Samstag, 29. Juli 2006 Biosprit im Tank Aber kaum im Portfolio
Treibstoff aus Mais und Raps dürfte in den kommenden Jahren aus immer mehr deutschen Zapfsäulen fließen. Doch für die Geldanlage öffnet sich der Biosprit-Markt hier zu Lande trotz staatlicher Förderung nach Einschätzung von Analysten nur tröpfchenweise. "Biokraftstoff ist ein sehr attraktiver Sektor, und das wird sich in der Zukunft noch steigern, denn die Wachstumschancen sind enorm", sagt Björn Tore Urdal, Analyst bei dem auf ökologische Anlageprodukte spezialisierten Vermögensverwalter Sustainable Asset Management SAM aus der Schweiz. "Aber es ist bislang noch schwierig, in dem Bereich zu investieren, da der Markt sehr zersplittert ist." Zudem seien die Firmen vor allem in Europa oft klein, selten börsennotiert und wenn doch, schwanken die Kurse ihrer Aktien meist stark.
In Deutschland sind derzeit nur drei Biokraftstoff-Erzeuger an der Börse notiert. Der im MDax gelistete Zuckerhersteller Südzucker stellt Ethanol her. Der Benzin-Ersatzstoff soll in Zukunft wesentlich zum Umsatzwachstum beitragen. Die beiden Dieselproduzenten EOP Biodiesel und Biopetrol Industries werden erst seit vergangenem Jahr auf dem Parkett gehandelt. Fonds von großen Banken oder Fondsgesellschaften, deren Portfolios ausschließlich mit Unternehmen der Branche bestückt sind, gibt es den Experten zufolge noch nicht. Politik treibt Wachstum
Die Entwicklung von Biokraftstoffen hängt bislang vor allem an der staatlichen Förderung. Der Wunsch nach einer geringeren Abhängigkeit von den Erdöl produzierenden Ländern und die Unterstützung der eigenen Landwirtschaft treiben die europäischen Staaten und die USA dazu, sich auf die eigenen Ressourcen zu besinnen. Sowohl in Europa als auch in den USA werden Biosprit-Unternehmen steuerlich gefördert. Nur deshalb kann die Branche mit den derzeit noch handelsüblichen Benzin- und Dieselsorten konkurrieren. Vorbild ist die Solarstrombranche. Die staatliche Unterstützung verhalf diesem Sektor zu wachsender Wichtigkeit und löste einen Run auf die Aktien der Solarfirmen aus. So legten die Titel des Solartechnikherstellers Solarworld im bisherigen Jahresverlauf 49 Prozent, die des Anlagebauers Conergy sogar 56 Prozent zu. In Europa, wo vor allem Biodiesel herkömmliche Treibstoffe ergänzen soll, muss dem Sprit aus Erdöl bis 2010 mindestens 5,75 Prozent Kraftstoff aus Agrarrohstoffen beigemischt werden. "Das würde einen Anstieg der Biodiesel-Produktion von 20 bis 25 Prozent im Vergleich zu 2005 bedeuten", sagt Urdal. Derzeit ist Deutschland vor Frankreich und Großbritannien Vorreiter bei der Gewinnung und dem Einsatz von Biodiesel, der meist aus Raps gewonnen wird. Auch die USA haben eine Beimischungspflicht eingeführt. Dort setzt man auf Ethanol, das vorwiegend aus heimisch angebauten Mais kommt. Risikoanlage oder Geldquelle? Doch das politisch getriebene Wachstum hat Fondsmanagern zufolge auch seine Schattenseiten: "Weil die öffentliche Förderung wichtig ist, können sich politische Entscheidungen auf den Kurs auswirken", gibt Thomas Dreser, Fondsmanager bei Union Investment, zu bedenken. So kündigte Biopetrol im Juni an, die angestrebten Gewinnziele wegen der geplanten Besteuerung von Biodiesel nicht erreichen zu können. Der Aktienkurs brach daraufhin um mehr als 40 Prozent ein. Derzeit kostet die Aktie 8,08 Euro und liegt damit unter dem Ausgabepreis von November 2005 von 8,20 Euro. Die seit September 2005 notierten Aktien von EOP liegen gegenwärtig mit 11,70 Euro zwar deutlich über dem Emissionspreis von 7,60 Euro, haben aber nach der Steuerankündigung ebenfalls Federn gelassen. Dennoch haben beide Unternehmen nach Einschätzung von Equinet-Analyst Michael Schäfer Potenzial: "Beide stehen am Anfang ihrer Entwicklung und können sich an die neuen Rahmenbedingungen anpassen." So lange sie sich genügend Rohstoffe sicherten, hätten Unternehmen, die Mineralölkonzerne mit Biosprit zur Beimischung belieferten, gute Zukunftschancen, stimmt Ingo Queiser, Analyst beim Brokerhaus Kepler, zu. Auch alteingesessene Konzerne wie Südzucker haben den grünen Sprit für sich entdeckt, was an der Börse in den vergangenen Wochen mit Käufen honoriert wurde. Der Konzern, der aus Weizen und Zuckerrüben Ethanol herstellt, strebt für 2010 die Produktion von einer Milliarde Liter des Alkohols an, der sich chemisch prinzipiell nicht vom Alkohol in Wein und Bier unterscheidet. Einer Prognose der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) zufolge könnte dies knapp 13 Prozent seines Konzernumsatzes ausmachen. "Obwohl die aktuelle Bioethanol-Produktion nur ein Prozent des Umsatzes ausmacht, unterstützt die Fantasie auf künftig steigende Volumina und den damit verbesserten Ergebnisbeitrag den Aktienwert beträchtlich", sagt LRP-Analystin Silke Stegemann. von Natalia Matter
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