Im geschlossenen Forum und bei WO taucht ein Artikel einer 14-tägig erscheinenden Film-Zeitschrift auf. Dem geneigten Leser wir in Ausgabe 21/2003 (der aktuellen also) Interessantes über Terminator 3, Filmfinanzierung und IEM berichtet:
Quelle: http://film-dienst.kim-info.de/....php?nr=14568&dest=frei&pos=artikel
Made by Germany „Dummes deutsches Geld“ in Hollywood
Wer den Nachspann von deutschen Produktionen wie „Die innere Sicherheit“, „Bella Martha“, „Der alte Affe Angst“ oder „Lichter“ bis zum Ende verfolgt, der ahnt, mit welcher Penetranz und innerer Überzeugungskraft in Deutschland um Sponsorengelder gekämpft werden muss. Mit Müh und Not klauben Regisseure aus den kleinen Töpfen der staatlichen Filmförderung die wenigen hunderttausend Euro zusammen, um ihre Visionen auf die Leinwand zu bringen. Ein Großteil geht jedoch leer aus, zu viele Projekte bleiben schon vor dem Startschuss aufgrund chronischen Geldmangels auf der Strecke. Investitoren aus der Wirtschaft gibt es kaum. Oder doch? Es verwundert auf den ersten Blick, wenn die Hollywood-Produzenten Mario Kassar und Andrew G. Vajna gegenüber einer amerikanischen Zeitschrift erklären, dass ohne deutsches Investment von 170 Millionen Dollar „Terminator 3“ nicht hätte verwirklicht werden können. Mit einem solchen Etat muss die staatliche bundesdeutsche Filmförderung etwa 17 Jahre lang auskommen!
Im Vordergrund schieben Arnold Schwarzenegger als Star und Jonathan Mostow als Regisseur die Kulissen. Für den erfolgreichen Vertrieb zeichnen in den USA Warner Bros. verantwortlich, in Übersee kümmert sich Sonys Columbia TriStar um die Einnahmen. Diskret im Hintergrund bleibt dabei eine deutsche Medienfirma, die das Projekt finanziert und auf die Beine gestellt hat, um ihre Investitionen durch prozentuale Anteile an den Einspielergebnissen wieder einzukassieren. Die Firma heißt IM Internationalmedia AG und hat ihren Stammsitz in München. Ihr Ziel: programmierter Geldregen. Dafür werden die Filme nicht in, sondern von Deutschland realisiert.
Die Muttergesellschaft besitzt weitere Standorte in London und Los Angeles. Die Gesamtverantwortung des operativen Geschäfts liegt bei dem 1955 geborenen Moritz Bormann (international zitiert als „Borman“). Der CEO von Intermedia und Vorsitzende der Mutterfirma IM Internationalmedia hat das Unternehmen zur größten unabhängigen Produktions- und Finanzierungsfirma der Filmbranche aufgebaut. Der Erfolg gibt Bormann Recht, schließlich errangen allein im vergangenen Jahr Intermedia-Produktionen insgesamt fünf „Oscar“-Nominierungen. Seine Karriere begann jedoch hinter der Kamera. In den 1970er-Jahren arbeitete er als Regisseur, gelegentlich auch als Produzent beim deutschen Fernsehen. 1977 siedelte er nach Los Angeles über und schrieb sich am American Film Institute ein. In der Folgezeit inszenierte er zahlreiche Beiträge für das europäische Fernsehen und produzierte Werbefilme für US- und europäische Werbeagenturen, bevor er sich aufs große Geschäft mit Kinofilmen spezialisierte.
Kreative Freiheit, unkomplizierte Produktionswege
Bormann macht sich zunutze, dass Hollywood zunehmend auf europäische Gelder angewiesen ist. Längst verschlingen die globalen Blockbuster Unsummen, die nicht mehr allein von den Studios aufgebracht werden können. Diese müssen aufgrund ihres bestehenden internationalen Vertriebssystems 25 bis 30 Filme pro Jahr unter dem jeweiligen Banner auf den Markt bringen. Hausintern produziert werden davon tatsächlich nur fünf oder sechs Event Movies; die Lücken füllen europäische Unternehmen wie Italiens Eagle Pictures, die Londoner Qwerty oder die BBC. Den mit Abstand kapitalsten Partner finden die Studios in Internationalmedia. Für deutsche Spitzenverdiener sind die Investitionen in Hollywood äußerst lukrativ, um hierzulande Steuern zu sparen. Sie zahlen in Medienfonds zur Finanzierung von publikumswirksamen Produktionen wie „Gangs of New York“ oder „Chicago“ ein. Im lukrativen Sequel zu „Der Herr der Ringe“ stecken immerhin 161 Mio. Euro, ohne die zentrale Antriebsräder der Traumfabrik still ständen. Solche Transaktionen gelten nach deutschem Steuerrecht als „immaterielle Wirtschaftsgüter“, Aufwendungen also, die beim Fiskus sofort in voller Höhe geltend gemacht werden können. Dieses Konzept spülte in den vergangenen fünf Jahren mehr als 12 Mrd. Euro in die Kassen Hollywoods, Tendenz steigend. Die steuerrechtliche Regelung hat das Bundesfinanzministerium durchaus als Problem erkannt. Denn bei einem Spitzensteuersatz von 53 Prozent erhalten die Investoren bereits im ersten Jahr etwa die Hälfte ihres Geldes vom Staat zurück, der somit indirekt die amerikanische Filmproduktion fördert, während die heimische – zumindest finanziell – darbt.
Die Studio unabhängige Finanzierung aus Deutschland bietet Regisseuren in Hollywood mehrere Vorteile. Internationalmedia verspricht kreative Freiheit und schnelle, unkomplizierte Produktionswege, sodass der Weg von der Idee über Skript, Casting und Shooting wesentlich kürzer als bei den großen Hollywood-Studios ausfällt. Theoretisch sollen die Filmemacher von Anfang bis Ende lediglich mit drei Kontaktleuten für die finanzielle Realisierung auskommen – in Hollywood eher eine Seltenheit. Was Bormann anbietet, ist nicht weniger als die Entwicklung, Finanzierung und den Vertrieb von Filmen. Fast salopp erklärt er, dass es heutzutage nicht genüge, nach Hollywood zu gehen und mit Geld zu prahlen. Besser man präsentiert ein vielversprechendes Script, einen erstklassigen Regisseur, den finanziellen Rückhalt und fragt nach interessierten Partnern.
Der Prophet im eigenen Land
Der Konzern ist durch Merging mit bereits existierenden, erfolgreichen internationalen Produktionsfirmen entstanden. Er besitzt fünf 100-prozentige Tochterunternehmen bestehend aus IM Filmproduktions- und Vertriebs GmbH & Co. KG, Pacifica Filmdistribution LLC, Pacifica Film Development Inc. (beide in Los Angeles), Intermediea Film Equities Ltd. (London) und Intermedia Film Equities USA, Inc. (Los Angeles). In einem gemeinsamen Statement erklärten die Partner Bormann, Nigel Sinclair und Guy East, dass mit Projekten wie „Terminator 3“ oder „Basic Instinct 2“ Filme entstünden, die ein weltweites Publikum in die Kinos locken und an den Nerven kitzeln würden. Damit sind die wesentlichen Elemente eines Global Player wie Internationalmedia benannt: die Fortführung des Bewährten mit Blick auf eine Vermarktung, die den kleinsten gemeinsamen Nenner für den Kinogänger von Hollywood bis Hongkong, von München bis Minsk findet.
Unlängst hat Internationalmedia seine Bilanz im Prime Standard Segment der Frankfurter Wertpapierbörse mit dem erfolgreichen weltweiten Start von „Terminator 3“ verbessert. Doch das Millionengeschäft mit dem aufgeblähten Popcorn-Kino birgt auch Risiken. Wiederholt sind Erwartungen deutscher Investoren bei Filmen wie „Driven“ (Stallone/Schweiger) enttäuscht worden. Nicht transparente Strukturen in Hollywood und Verschleierungstaktiken angesichts der Umsätze dienen dazu, das Finanzierungsrisiko auf andere Schultern zu verlagern und mögliche Gewinne selbst einzustreichen. Unter vorgehaltener Hand spricht man in Hollywood von „stupid German money“ – vom dummen deutschen Geld. Vermeintliche Zugpferde erweisen sich oft als müde Esel auf Stereoiden. Auch Internationalmedia musste im zweiten Quartal wegen eines schwachen internationalen Marktumfelds und des negativen Währungseffektes einen Umsatzrückgang von 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Mit Blick auf den Erfolg von Sequels produziert die Firma demnächst das Comeback von Sharon Stone in „Basic Instinct 2“. In diesem Jahr stehen noch „Basic“ mit John Travolta und Samuel L. Jackson unter der Regie von John McTiernan, „If Only“ mit Jennifer Love Hewitt, „Suspect Zero“ mit Carrie-Anne Moss und „Mindhunters“ mit Christian Slater ins Kinohaus. Einen großen Coup erwarten sich die Produzenten von Oliver Stones Megaschinken „Alexander“, der 2004 das alte Griechenland dank modernster Technik, virtueller Komparsen und deutscher Euros zu neuem Glanz und IM zu einem glänzenden Börsengang verhelfen soll. Die internationalen Verwertungsrechte von „Alexander“ und Martin Scorceses „Aviator“ (ebenfalls im kommenden Jahr) konnten auf dem Filmfestival in Cannes bereits erfolgreich verkauft werden. Der starre Blick auf den Ertrag und die mit Kalifornien traditionell assoziierte Goldgräberstimmung wirken narkotisierend auf die Wahrnehmung von Vorgängen in der nächsten Umgebung. Der jüngste Erfolg von Margarethe von Trottas „Rosenstraße“ auf dem Filmfestival von Venedig umrahmt das Verdikt: Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Während die finanztechnische Reduktion des Verlustrisikos in Hollywood zu einer müden Sequel-Manie à la „2 Fast 2 Furios“, „American Pie 3“ oder womöglich zu einem klapprigen „Indiana Jones 4“ degeneriert, bewahrheitet sich in Deutschland ein anderes Sprichwort: Not macht erfinderisch. Und Einfallsreichtum ist ein bewährtes Mittel, um an Attraktivität zu gewinnen.
"Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande" - dabei muss der Autor auf den Chart und den Kursverlauf von IEM geschaut haben. Wie wahr, wie wahr, Herr Frank Mehring.
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