Man nehme: einen Ministerpräsidenten, den höchstrangigen deutschen Sportfunktionär und einen Kardinal. Man setze die drei mit dem Wortführer des deutschen Lotto-Toto-Blocks, Friedhelm Repnik, auf ein Podium und lasse sie über etwas auf den ersten Blick Unverfängliches debattieren: das Gemeinwohl. So geschehen am Montagabend im "Erbacher Hof", den bischöflichen Akademieräumen zu Mainz.
So geschehen am Montagabend im "Erbacher Hof", den bischöflichen Akademieräumen zu Mainz. Tatsächlich geht es um beinharte Interessenpolitik, um Werbung für die Fortschreibung des staatlichen Glücksspielmonopols. Nicht Seine Eminenz Karl Kardinal Lehmann, der Mainzer Bischof, firmiert als Gastgeber, sondern die landeseigene Lotto-Gesellschaft Rheinland-Pfalz.
Repnik und die Seinen können ein paar nette Worte vom Mainzer Regierungschef und SPD-Bundesvorsitzenden Kurt Beck, dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbunds, Thomas Bach, und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, gut gebrauchen. Zwar wird der neue Glücksspiel-Staatsvertrag, in dem das staatliche Wettmonopol bis 2011 fortgeschrieben werden soll, die erforderliche Zustimmung von 13 der 16 Bundesländer wohl erhalten und am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Doch das Ringen um den Sportwettenmarkt zwischen dem staatlichen Solisten Oddset und seinen privaten Herausforderern ist keineswegs entschieden. Schleswig-Holstein sträubt sich gegen den Ländernkonsens. Die EU-Kommission sieht durch das deutsche Monopol die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt. Deutsche Gerichte entscheiden mal so, mal so. Und die Privatanbieter samt ihren Verbündeten im Fußball beschäftigen eine Armada von Anwälten, die nicht nur den Verstoß gegen EU-Recht konstatieren, sondern auch anzweifeln, dass die hoheitliche Staats-Zockerei verfassungskonform ist. Denn das Bundesverfassungsgericht verfügte 2006, das Wettangebot müsse sich strikt an den Zielen der Suchtprävention und des Jugendschutzes orientieren - sonst verstößt das Monopol gegen das Grundgesetz.
Wie überall, wo Juristen mitmischen, ist die Lage schwer zu überschauen. Entsprechend klug ist Repniks Schachzug, die Frage auch mal auf ihre gesellschaftlichen und moralischen Aspekte hin abzuklopfen. Die Förderung von Sport, Kultur und Sozialprojekten durch die Lotto-Gesellschaften komme "viel zu wenig an die Öffentlichkeit", sagt er in Mainz. DOSB-Präsident Bach spricht angesichts von rund 500 Millionen Euro im Jahr, die aus den Wetteinnahmen an den Sport weitergereicht werden, von einer Existenzfrage. Beck warnt, eine Aufhebung des Monopols "würde uns ein Riesenloch in den Haushalt reißen". Er gibt aber auch zu bedenken, dass die Aufrechterhaltung des Wettmonopols juristisch "auf tönernen Füßen" stehe und "dieses Spiel nicht deutsch sondern europäisch gespielt wird".
Es wird dann noch viel über Gemeinsinn und Ehrenamt geplaudert. "Je länger es ging", freut sich der Geschäftsführer Lotto Rheinland-Pfalz, Hans-Peter Schössler, "desto weniger wurde über Lotto gesprochen." Das war die Absicht.
Quelle: Frankfurter Rundschau
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