"Ob der eine oder andere Zukauf ein Flop ist/war ist doch so etwas von egal. " Nein! Und schon gar nicht im Fall der Wirecard! Denn die Akquisitionen sind ein ganz entscheidender Aspekt der Wirecardkritik. In seiner aktuellen (positiven) Analyse zur Wirecard vom 11. Oktober schreibt Jean Beaubois von Berenberg: Key investment point four: we expect a shift in strategy and a focus on organic growth Beyond the strong EBITDA growth that we expect from Wirecard, we believe that one key driver of share price performance and re-rating will be management’s strategic shift from acquisitions to organic growth. One key concern that investors have had about Wirecard is its aggressive acquisition strategy. For reference, Wirecard has €1bn of goodwill for €1.3bn of equity, which implies that almost all the profits that the company has ever generated have been spent on acquisitions. ... Now that Wirecard has filled its geographical gap with the acquisition of Citi Holdings’ US corporate card issuing business, management wants to focus more on organic growth and leverage the potential of its global platform, which is something quite unique in the payment service industry and sets Wirecard apart from the competition (see Wirecard 2016 analyst day presentation).
Bitte seht in den Kritikern nicht immer nur Feinde. Es gibt hier Einzeiler-Bashing, aber auch sehr fundierte Stellungnahmen zur Wirecard, die durchaus auch für Wirecardbefürworter lesenswert und hilfreich sein können! Wenn ein eindeutig positiv eingestellter Analyst ausgerechnet diesen Punbkt aufgreift, kann es wohl doch nicht so ein Schwachsinn sein, wenn man sich mit den Akquisitionen beschäftigt, oder? Das Problem ist nur, dass von solchen Studien nur drei Sätze in den Meldungen stehen, die hier dann zitiert und kopiert werden. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass große Investoren sich das alles sehr viel genauer anschauen. Das gilt auch für die 31-€-Analyse von Charles Brennan, in der (wenn man sie ganz liest) sehr viel positive Dinge zur Wirecard stehen! Ich zitiere mal: With just three months of the year left there should be limited scope for further guidance raises from here(...) Overall, given management's positive tone and recent comments that momentum into FY17 looks strong, we see little here that materially changes existing consensus.
Charles Brennan, der Verfasser der kritischsten Analyse zur Wirecard, geht davon aus, dass die Erfolgszahlen erreicht werden! Er ist nicht etwa kritisch wegen dieser Zahlen, was im Umkehrschluß bedeutet, dass das Erreichen dieser Zahlen für die Kritiker nicht der springende Punkt ist. we continue to believe the bigger investor debate is in the detail. (...) Meanwhile, we continue to believe that cash flow is inconsistent. Following a strong quarter in 4Q15, we estimate that cash generation in 1H16 has been just 82% of profits. This continues to be amongst the worst in the sector. we find it hard to value companies that don’t deliver profits that are fully supported by cash flow. Until there is greater transparency into the numbers, we retain our Underperform rating.
Darauf sollten die positiven Analysten und Wirecard eine Antwort geben. Und das passiert auch, wie man hört. Vielleicht nicht öffentlich, aber es passiert. Und diese Beschäftigung mit der Kritik ist richtig und wichtig. Wenn man Brennan ganz genau liest, kann man sogar eine bullische Perspektive rauslesen: Our most bullish scenario assumes a 10.0% increase in FY17 adjusted EPS, and a P/E re-rating to 25x. This ... results in a blue sky target of €61.2 In der Berenberg-Analyse steht übrigens doch etwas Genaueres zu Indien, Rumänien und Brasilien: 34,6% (=79 Mio) EBITDA-Wachstum teilt sich auf in "organisches Wachstum" (25,4%)(=58 Mio) und Zukäufe (9,2%) (=21Mio), die sich wiederum verteilen auf GI (7,4%) (16,9Mio), MoIP (0,6%)(1,4Mio) und Provus (1,3%) (2,7Mio). Das sind zusammen 21 Mio, damit ist der Abstand zu den erwarteten Zahlen tatsächlich zu vernachlässigen, wenn ich mich nicht verrechnet habe (21 versus ca. 23). Der Löwenanteil der Gewinnzuwächse wird heute schon organisch erzielt - genau das sagt Braun ja auch. Dann muß man jetzt nur noch die paar Kritiker befrieden und dann sollte einer Übertragung dieser positiven Aspekte in steigende Kurse nichts mehr entgegen stehen. Aber die eindeutige Antwort auf diese Frage wurde durch den Citi-Kauf erst einmal verschoben, denn hier wurde ja erst einmal wieder akquiriert - und man weiß noch nicht einmal, wie viel es gekostet hat (200 Mio?). Mein Fazit: Die Geschichte der Wirecard lief eigentlich immer so, dass es jede Menge Fragezeichen gab, aber sie lösten sich immer in Ausrufezeichen auf, bzw. es wurden soviele Ausrufezeichen gesetzt, dass die Fragen immer von alleine verschwunden sind. Es würde aber vielleicht in der aktuellen Lage nicht schaden, die Fragezeichen nicht immer nur abzutun als "dummes Gerede von Leuten, die unser Geschäft nicht verstehen". Das ist keine gute corporate governance. ----------- Man kann Meinungen unterdrücken, aber die der Meinung zugrundeliegenden Fakten nicht.
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