Klar nicht billig – aber die Betrachtungsweise zeigt, dass man immer noch nicht verstanden hat, was Disruption bedeutet. Dieser Begriff wurde inflationär verwendet, und hat sich irgendwie über einen kapillaren Sog in den Hirnen der Kleinanleger festgesetzt, aber kaum einer, der den Begriff verwendet, macht sich die Mühe den disruptiven Prozess in Details zu zersplittern, um dann Vorgänge besser nachvollziehen zu können.
Man kann nicht daran teilnehmen und dieselben Bailouts und Redundanzen anderer Aktien erwarten !
Natürlich war der Preis zu hoch, aber nach welchen Maßstäben?
1.§zum Zeitpunkt der Mergerverhandlungen waren die MC beider Unternehmen völlig aus dem Ruder gelaufen, Bezugsgröße für den Merger waren die Bilanzwerte, die MC und der Gedanke von Aktientausch zum Verhandlungszeitpunkt
2.§Die einzig relevante Triebfeder hinter diesem Deal war und ist: dass das LVGO zum damaligen Zeitpunkt über eine einzigartige AI und über die umfänglichste Datensammlung verfügte.
Die Umsetzung einer disruptiven Geschäftsidee würde nachhaltig erschüttert, wenn aus diesem Material eine Konkurrenz erwachsen würde. Was wäre denn, wenn ein anderer früher oder später LVGO kaufen oder damit verschmelzen würde? Schon mal drüber nachgedacht, wer das hätte sein sein können? Außerdem war zu dem Zeitpunkt klar, dass der CEO was neuen sucht. Alse gab es offenbar kein alternatives Zeitfenster.
Anscheinend geht es nicht ohne, wenngleich Wiederholungen nerven – Disruption ist eine binäre Wette – Wenn der disruptive Prozess, der untrennbar mit der Verdrängung (!) der Mitwettbewerber verbunden ist, gestört wird, im Falle von LVGO sogar hätte nachhaltig gestört werden können, kann der Rückfall nur schwer aufgeholt werden, ggf. ist disruptive Prozess dann uneinholbar unterbrochen.
Wer das nicht versteht und mit versimplifizierten Bewertungskriterien rangehen möchte, ist hier falsch. In einem solchen Prozess wird es immer wieder Situationen geben, in denen der substanziellen Wert des jeweiligen Unternehmen unter Einrechnung eines bankspezifischen Sicherheitsabschlages auf den good will noch nicht mal an 10% des MC heranreicht. Es wird sich regelmäßig in einer Zwinge befinden, in denen man handeln muss, obwohl dann das Frischgeld auszugehen droht. Das ist dieser ganzen Angelegenheit eigentümlich.
Nur mal so am Rande: Steve Jobs hatte in 1982 versucht, adobe für die gigantische Summe von 5 Mio USD zu erwerben. Es war banktechnisch nahezu unvorstellbar, weil es keinen materiellen Wert gab, den man hätte beleihen können. Über private equity wäre es aber gegangen und ist nur an den Ceos von adobe gescheitert.
Die Welt sähe heute anders aus, wenn im der coup geglückt wäre.
Wer sagt denn, dass falls Tdoc und LVGO noch getrennt wären, der Abrutschter nicht in der gleichen Dimension gekommen wäre? Es gibt genügend Healthtechs, die schon operativ weiter sind aber auch 40 – 70 % eingebüßt haben.
Der einzige Grund über den Merger zu meckern, wäre als LVGO-Aktionär, und das in Ansehung dessen, dass Preis ja angeblich viel zu hoch war ……
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