Versucht doch einfach mal, Gesellschaft als ein komplexes System zu begreifenn, in dem die verschiedenen Teile einander nach Möglichkeit zuarbeiten. Richtig ist, dass wir eine Tendenz zu überbordender Regulierung und deren Verwaltung beobachten und auch spüren. Aber deshalb ist "Verwaltung" noch lange nicht per se Schmarotzertum. Der Malocher könnte, so sich sein Arbeitsplatz 20 km entfernt befindet, dort nicht mal hingelangen, wenn es nicht eine öffentliche Infrastruktur gäbe. Und wenn er - bildlich gesprochen - seine Lohntüte nach Hause trägt, möchte er auch nicht, dass ihm unterwegs einer sein hart Erarbeitetes gewaltsam abnimmt. Das alles zu sichern (und Vieles mehr) ist auch Aufgabe eines funktionierenden Gemeinwesens. Dazu braucht es Geld, Geldverkehr usw. Das alles muss "verwaltet" werden. Die öffentliche Hand muss sich und dem Volk darüber Rechenschaft ablegen, wie und wo das Geld ausgegeben wird. Auch das braucht Verwaltung. Auch ein kompliziertes System wie Marktwirtschaft - wie frei auch immer - für 80 Millionen Menschen kommt ohne das alles nicht aus. Ganz abgesehen von den vielen öffentlichen Dienstleistungen, die heute jeder für sich selbstverständlich in Anspruch nehmen will (Müllabfuhr, Infrastruktur, Gesundheitswesen, Bildung usw.) Bei allem Sinn für Privatisierung - es brauch immer auch den Gedanken der Allgemeinverbindlichkeit, auch dort wo es "sich nicht (unbedingt) rechnet".
Und noch was zum harten Malocher: In einem hochtechnologisierten, global vernetzten Land wie unserem ist vieles, was früher der "wertschaffende Malocher" hier beigetragen hat, längst abgewandert in Regionen, wo er dies billiger tut (tun kann). Also hat bei uns der "Masterplan" (sprich Forschung und Entwicklung) einen - was Wertschöpfung angeht - ungleich höheren Anteil gewonnen, als das noch vor 50 Jahren der Fall war. Es ist nicht mehr vor allem der "produzierende Malocher", der den Reichtum schafft. Und auch dies zu ermöglichen, braucht jede Menge Infrastruktur (eben forschung und Bildung). Deshalb ist es auch nicht mehr angemessen, so zu tun, als hätten wir da ganz unten die schaffende, und je weiter es nach oben geht, die raffende Klasse - bei allen Verwerfungen, die das System tendenziell immer wieder produziert und die auch mal durch Streiks oder andere Arten von Auseinandersetzungen gerade(r) gerückt werden müssen. Was durchaus auch in der Marktwirtschaft seinen volkswirtschaftlichen Sinn hat. Schließlich ist Volkswirtschaft nicht Selbstzweck, sondern - wie Erhardt es formuliert hat - dazu da, möglichst Wohlstand für alle (die dazu beitragen) herzustellen. Was übrigens nicht heißen kann, "gleicher Wohlstand für alle" - sonst wäre wiederum die treibende Kraft aus dem System raus und der Verwaltungs- und Überwachungsaufwand würde sich noch potenzieren (siehe DDR & Co.)... ----------- "Jetzt nur den Glauben nicht verlieren!" - sagt Max Frischs Biedermann, als er mit seiner Frau in der Hölle landet....
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