Ich finde eine Sache sehr bemerkenswert.
Baumann sagte ja beim Call zu den Q3-Zahlen, dass der neue Vorschlag zu den Future Cases inhaltlich bereits steht, man ihn jetzt nur noch in eine ordentliche Vertragsform gießt und dann dem Richter Chhabria zur Genehmigung vorlegt.
An diesem Prozess sind ja etliche Personen beteiligt. Bayer, deren Anwälte, die Anwälte der Kläger, der Mediator und deren jeweiliges Umfeld.
Zeitgleich wartet die Medienwelt in den USA auf das Ergebnis. Etliche Law-Websites ebenso wie das Wall Street Journal, Reuters und allen voran Bloomberg, die sehr intensiv berichten.
Aber es dringt absolut nichts nach außen.
Noch nicht einmal Gerüchte und Mutmaßungen. Außer das Statement von Baumann, dass es mit 2 Milliarden anstatt 1,25 Milliarden Dollar teurer wird.
Die scheinen alle tatsächlich komplett verschwiegen, so dass die Journalisten im Vorfeld nichts raus bekommen.
Theoretische Optionen wären....
1. Weiterhin Science Panel in abgewandelter Form 2. Versuch, das Etikett mit Warnhinweis zu versehen unter neuer EPA, sobald Biden am Ruder ist und er Andrew Wheeler ablöst. 3. ROUNDUP mit Glyphosat für Privathaushalte verbieten 4. Verzögerung und im Fall Johnson oder Hardeman auf Supreme Court warten, was für mich Harakiri wäre
Die Klägeranwälte haben mit Bayer zudem das Abkommen, dass sie keine Klagen mehr annehmen und vollständig auf Werbung (Rekrutierung neuer Fälle) verzichten.
Jetzt kommt mein Aber.
Diese Abkommen bestehen mit The Miller firm, Baum Hedlund und Andrus & Wagstaff. Das sind die Kanzleien, mit denen sich bereits verglichen wurde und die sehr viel Geld bekommen. 30 Prozent von vermutlich ca. 6 Milliarden Dollar für deren Fälle (davon 3 Milliarden noch in 2020), die zugesagt sind. Das entspricht 88.500 von 125.000 Fälle.
Was ist aber mit den Kanzleien, mit denen keine Übereinkunft besteht, wie zB Onder law oder David Diamond? Oder noch wichtiger, mit all den Kanzleien im großen Amerika, die bisher noch gar keine Glyphosat-Kläger betreuen?
Denen kann man ja nicht verbieten, Kläger zu vertreten oder TV-/Print-Werbung zu schalten.
Es gibt in den USA unendlich viele Kanzleien, die sich dann auch noch ein Stück vom Kuchen holen wollen, wenn The Miller firm, Baum Hedlund und Andrus & Wagstaff keine Klienten mehr annehmen und quasi die Tür somit für andere Kanzleien öffnen.
Und ich muss in diesem Kontext immer wieder an die Aussage von Baumann bei der letzten HV denken. Bei der er sinngemäß sagte....
Es wird nur einen Abschluss für die jetzigen Fälle geben, wenn für die Zukunft auch ausreichend Rechtssicherheit besteht.
Nun ja, für die jetzigen Fälle (88.500 von 125.000) gibt es ein rechtsgültiges Abkommen und der Richter Chhabria macht seine noch ausstehende Zustimmung für die Future cases ganz sicher nicht davon abhängig.
Mit anderen Worten, was Baumann uns da versprach, scheint etwas unglaubwürdig.
Denn sollte Chhabria zum neuen Vorschlag erneut nein sagen, kann Bayer die bereits erfolgte Zustimmung für die 88.500 nicht mehr zurück ziehen. Denn beides ist juristisch betrachtet separat voneinander zu betrachten. Auch wenn Baumann uns Glauben schenken wollte, es sei nur die andere Seite der selben Medaille.
Hier nochmals seine HV-Rede mit besagter Passage
https://media.bayer.de/baynews/baynews.nsf/id/...n-von-Werner-Baumann
Unabhängig von der Dauer der Verhandlungen werden wir eine Lösung weiterhin nur dann akzeptieren, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll und so strukturiert ist, dass zukünftige Fälle effizient zu einem Abschluss gebracht werden. Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Rezession und teils erheblichen Liquiditätsherausforderungen gilt das mehr denn je.
Wenn man sich dann nochmals die 4 Optionen
1. Weiterhin Science Panel in abgewandelter Form 2. Versuch, das Etikett mit Warnhinweis zu versehen unter neuer EPA 3. ROUNDUP mit Glyphosat für Privathaushalte verbieten 4. Verzögerung und auf Supreme Court warten
genauer betrachtet, können bei einer gewissen Logik und Stringenz eigentlich nur die Punkte 2 und 3 diese Kriterien ausreichend erfüllen.
Bei den Punkten 2 und 3 hätte man es quasi selbst in der Hand.
Bei 1 und 4 würde der Leitspruch gelten: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.
Und könnte Baumann sich dann tatsächlich bei der nächsten HV wieder vor die Aktionäre stellen und sagen shit, das mit den Future cases ist halt leider nicht wie gehofft gelaufen.
Wohl eher kaum.
Ich schätze ihn als pragmatischen Menschen ein. Den AR-Chef ebenfalls. Dieser betonte, dass die Vertragsverlängerung von Baumann an die Bedingung geknüpft sei, die Glyphosatrechtsstreitigkeiten vollumfänglich zum Abschluss zu bringen.
Es wäre für beide ein Desaster, wenn bei der nächsten HV (27.04.2021) keine Rechtssicherheit für die Future cases verkündet werden könnte. Vom weiteren Imageverlust ganz zu schweigen. Und für uns Aktionäre wäre dies auch eine Katastrophe.
Hier noch die Pressemeldung zur Vertragsverlängerung von Baumann aus den September. Dort heißt es
https://www.investor.bayer.de/nc/news/...baumann-bis-ende-april-2024/
"Der Aufsichtsrat ist fest davon überzeugt, dass Herr Baumann die richtige Führungspersönlichkeit ist, um diese umfassende Transformation weiter zielgerichtet und entschieden voranzutreiben. Seine tiefgreifende Kenntnis der Märkte, Geschäfte, Organisation und Stärken von Bayer sind dafür wesentlich", so Winkeljohann. "Wir erwarten zudem, dass der Rechtskomplex Glyphosat in einer für das Unternehmen zufriedenstellenden Weise gehandhabt wird, die wirtschaftlich sinnvoll und so strukturiert ist, dass mögliche künftige Fälle effizient geregelt werden können."
Und weiter unten nimmt die Pressemeldung auch Bezug auf die Future Cases. Was ja auch unternehnenspolitisch interessant ist. Wohlgemerkt, es handelt sich um eine Pressemitteilung uim Thema Vertragsverlängerung Baumann. Normalerweise sollte man meinen, in einer solchen Meldung werden keine anderen Themen behandelt, um das Thema Vertragsverlängerung nicht zu verwässern und um dieses Thema nicht klein zu reden.
Es mutet daher schon fast wie eine Rechtfertigung an, dass man in diesem Zusammenhang die Glyphosatrechtsstreitigkeiten thematisiert. Und die Vertragsverlängerung als quasi legitim rechtfertigt.
Dort heißt es....
Zudem teilte das Unternehmen mit, dass es mit den Klägeranwälten Fortschritte bei einem überarbeiteten Konzept für ein Class Settlement (d. h. einen Vergleich mit einer bestimmten Gruppe von Klägern) zur Handhabung und Beilegung möglicher künftiger Ansprüche im Zusammenhang mit Roundup (Wirkstoff: Glyphosat) erzielt habe. Die Details des überarbeiteten Konzepts werden in den kommenden Wochen finalisiert. Nach Abschluss der formellen Vereinbarung wird ein Antrag auf vorläufige Genehmigung eingereicht. Der Plan zur Handhabung und Beilegung möglicher künftiger Rechtsstreitigkeiten steht im Einklang mit der seit langem bestehenden Position von Bayer, dass das Unternehmen eine Beilegung in Betracht zieht, solange sie zu angemessenen finanziellen Bedingungen erreicht werden kann und sowohl aktuelle als auch mögliche künftige Ansprüche berücksichtigt. Diesem ganzheitlichen Ansatz folgend, wird das Unternehmen nun den Abschluss der am 24. Juni verkündeten vorläufigen Vereinbarungen beschleunigen, um aktuelle Klagen und Ansprüche beizulegen.
Soweit eine aktuelle Einschätzung von mir zum Thema Future Cases. Ich bin gespannt, was uns da die nächsten Woche noch erwartet. Hoffentlich ein Haken dran und Erleichterung.
Mein Fazit ist, ohne einen positiven Ausgang beim Thema Future Cases und dem Ja von Chhabria und wirklicher Rechtssicherheit hat Baumann keine Zukunft mehr bei Bayer als CEO.
Für uns Aktionäre hoffe ich, dass Baumann und sein Team erfolgreich verhandeln.
In diesem Sinne, allen ein schönes Wochenende 😊.
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