Varta-Aktionäre flüchten in Scharen - Sorge vor Totalverlust Ein drohender Totalverlust schockiert am Montag die Anleger von Varta angesichts des vom Batteriehersteller angekündigten Restrukturierungsvorhabens. Die Aktie sackte gleich zum Handelsstart auf ein Rekordtief von 2,102 Euro. Am späteren Vormittag stand zuletzt ein Minus von knapp 70 Prozent auf 3,17 Euro zu Buche. Um eine Insolvenz abzuwenden, hatte Varta bekannt gegeben, sich entsprechend dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) neu aufzustellen, womit aber die bisherigen Aktionäre aus dem Unternehmen gedrängt werden. Die DZ Bank und Warburg Research reagierten prompt und setzten den fairen Wert beziehungsweise das Kursziel für die Aktie angesichts des drohenden Kapitalschnitts auf 0 Euro.
Zwar könnte Varta auf die angekündigte Weise womöglich die Arbeitsplätze und den Fortbestand des Unternehmens sichern, doch "die avisierte vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals der Gesellschaft (Kapitalschnitt) würde zu einem kompensationslosen Ausscheiden der Aktionäre aus der Gesellschaft und zu einem Erlöschen der Börsennotierung der Aktien der Varta AG führen", erklärt Michael Punzet von der DZ Bank. Die angestrebte finanzielle Neuaufstellung gehe deutlich zulasten der bestehenden Aktionäre und Gläubiger.
Mit dem geplanten Schritt "verlieren die bisherigen Aktionäre ihre Beteiligung an Varta entschädigungslos", konstatiert auch Robert-Jan van der Horst von Warburg. Er verwies darauf, dass Varta nun eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen werde, die kurzfristig angekündigt werden solle. "Gemäß dem StaRUG könnte die Umstrukturierung allerdings auch ohne Zustimmung der Aktionäre umgesetzt werden", gibt er zu bedenken.
Varta kämpfe "ums nackte Überleben", schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. Und das zeige sich auch am Aktienkurs, der Ende Januar 2021 noch ein Rekordhoch bei über 180 Euro erreicht hatte. Zwar war der vorangegangene Kurszuwachs auch auf Marktverzerrungen zurückzuführen, denn Kursspekulationen von überwiegend in sozialen Netzwerken versammelten Kleinanlegern bei Aktien wie Gamestop oder AMC aus den USA hatten hierzulande auch Varta hochgetrieben. Doch der Absturz war auch selbst verschuldet.
So erlebte Varta die erste richtig steile Talfahrt im September 2022, nachdem das traditionsreiche Unternehmen aus Ellwangen angesichts steigender Energie- und Rohstoffpreise seine erst im August gesenkten Jahresziele kassiert hatte. Zudem hatten sich große Aufträge verzögert, die Nachfrage abgeschwächt und Sorgen vor Batteriekonkurrenz in der damals neuesten Generation der AirPods Pro von Apple (Apple Aktie) wachgerufen. Das Unternehmen geriet zusehends in die Krise.
Im April dieses Jahres folgte ein weiterer heftiger Kurssturz und einen knappen Monat später der Rauswurf aus dem SDax . Im Frühjahr hatte Varta mitgeteilt, dass die Sanierungsbemühungen nicht mehr ausreichten. Das Unternehmen ersuchte daher erneut seine Geldgeber um Hilfe - nach einer Kapitalspritze von mehr als 50 Millionen Euro im Frühjahr 2023. Schließlich dann hatte ein Hackerangriff die "fristgerechte Veröffentlichung des geprüften Jahresfinanzberichts" zunichtegemacht.
Hatten die bisherigen Aktionäre nach den ersten Meldungen über einen Einstieg der Porsche AG bei Varta noch die Hoffnung auf den finanziellen Befreiungsschlag, wie Molnar schreibt, "ist das jetzt drohende Wortungetüm Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz der Schlag ins Gesicht". Von einer Sanierung des Unternehmens, das 2017 an die Börse gebracht wurde, profitieren in diesem Fall nur noch andere, während viele der bisherigen Anteilseigner "Varta tapfer mit in die Pleite begleitet haben".
Quelle: dpa-AFX
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