HINTERGRUND: Experten sehen nach Intel-Prognose düstere Zeiten für Infineon Nach der gekappten Umsatzprognose des weltweit größten Halbleiterherstellers Intel für das laufende Quartal sehen Aktienexperten schwere Zeiten auf Halbleiterwerte zukommen. Die Erholung der Branche wird wohl nicht so stark ausfallen wie erhofft und wegen der weiter hohen Ölpreise sinken die Hoffnungen auf ein starkes Weihnachtsgeschäft. Am Freitag gingen die Aktien der Chipwerte europaweit in die Knie. Mit einem Minus von bis zu fünf Prozent war der größte deutsche Halbleiterhersteller Infineon mit am stärksten betroffen. Sie fiel wieder auf das Niveau von Mitte August, als sie auf den tiefsten Stand seit Juni 2003 gesunken war.
Zahlreiche Experten äußerten sich skeptisch über die Branche. "Wir sehen zwar noch keine konkreten Anzeichen für eine neue Krise der Branche. Doch der Aufschwung fällt deutlich schwächer aus als erwartet", sagte LRP-Analyst Thomas Hofmann. Die HVB senkte bereits ihr Kursziel für die Infineon-Aktie von 11 auf 8 Euro. Der HVB-Experte Günther Hollfelder begründete dies neben der enttäuschenden Intel-Prognose für den Quartalsumsatz mit Anzeichen für eine verhaltene Nachfrage nach Computern.
HVB: PC-NACHFRAGE FÄLLT SCHWÄCHER AUS ALS ERWARTET Neben dem 10-prozentigen Rückgang des PC-Absatzes im Juli in den USA äußerte sich auch noch der weltgrößte Einzelhändler Wal-Mart negativ über das Geschäft nach dem Ende der US-Schulferien. "Dies deutet auf eine schwächer als erwartete PC-Nachfrage hin", sagte Hollfelder. Das treffe Infineon mit seinem hohem Umsatzanteil in Höhe von 40 Prozent durch Speicherchips (DRAM) besonders. Außerdem konnte Infineon anders als der weltgrößte DRAM-Chiphersteller Samsung SMSN.SQ1 SSU.FSE oder Micron MU.NYS MTE.ETR wegen fehlender Produkte nicht von den neuen Bestellungen von Dell für die Speicherchips der neuesten Generation "DDR2" profitieren.
Nach Einschätzung des LRP-Experten Hofmann sind zwar die Volumen in Ordnung, "nur die Preise spielen trotz der hohen Auslastung nicht mit." Er überprüft derzeit seine bislang eher optimistische Einschätzung für Infineon. Seiner Einschätzung glaubt fast niemand mehr am Markt an einen nachhaltigen Aufschwung der Branche. Aus diesem Grund bauen viele Marktteilnehmer in Erwartung bald wieder nachgebender Preise im Gegensatz zur voran gegangenen Aufschwungphase ab.
ERSTE ANZEICHEN FÜR ENTTÄUSCHENDES WEIHNACHTSGESCHÄFT Merck Finck-Experte Theo Kitz rechnet mit einem insgesamt enttäuschenden dritten Quartal für die Branche, das normalerweise schon vom Weihnachtsgeschäft profitiert. "Ich bin skeptisch, ob das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr besonders stark sein wird. Der hohe Ölpreis drückt die Ausgaben bei Elektronik sowie Konsumgütern." Neben der schwächer als erhofften Nachfrage komme durch den Produktionsbeginn in vielen neuen Fabriken immer mehr Material auf den Halbleitermarkt.
Aus diesem Grund werden die Preise für Speicherchips im September und Oktober nicht so stark steigen wie bislang erwartet. Er stuft Infineon trotz des vergleichsweise niedrigen Kurses weiter mit "Hold" ein. "Der Kurs der Aktie ist zwar wieder auf den Buchwert gefallen, aber zurzeit fehlt es an guten Nachrichten, die eine Aufstufung rechtfertigen würden", sagte Kitz.
INTEL-KUNDEN BAUEN LAGER AB - ENDNACHFRAGE SCHWACH Intel hatte am Donnerstagabend nach Börsenschluss zum zweiten Mal binnen zwei Monaten seine Ziele für die Gewinnmargen für das dritte Quartal gekappt. Außerdem geht der Branchenprimus auch von einem geringeren Umsatz aus. Neben der schwachen Nachfrage bei den Verbrauchern begründete der Chiphersteller die gesenkte Prognose damit, dass seine Kunden ihre Lagerbestände abbauen. Die Aktie des NASDAQ-Schwergewichts verlor nachbörslich deutlich an Boden.
Für das Ende September auslaufende dritte Quartal erwartet Intel nun einen Umsatz von 8,3 Milliarden bis 8,6 Milliarden Dollar statt wie bisher 8,6 Milliarden bis 9,2 Milliarden Dollar. Damit würde der Chipbauer weniger umsetzen als Analysten gegenwärtig erwarten. Aktienexperten sagen derzeit im Schnitt Erlöse von 8,91 (Vorjahr: 7,83) Milliarden Dollar voraus. Bei der Quartals-Bruttomarge rechnet der Chipbauer nun mit etwa 58 Prozent statt ursprünglich etwa 60 Prozent. Im Juli hatte Intel diese Prognose bereits von 62 auf 60 Prozent gekappt.
Von Bernd Zeberl, dpa-AFX
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