an Habeck. Aber das nur nebenbei. Leider ist die FDP zu klein, um von Musk wahrgenommen zu werden.
Der amerikanische Blick auf die Deutschen ist in der Regel von Desinteresse geprägt – trotz Sternstunden deutsch-amerikanischer Freundschaft wie Kennedys „Ich bin ein Berliner“ und Ronald Reagans visionärer Rede am Brandenburger Tor.
Das ist bei Elon Musk anders: Er liebt Deutschland. Er liebt Wagner, Ernst Jünger, die deutsche Todessehnsucht, Kraftwerk und Techno und natürlich German Engineering. Deswegen hat er eine Tesla-Fabrik in Brandenburg gebaut und damit Tausende von Arbeitsplätzen geschafft. Blicken die globalen Wirtschaftseliten aktuell auf Deutschland, sehen sie ein Land im Niedergang, überreguliert, doch weiterhin beeindruckend vorlaut.
Die Energiewende ist ein grotesker Fehltritt, die Deindustrialisierung in vollem Schwung. Zu wenig wird wahrgenommen, wie sehr Merz (hoffentlich), Linnemann (auf jeden Fall) und Lindner (wenn er denn reinkommt) wirklich was anderes wollen.
Deswegen ist für jemand wie Musk die AfD – in offensichtlicher Unkenntnis derer antikapitalistischen Unterströmungen – eine Alternative. Er verwechselt unter Umständen Weidel mit Meloni, Naomi Seibt mit Ben Shapiro. Was deutlich macht, dass er da einfach nicht so genau hingesehen hat. Wahr ist aber auch, dass Deutschland abgeschrieben wird, wenn es nach der Wahl wieder eine Status-Quo-Regierung gibt – d.h. wenn eine der beiden linken Parteien Grün oder Rot beteiligt sind. Musk, der Libertär, sieht keine Partei, die seine Anliegen repräsentiert. Gleichzeitig gibt es bei den Libertären, auch bei Argentiniens Präsidenten Javier Milei eine leninistische Strategie im Kulturkampf, erst mal mit der Rechten, in Teilen sehr Rechten, zu paktieren, um die kulturelle Dominanz der Linken zu zerstören.
Milei umarmt auch Bolsonaro, obwohl die beiden in einigen Politikfeldern sehr unterschiedliche Ansichten haben. Ähnlich macht das Musk. Aber auch Leute wie der Podcaster Joe Rogan, der vor vier Jahren noch Bernie Sanders unterstützte, sieht in Trump eigentlich einen Anti-Establishment-Bilderstürmer, der endlich die woken, antikapitalistischen Sümpfe trockenlegt. Der Witz an der AfD ist, dass sie in Gestalt des heimlichen Machthabers Björn Höcke eine rechtswoke, antikapitalistische Partei ist, die vom völkischen Autoritär träumt und nicht wie Musk und Milei von einem schlanken Staat für freie, mündige Bürger.
Die Reaktionen im Elfenbeinturm jedoch zeigen, wie richtig Musk mit seinem Instinkt liegt, diesem unseren Land einen radikalen Wandel abzuverlangen. Das Geschrei nach Regulierung und Verbot setzte unmittelbar ein. Ein paar Aktivist:innen (sic!) haben gar Rumänien-Vibes und sahen schon mögliche Wahlanfechtungen, wenn ihre linken Parteien im Februar scheitern sollten. Dasselbe Milieu, das mit „Correctiv“, „Volksverpetzer“ oder Böhmermann die Speerspitzen der Desinformation darstellen – und die Hass und Hetze von links betreiben, wittern ihre Chance, die Umerziehungen und Koordinatenverschiebung dank solcher Vorlagen nicht nur fortzuschreiben, sondern politisch zu betonieren.
Deutschland braucht einen Elon Musk und einen Milei. Nur: wir haben weder einen Unternehmer wie ersteren noch einen revolutionären Ökonomen und Instinktpolitiker wie zweiteren. Sollte sich auch in diesen Debatten der Elfenbeinturm in seiner Regulierungswut durchsetzen, wird die gesellschaftliche Stimmung in Deutschland weiter eingetrübt.
Have a nice Christmas, Elon Musk!
https://www.welt.de/debatte/plus254930802/...co-2_ABC-V43.1.A_control
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