Wieder so viele Korrekturen nötig... "Wenn schon die SZ schreibt, dass die 1,9 Mrd eventuell doch da waren und von wem auch immer abgezweigt wurden, Leute, Leute." Das ist eine dpa-Meldung. Ich habe bei dpa nachgefragt, wo sie herkommt, aber keine klare Antwort erhalten. Es kam von der Wirtschaftsredaktion der dpa. Das eigentliche Thema der Meldung ist ja die non-news, dass der Prozess noch länger dauert. Das war schon lange klar! Ebenfalls auf der Grundlage von dpa hieß es im August, dass ein Ende des Prozesses erst vor Ende 2024 zu erwarten sei. https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/...erhandlungstagen/ "Der Vorsitzende Richter Markus Födisch erklärte in einer Randbemerkung in der Verhandlung am Donnerstag einen Abschluss vor Ende 2024 für "realistisch"." Damals wurde in der wohltuend neutralen dpa-Meldung folgendes geschrieben: Einen zweifelsfreien Beweis, dass der frühere Vorstandschef Markus Braun am mutmaßlichen Milliardenbetrug bei dem 2020 zusammengebrochenen Dax-Konzern beteiligt gewesen sein könnte, hat das Verfahren auch nach acht Monaten Verhandlungsdauer nicht zutage gefördert.
Die Verteidiger des Ex-Vorstandschefs fordern indes die Freilassung des seit drei Jahren in Untersuchungshaft sitzenden Managers. Alfred Dierlamm, einer der Verteidiger, beantragte am Donnerstag vor dem Landgericht München I außerdem erneut die Aussetzung des Verfahrens und warf der Justiz schwere Fehler vor. Der Verteidiger sprach von einer "Farce". "Eine Auswertung der Zahlungsflüsse [bei Wirecard] hat faktisch nicht stattgefunden", so Dierlamm. "Auch nach über drei Jahren Verfahrensdauer haben die Justizbehörden das wahre Tatbild und die Veruntreuungen von Wirecard-Vermögen in Millionenhöhe nicht - nicht einmal ansatzweise - aufgeklärt", sagte Dierlamm. "Im Gegenteil: Sie tun alles, um das falsche Narrativ von Herrn Dr. Braun als 'Bandenchef' aufrecht zu erhalten", empörte sich der Verteidiger. (...) Wo ist das Geld?Was Braun noch alles gewusst hat und was mit den vermissten Milliarden passiert ist, wird im Prozess aufzuklären sein. Dabei wird der Ex-Vorstandschef laut Verteidigung tatkräftig unterstützen: "Herr Dr. Braun tut alles, was in seiner Situation möglich ist, um das wahre Tatgeschehen aufzuklären, und wird dies auch weiterhin tun", sagte Dierlamm. Auch Insolvenzverwalter Michael Jaffé hat bislang keine Spur des Geldes gefunden. Der Münchner Anwalt war noch nicht als Zeuge geladen, seine Aussage könnte ein Schlüsselmoment des Prozesses werden. Doch zunächst sind jetzt drei Wochen Sommerpause, der nächste Prozesstag ist der 30. August. Der Antrag auf Aussetzung und der Antrag auf Haftentlassung wurden in der Folge abgelehnt, nach meinen Informationen folgte das Gericht um Richter Födisch dabei den IMHO fragwürdigen Statements der Staatsanwaltschaft, wie sie später bei Martin Hesse zu lesen waren. Inzwischen hat am 6.12. die Verteidigung Brauns in einem überzeugenden Statement darauf geantwortet. Davon liest man leider wenig in den Medien. Thomas Magenheim schrieb allerdings einmal mehr einen sehr neutralen Artikel: https://www.rnd.de/wirtschaft/...immt-PFRIP77L7VHPBFKFRXBAVSTBGA.html
Diesmal nimmt Dierlamm die Staatsanwaltschaft aufs Korn, die sich zuvor kritisch mit Brauns Version der Wahrheit auseinandergesetzt hatte. Vollmundig, inhaltsleer und ohne Bezug zum Verfahren seien angebliche Beweise für dieses Tatvariante, hatten die Staatsanwälte erklärt. „Unzutreffend, nicht nachvollziehbar, verfälschend oder verwirrend“, seien die Argumente der Staatsanwälte dazu, sagt nun Dierlamm. Die wahre Tatstruktur werde schlicht ignoriert. Geschäfte in Asien und daraus resultierende Erlöse habe es sehr wohl gegeben. Das Geld sei auch da, nur nicht auf den Konten, auf die Staatsanwälte blicken. Allein 340 Millionen Euro würden so heute noch auf Konten einer Gesellschaft namens Pittodrie Finance liegen, die Braun und Verteidigung als Veruntreuungsvehikel sehen. Es gebe weitere dieser Art. Insgesamt rund 2 Milliarden Euro seien so aus Wirecard illegal abgezogen worden. Die Staatsanwaltschaft kommt indessen mit Blick auf Pittodrie & Co. zu anderen Schlüssen. Service-Angebote im Sektor Geldwäsche seien das mutmaßlich gewesen und mithin andere Delikte als die im jetzigen Prozess verhandelten. Mit dem hätten diese Gelder nichts zu tun. Im Gegensatz zu vielen anderen Journalisten hat Thomas Magenheim in seinen Artikeln eine Entwicklung gezeigt, wenn man zum Vergleich einen Beitrag von ihm zum Prozessbeginn liest: https://www.stuttgarter-zeitung.de/...7a3-4a3e-8d18-505876a3d1dd.html Ich habe bewusst massiv die dpa-Meldung gepusht, weil sie eben so deutlich beide Varianten darstellt, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die von den meisten als "bewiesene Tatsache" bewertete Theorie der Staatsanwaltschaft auf der Basis der fragwürdigen Aussagen des fragwürdigen sogenannten "Kronzeugen" und den fragwürdigen Analysen im Auftrag des (naja, irgendwie doch auch fragwürdigen) Insolvenzverwalters eben nichts weiter als eine Theorie ist, für die in fast 100 Prozesstagen kein tragfähiger Beweis gefunden wurde. Es wird spannend werden, wer sich jetzt als erster traut, diese dpa-Meldung zu kommentieren...
|