Interview mit VEM Aktienbank Vorstand Andreas Beyer: "Keine konkreten Akquisitionspläne"
Die auf die Begleitung von Börsengängen spezialisierte VEM Aktienbank erntet die Früchte ihrer Arbeit. Während mancher Konkurrent die Baisse der Jahre 2000-2002 nicht überlebt hat, haben die Münchner IPO-Profis 2005 mit einem satten Gewinn abgeschlossen.
Grund genug, einmal mit Andreas Beyer, dem Vorstand der VEM Aktienbank , über sein Unternehmen zu sprechen. Im Gespräch erklärt er YEALD-Autor Justus Linker, dass die VEM Aktienbank nicht den typischen Fehler begangen hat, am Ende einer Hausse ihr Kapital in Pre-IPO-Beteiligungen zu binden. Vielmehr hat man den Wandel der Zeit rechtzeitig erkannt, das Geschäftsumfeld ständig analysiert und hinterfragt. Er gibt auch zu, dass ihn die momentane Situation seines Unternehmens "mit einer gewissen Genugtuung" erfüllt.
Der Entry Standard ist erfolgreich gestartet und kommt sowohl bei Emittenten wie auch den Investoren sehr gut an. Warum hat die Deutsche Börse dieses Segment so spät gestartet?
Andreas Beyer: Ein Produkt muss in sein Umfeld passen. Die Firmen, die sich 2004 an die Börse gewagt haben, hatten eher hohe Emissionsvolumina, wie beispielsweise Wincor Nixdorf oder die Postbank bzw. Premiere im letzten Jahr. Die kleinen Börsengänge kamen erst seit Mitte 2005 wieder in Mode. Und hier bietet der Entry Standard als Qualitätssegment kleinen Firmen die Möglichkeit, einfach und kostengünstig an die Börse zu gehen und sich gegen den anderen Freiverkehrswerten positiv abzugrenzen. Motiviert war die Einführung des Entry Standards durch den Alternative Investment Market (AIM) der Londoner Börse. Die Deutsche Börse war im Zugzwang zu handeln.
Wie beurteilen Sie die Abschaffung des Neuen Marktes?
Andreas Beyer: Der Neue Markt hatte nicht nur schlechte Seiten. Immerhin war der Neue Markt vom Prinzip her genau die Risikokapitalbörse, die immer im Vorfeld lautstark gefordert wurde. Die im Vorfeld ins Leben gerufene EASDAQ hatte ja nicht den durchschlagenden Erfolg. Eine Abschaffung des Neuen Marktes war sicherlich nicht unbedingt notwendig. Korrekturen hätten ausgereicht, um die Defizite zu bereinigen. Der Neue Markt durfte leider nicht erwachsen werden. Zu groß wurde der Druck von der Öffentlichkeit!
Sowohl der Entry Standard als auch M:Access sind optimale Spielwiesen für die VEM Aktienbank. Halten Sie es vor dem Hintergrund von Basel II für denkbar, dass sich zukünftig ein permanenter IPO-Strom speziell an diese Segmente ergibt, der relativ unabhängig vom Börsenzyklus ist?
Andreas Beyer: Ich denke, dass dies ein Szenario ist, was durchaus zutreffen könnte. Diese Qualitätssegmente kann man durchaus als Emissionsplattformen betrachten, die in Zukunft von Emittenten regelmäßig in Anspruch genommen werden dürften. Dabei spielt die veränderte Finanzierungssituation eine wichtige Rolle.
Die Begleitung von Börsengängen ist der Ertragsbringer ihres Unternehmens. Wie viele Transaktionen planen Sie für 2006?
Andreas Beyer: Wir sind in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen und gehen auch für 2006 von einer Steigerung der Transaktionsanzahl aus. Vorstellbar sind bis zu 100 Transaktionen. Im Jahr 2004 haben wir mit 16 Mitarbeitern 40 Transaktionen begleitet, im letzten Jahr konnten wir diese Zahl mit 23 Mitarbeitern auf 80 Transaktionen verdoppeln. Entscheidend für unseren Ertrag sind letztlich auch die Volumina, die kontinuierlich steigen.
Sie sprechen Ihr überwiegend organisches Wachstum an. Grundsätzlich sind Sie Zukäufen nicht abgeneigt. Wie ist der aktuelle Stand?
Andreas Beyer: Aktuell gibt es keine Akquisitionspläne im Finanzdienstleistungsbereich. Das kann sich jedoch relativ schnell ändern, wenn sich eine Kaufgelegenheit ergibt, die zu uns passt.
Im letzten Jahr haben Sie die Münchner TradeCross AG übernommen und sich damit auch Pre-IPO-Kompetenz ins Haus geholt. Planen Sie, diesen Bereich zu einem dritten Geschäftsfeld neben Börsengängen und Designated Sponsoring auszubauen?
Andreas Beyer: Nein, wir planen momentan nicht, die Wertschöpfungskette weiter nach vorne zu verlagern. Wir halten es für sinnvoller, dass Unternehmen, die eine entsprechende Eigenkapitalfinanzierung benötigen, direkt eine Notierung in einem Qualitätssegment des Freiverkehrs aufnehmen. Das vorbörsliche Platzierungsgeschäft werden wir nicht forcieren.
Sind darüber hinaus weitere neue Geschäftsfelder denkbar, einmal abgesehen von Ihrer Beteiligung an der EquityStory AG?
Andreas Beyer: Wir suchen ständig nach neuen Geschäftsmöglichkeiten, die unser bestehendes Geschäft sinnvoll ergänzen oder abrunden. Dabei spielen Synergieeffekte eine entscheidende Rolle. Wir sind gerade dabei, uns an der Janosch Film & Medien AG mehrheitlich zu beteiligen. Wir wollen diese Gesellschaft neu aufstellen und in eine neue Zukunft begleiten.
Momentan sind die Rahmenbedingungen für die VEM Aktienbank sehr viel versprechend. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in drei Jahren? Glauben Sie, dauerhaft mit den Großbanken mithalten, bzw. sie in den einschlägigen Statistiken distanzieren zu können?
Andreas Beyer: Gehen wir doch mal drei Jahre zurück. 2003 haben wir sechzehn Transaktionen begleitet, die größte hatte ein Volumen von 15 Millionen Euro. Heute bewegen wir viel mehr, wie ich eben schon erläutert habe. Wir sind mit unseren Kunden mitgewachsen, da die von uns betreuten Firmen inzwischen höhere Marktkapitalisierungen haben. Das bedingt immer neues Geschäft, das oft von den Kunden direkt an uns herangetragen wird. Schließlich sind wir einer der führenden Anbieter in unserer Nische, und der Name VEM ist überaus präsent. Zukünftig geht der Trend klar zu größeren Transaktionsvolumina. Wir sind daher für die Zukunft sehr optimistisch.
Letzte Frage: Wann veröffentlichen Sie die endgültigen Zahlen für 2005?
Andreas Beyer: Wir werden diese noch im April veröffentlichen.
Quelle: yeald.de-Die interaktive Investorenzeitung,Veröffentlicht: 20.04.2006 13:38
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