Dienstag, 22. Februar 2005 Wirtschaft
Österreicher kaufen Walter Bau Strabag: übernimmt Kerngeschäfte. Alter Firmenname soll verschwinden. 3200 Jobs in Gefahr.
Von Beate Kranz
Der Strabag-Konzernchef Hans Peter Haselsteiner (61) hat gestern das Kerngeschäft der insolventen Walter Bau AG gekauft. Der Strabag-Konzernchef Hans Peter Haselsteiner (61) hat gestern das Kerngeschäft der insolventen Walter Bau AG gekauft. Foto: AP Hamburg - Das Tempo ist rekordverdächtig. Nur zwei Wochen nach der Pleite des drittgrößten deutschen Baukonzerns ist für das Kerngeschäft der Walter Bau AG ein neuer Eigentümer gefunden worden. Das österreichische Bauunternehmen Strabag kauft zum 1. April wesentliche Konzernteile des zahlungsunfähigen deutschen Konkurrenten. Der Konzern will 4100 Mitarbeiter übernehmen, ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Der alte Firmenname "Walter Bau" soll voraussichtlich verschwinden. Statt dessen werden die Geschäfte unter Dywidag und Strabag fortgesetzt.
"Das Ziel der weitgehenden Fortführung des Geschäfts der Walter Bau AG haben wir mit dem Einstieg der Strabag in Rekordzeit erreicht und damit viele Arbeitsplätze sichern können", sagte der Insolvenzverwalter Werner Schneider gestern. Dennoch sieht es für viele Beschäftigte schlecht aus. Jeder dritte Mitarbeiter der heute 9200 Beschäftigten bei Walter Bau wird am Ende des Insolvenzverfahrens seinen Job verlieren. Nur rund 6000 Mitarbeiter werden ihren Arbeitsplatz unter neuer Führung behalten, so Schneider.
Von den Entlassungen besonders betroffen sind die Mitarbeiter bei der Walter Bau Muttergesellschaft, wo 2000 Bauarbeiter, 1200 Bauleiter und 800 Verwaltungsmitarbeiter um ihre Jobs bangen. Wie viele der insgesamt 500 Walter-Bau-Beschäftigten in Hamburg betroffen sind, steht noch nicht fest. "Vieles hängt davon ab, wie viele Baustellen weitergeführt werden", sagte der Geschäftsführer der Hamburger IG Bau, Andreas Suß. Bislang wurde nur der Bau des neuen Hotels im Wasserturm an der Sternschanze an einen neuen Generalunternehmer vergeben.
Während Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) die Übernahme als "großen Fortschritt" begrüßte, zeigte sich der Gesamtbetriebsratschef der Walter Bau, Karl Bauer, enttäuscht, daß 3200 Jobs wegfallen sollen: "Wir werden um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen."
Der Kärntner Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner (61) ist mit dem Kauf unterdessen seinem Ziel, Strabag zu einem der führenden Baukonzerne Europas zu entwickeln, einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Mit einem Bauvolumen von jetzt 7,5 Milliarden Euro und 37 000 Mitarbeitern ist die österreichische Strabag nun zum fünftgrößten Baukonzern in Europa aufgerückt. Im deutschsprachigen Raum rangiert das Unternehmen nach Hochtief auf Platz zwei.
Strabag sicherte sich unter anderem den Verkehrswegebau des Walter-Konzerns und mehrere Auslandsaktivitäten mit einem Bauvolumen von zusammen 1,2 Milliarden Euro. Dazu übernahm der Konzern die neue Dywidag Holding, in der unter anderem die Walter Heilit Verkehrswegebau, die Dywidag International und die österreichische Dyckerhoff & Widmann gebündelt sind.
Doch damit ist der Großindustrielle Haselsteiner offenbar noch nicht am Ende seiner Träume. Er liebäugelt bereits mit der Übernahme des Stuttgarter Baukonzerns Züblin. Daran ist jedoch auch die Familie Lenz interessiert, die bereits mehr als 43 Prozent der Züblin-Anteile hält.
Auch für weitere Walter-Bau-Töchter stehen die Chancen gut, daß bald neue Besitzer gefunden werden, sagte der Insolvenzverwalter. Für den profitablen Tunnelbauspezialisten Dywidag Systems International (DSI) stünden bereits mehrere Käufer Schlange. Das Unternehmen mit seinen 1000 Beschäftigten zähle zu den Perlen des Konzerns.
Die Insolvenz der Walter Bau trifft aber auch Subunternehmer und Handwerker, die noch auf offenen Forderungen sitzen. "In Hamburg haben einige Subunternehmer Geld verloren", sagte Michael Seitz, Geschäftsführer der Bauinnung Hamburg, die etwa 400 Subunternehmer im Großraum Hamburg vertritt. "Mir ist bisher in Hamburg aber noch kein Fall bekannt, der durch die Walter-Bau-Insolvenz ernsthaft in Schwierigkeiten ist." Viele Firmen hätten aus der Holzmann-Pleite gelernt und ihre Aufträge durch Bürgschaften absichern lassen. Zudem habe Walter Bau sehr preisaggressiv agiert und vor allem mit Subunternehmern aus Ostdeutschland und Osteuropa gearbeitet, begründete Seitz: "Kaum ein seriöses Hamburger Unternehmen konnte zu diesen Bedingungen arbeiten."
erschienen am 16. Februar 2005 in Wirtschaft
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