1. Mengen: Ursprünglich (Bekanntgabe der Phase 1-Ergebnisse aus den USA) war von ca. 200 Mio. Dosen Produktion noch in 2020, und 1,2 Mio. Dosen 2021 die Rede. Nun heisst es
https://investors.biontech.de/news-releases/...heir-bnt162-mrna-based
"(..)Pfizer and BioNTech continue to scale up manufacturing capacities to be able to produce up to 100 million doses in 2020 and more than one billion doses in 2021. (..) said Sean Marett, Chief Business and Chief Commercial Officer at BioNTech. Upps - Gibt es da Anlaufprobleme in den USA und/oder D? Die BioNTech-Produktion läuft ja schon, und liefert die gut 60.000 für Phase 3 benötigten Dosen. Allerdings weiss nicht, über welche Gesamtkapazität wir da z.Z. reden, und wie es um die mit EIB-Geld finanzierte Kapazitätserweiterung steht. Mein Gefühl sagt mir, dass es wahrscheinlich eher in den USA (Pfizer) hakt, für die RNA-Impfstoffe neu sind. Wie auch immer - der 11.8. bringt ja vielleicht etwas Klarheit zum Kapazitätsausbau bei BT. Ich denke nicht, dass solche Anlaufprobleme grundsätzlich etwas an den Prognosen ändern. Die Konkurrenz wird ebenfalls hier und da ein, zwei Monate verlieren. Im Endeffekt wird sich etwas von dem schon 2021 erwarteten Gewinn nach 2022 verschieben. Vielleicht gar nicht mal so schlecht - dann ersteht kein Egebnisloch, bevor im Herbst 2022 der Grippeimpfstoff an den Markt geht. Was letzteren angeht, habe ich übrigens das Marktvolumen bislang massiv unterschätzt: Wir reden in D von ca. 15-20 Mio. Dosen p.a., die USA orientieren auf knapp 200 Mio. Dosen für die Saison 2020/21. Weltweit hat Corona die Vorbestellungen in die Höhe getrieben, weil alle Regierungen vermeiden wollen, dass eine mögliche zweite Corona-Welle mit einer vielleicht schweren Grippewelle zusammenfällt. Impfquoten variieren z.Z. noch stark, von über 50% in den USA (UK wegen mandatorischer Impfung von Schulkindern auch hoch) über ca. 20% in D bis runter zu nur knapp 10% in Österreich. Ich denke, 30% durchschnittliche Impfquote OECD x 1,3 Mrd. Einwohner OECD ~ 500 Mio. Dosen p.a. ist eine plausible erste Abschätzung. China käme on top.
Angebot ist knapp, Lieferengpässe sind eher die Regel als die Ausnahme, lässt also Luft für Pfizer/ Biontech als Neueinsteiger. Über 80% des Angebots sind noch traditionelle Lebendviren aus Hühnerembrios, mit über 4 Monaten Produktionsvorlauf. RNA-Impfstoffe dagegen sind quasi über Nacht herstellbar. Somit könnten BT/Pfizer alle kurzfristigen Lieferengpässe auffangen/ aufsaugen, und natürlich auch schneller auf neue Mutationen reagieren. Bislang dominieren vier Anbieter: Sanofi, GSK, Mylan und CSL Behring. Ich denke 20% Marktanteil für BT/Pfizer ~ 100 Mio. Dosen sind erzielbar. US-Preise (Regierungskontrakt) 11,6-18,2 USD, Deutschland derzeit ca. 10 Produzentenpreis, erzielbarer Jahresumsatz ca. 1 Mrd. . Natürlich nicht so ein Blockbuster wie der Corona-Impfstoff, aber immer noch eine nette bottom-line (ca. 120 Mio. p.a. aus Pfizer-Lizenzzahlungen, plus eigene Herstellungsmarge). https://m.apotheke-adhoc.de/nc/nachrichten/detail/...-plus-influenza/
https://www.cdc.gov/flu/prevent/vaxsupply.htm
https://www.cdc.gov/vaccines/programs/vfc/...nt/price-list/index.html
2. Kanada und Schweiz kaufen RNA-Impfstoffe: Nach USA, UK und J haben sich jetzt zwei weitere Regierungen, die als pharmakologisch gut informiert gelten dürfen, für RNA-Impfstoffe entschieden. Das PEI klingt ebenfalls alles andere als negativ, und die Bundesregierung hätte sich bei grundsätzlicher Skepsis gegenüber RNA-Impfstoffen ja wohl kaum an CureVac beteiligt. Ich denke, damit ist die Grundsatzdiskussion zum Für-und-Wider der RNA-Impfstoffe - bei allem aus Frankreich im Interesse Sanofis noch zu erwartenden Störfeuer - jetzt beendet. Effektivitäts- und Unbedenklichkeitshinweise müssen natürlich nach wie vor geliefert werden - das wird gerade im Rahmen der Phase 3- Studien von sowohl Moderna als auch BT/Pfizer versucht. Auch wenn letztlich nur einer der beiden Kandidaten erfolgreich sein sollte, wäre dies der bislang ausstehende Praxisbeweis für die Tauglichkeit von RNA-Impfstoffen. 3. Aber nur Kanada kauft bei BT/ Pfizer: Ja, was ist denn mit den Schweizern los? Zwei quasi gleichwertige Kandidaten - selber Ansatz (RNA), zuversichtlich stimmende erste Ergebnisse, zeitlich Kopf-an-Kopf, und sie kaufen nur einen davon? Und zwar den deutlich teureren, dessen bislang Verträglichkeit bei über 55-jährigen bislang noch nicht getestet wurde. Und von diesem lediglich eine Menge, die für die Immunisierung etwa eines Viertels der Bevölkerung reicht. Fangen wir mal mit letzterem an. Wie alle anderen frühen Käufer auch, wollen sich die Schweizer offensichtlich nicht nur an eine Firma binden, sondern dürften letztlich auf 4-5 Lieferanten orientieren. Macht Sinn, sowohl taktisch - man weiss ja noch nicht, welche Impfstoffe letztlich wie (neben-)wirken, als auch strategisch (weniger Erpressbarkeit, Reaktionsmöglichkeit auf temporäre Lieferengpässe, z.B. aufgrund verunreinigter Chargen etc.). Also, wenn die Schweizer sowieso noch weitere Eisen im Feuer haben wollen, warum haben sie dann, anders als die Kanadier, nicht auch bei BT/Pfizer geordert? Das kann eigentlich keine technischen Gründe haben, preisliche sowieso nicht, und politisch sollten sie doch denjenigen Impfstoff (BT) bevorzugen, der seine Formulierung bei Roche bezieht. Bleibt eigentlich nur eine Erklärung: Sie hätten zwar gerne auch bei BT/Pfizer geordert, aber die waren für 2021 schon ausverkauft.. Wie jetzt - ausverkauft? Da kommen wir jetzt wieder zu Pkt. 1 oben. Produktionsaufnahme bei Pfizer hakt ein bisschen, statt der ursprünglich anvisierten 200 Mio. Dosen 2020 und 1,2 Mrd. 2021 können die jetzt seriös nur mit 1.1. Mrd. Verfügbarkeit bis Ende 2021 planen. Davon sind mindestens 750 Mio schon weg (UK 30, J 120, USA 100 fest plus 500 Option). Dazu kommt Kanada. Die bereiten sich auf insgesamt 75 Mio. Impfungen vor. Lt. Pfizer ist der Kontrakt "based on the timing of delivery and the volume of doses." Klingt für mich nach einer ähnlichen Vereinbarung wie mit den USA: Kleinere Lieferung vorab, plus Option für grossen Nachschlag irgendwann später. Kanada hat etwa 1/10 der US-Bevölkerung. Kann mir gut vorstellen, dass sie den Deal mit den USA 1:10 adaptiert haben, d.h. 10 Mio. Dosen schnellstmöglichst, plus Option für weitere 50 Mio. vor Ende 2021. Damit wären dann insgesamt 810 Mio. Dosen bis Ende 2021 abverkauft, bleiben noch knapp 300 Mio. über. Tja, und wenn da schon für die Schweiz noch nicht mal fünf Millionen Dosen mehr über sind (und Island schon mal zu Moderna-Preisen budgetiert), bleibt eigentlich nur ein Käufer denkbar, der seine Hand schon ziemlich fest auf diesen 300 Mio. Dosen haben kann - die EU. Die hätte da noch ein kleines Haushaltsproblemchen zu lösen, und weder BT noch Pfizer haben ein Interesse daran, den Kurs vor dem 14.8. mit einer "Ausverkauft"-Mitteilung durch die Decke zu treiben. Also bleibt es nächste Woche an der Front erstmal ruhig. Aber nach dem 14.8. sollten die Details diverser Vereinbarungen nach und nach öffentlich werden. Dann wissen wir, wie weit Pfizer die 19,50 USD/ Dosis auch ausserhalb der USA, und für mehr als nur die ersten 100 Mio. Dosen, erzielen konnte, und kriegen eine recht solide Basis für die BioNTech-Gewinnprognose 2021.
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