http://www.faz.net/s/...EE99527CFC7A882148~ATpl~Ecommon~Scontent.html Als Sarrazin im Februar von Berlin und Brandenburg für den Bundesbankvorstand vorgeschlagen wurde, gab es dort Unruhe. Sarrazin rief den Präsidenten Axel Weber an, um ihm die bevorstehende Entscheidung mitzuteilen; Weber sollte davon nicht aus Zeitungen erfahren. Nach allem, was man hörte, war es ein freundliches Gespräch, bei dem sich Sarrazin um die freiwerdende Zuständigkeit für Internationales bewarb; wenig später fand er die vertraulich ausgesprochene Bitte in den Zeitungen wieder, zusammen mit der Mitteilung, dass sie abgeschlagen wurde. Die erste Niederlage wurde ihm schon beigebracht, bevor er angefangen hatte.
„Die Medien lieben es, wenn Krach ist“
Kenner der Verhältnisse sagten schon damals Streit zwischen dem sehr machtbewussten Weber und dem sehr selbstbewussten Sarrazin voraus, ein Streit, der jetzt im Herbst das ganze Land in Aufregung versetzt und mehr mit Bundesbank-Desintegration als Ausländer-Integration zu tun hat. Mit Sarrazin zu sprechen: „Die Medien lieben es, wenn Krach ist.“ In der Woche nach der Bundestagswahl kam der Knall: Zunächst wurde, tropfenweise, Sarrazins Interview in „Lettre“ bekannt, dann distanzierte sich „die Bundesbank“ von ihrem Vorstandsmitglied.
Sarrazin reagierte auf das heftige Feuer mit einer Demutsgeste. Seine Bitte um Entschuldigung wurde vom Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde ausdrücklich angenommen (siehe Türkische Gemeinde nimmt Entschuldigung von Sarrazin an), doch der Präsident der Bundesbank, in Istanbul auf der IWF-Tagung, legte nach: Kaum verhüllt forderte er Sarrazins Rücktritt, unverhüllt taten es dann die Zeitungen, nicht zuletzt die Wirtschaftszeitungen und -redaktionen. Wohlgemerkt: Es ging schon da, nach wenigen Tagen, nicht etwa um Kritik oder Auseinandersetzung mit Sarrazins Äußerungen; man wollte einfach seinen Kopf rollen sehen. Im „Spiegel“ (Online) wurde Sarrazins Interview mit NPD-Pamphleten in eins gesetzt, und schließlich stellte auch der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, Sarrazin in eine Reihe mit Göring, Goebbels und, hm, wer käme noch in Frage? Ach richtig, Adolf Hitler.
Bei „Lettre“ hatte man auf ein gewisses Aufsehen gerechnet, aber nicht mit diesem „Fressen für die Haie“ vor allem in Berlin. Die Boulevard-Zeitungen nahmen sich des Themas an: In kleinen Portionen wurden immer neue Häppchen aus Sarrazins Interview online präsentiert; zunächst mit dem Tenor, Sarrazin habe, wieder einmal, die Dignität der Berliner aufs gröbste entweiht; erst später fand man den Dreh mehr hin zu den türkischen Themen. Dass „Lettre“ schließlich am Pranger des Anti-Arabismus stand, hatte Chefredakteur Berberich nicht vorhergesehen; keine Zeitschrift in Deutschland hat so viele arabische Autoren veröffentlicht; nebenbei bemerkt, trägt auch Thilo Sarrazin, Nachfahre südfranzösischer Hugenotten, unübersehbar einen auf arabische Abkunft verweisenden Namen.
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