Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer:
Brennstoffzellen-Lkw sind der Durchbruch, den der deutsche Pkw-Markt braucht
...Hätte es geholfen, wenn Elon Musk mit Tesla statt Toyota das Brennstoffzellenauto auf die Straße gestellt hätte? Immerhin hat Tesla weltweit rund fünf Millionen Elektroautos in den letzten zehn Jahren verkauft: von null auf fünf Millionen in zehn Jahren. Hat beim Brennstoffzellenauto die Wachstumsstory gefehlt? Ist die Skalierung schiefgelaufen? Skalierung heißt von null auf x-Millionen in wenigen Jahren.
Wenn das erreicht wird fallen die Produktionskosten fast exponentiell. Beim Mirai und den anderen Fuel Cell Autos war ein großer Teil der Kosten der Entwicklung des Brennstoffzellenantriebs geschuldet. Wenn es gelingt, viele Einsatzmöglichkeiten für Toyotas Brennstoffzellen zu finden, werden die Entwicklungskosten auf große Volumen verteilt und sinken. Genau das ist Skalierung und genau das passiert jetzt dadurch, dass BMW ab 2028 ebenfalls ein Brennstoffzellenfahrzeug in den Markt bringt und dazu die Toyota-Zelle „einkauft“. Ähnliches gilt bei Nutzfahrzeugen und natürlich kann man die Toyota-Zelle auch im stationären System zur Stromgewinnung aus Wasserstoff nutzen. Also muss Toyota das Geschäft mit Brennstoffzellen vorantreiben, um aus der Kostenfalle zu kommen. Wie groß der Kostensprung sein muss zeigt ein Vergleich mit dem batterie-elektrischen Auto. Der Toyota Mirai steht heute mit rund 66.000 Euro in der Preisliste, ein VW ID3 mit 30.000. Da klafft eine gewaltige Lücke. Nach Toyota-Berechnungen scheint es durch die Skalierung des Brennstoffzellengeschäfts möglich bei der nächsten Generation des Autos die Kosten um 25 Prozent bis 30 Prozent zu senken. Dann wären wir bei 46.000 Euro. Also immer noch nicht am Ziel, aber schon etwas näher. Sicher können in Zeiten des Kampfes gegen den Klimawandel noch viele weitere Anwendungen und Verkäufe der Toyota Brennstoffzelle gefunden werden. Aber auch bei Batterien werden Kostensprünge kommen. Der Preis-Gap geht also nicht auf null. Also muss es mehr sein als der reine Antriebsvergleich was den Kunden vom Brennstoffzellen-Auto von BMW nach 2028 überzeugt. Das charmante Tanken Ein klarer Komfortvorteil beim Brennstoffzellen-Pkw gegenüber dem batterie-elektrischen ist die Tankzeit. Zwei bis drei Minuten und der Tank ist wie beim Benziner oder Diesel gefüllt. Beim rein Batterie-getriebenen helfen zwar Super Charger, aber für 80 Prozent Batterieaufladung dauert es schon mal 20 Minuten. Das wird zwar kürzer werden, aber nicht überall und die Schlange vor einem High Speed Charger an Autobahn-Tankstellen kann man sich vorstellen. Zusätzlich muss der High-Speed-Strom zur Autobahntankstelle – auch keine ganz einfache Aufgabe. Also stellt sich die Frage: Was ist der Kunde bereit für den Komfortvorteil zu bezahlen? Am größten ist die Zahlungsbereitschaft dort, wo lange Strecke im Dauertrieb gefahren werden. Für einen Kleinwagen, der überwiegend im Stadtverkehr läuft kann man damit Fuel Cell vergessen. Lange Strecken mit großen Fahrzeugen im Dauerbetrieb: Jetzt sind wir beim Lkw, klassisch beim 40-Tonner, der von Stockholm nach Rom fährt und das im Dauerbetrieb. Genau der hilft dem Pkw, denn der braucht viel Wasserstoff und der erlaubt uns eine Wasserstofftankstelle wirtschaftlich zu rechnen. Mit anderen Worten, der Lkw erlaubt den Infrastruktur Aufbau, den bisher der Toyota Mirai nicht vorgefunden hatte und genau das ist die Wette, auf die BMW setzt. Das politische Risiko ist das DamoklesschwertZusammengefasst: Ohne Lkw bleibt der Brennstoffstoffzellen-Pkw ein Einzelstück, das viermal so rar wie der Ferrari ist. Mit dem Lkw und dem zusätzlichen Verkauf von Brennstoffzellen kommen wir in die Skalierung und den Ausbau der Tankinfrastruktur. Bei Daimler Truck geht man von einem notwendigen Tankstellennetz von rund 2000 H2-Tankstellen über Europa aus. Und jetzt sind wir bei der Politik . Ohne Rahmen und Besteuerung von CO2 läuft da wenig. Es braucht mutige Entscheidungen aus Brüssel und Berlin. Ohne H2-Truck auf der Straße wird das nichts - und die sind teuer. Wie immer ist es das politische Risiko, das wohl am schlechtesten abschätzbar ist.
https://www.focus.de/auto/bmw/...-pkw-markt-braucht_id_260558156.html
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