Perspektiven für GM-Gläubiger trüben sich ein
Von Martin Hock DruckenVersendenSpeichernVorherige Seite linkfurloneviewyiggwebnewsfacebookwongdeliciousdigg Schieflage
Schieflage
11. November 2008 Es ist keine zwei Wochen her, da erlebten die Anleihenkurse der Finanzierungstochter GMAC des amerikanischen Autobauers General Motors (GM) deutliche Kursaufschläge. An einem Tag fielen Renditen um bis zu 25 Prozentpunkte.
Anlass war die Tatsache, dass die Finanzierungstochter eine Zusage der amerikanischen Notenbank Fed erhalten hatte, zur Teilnahme am Geldmarktprogramm zugelassen zu werden. Zudem hatte GMAC angekündigt, sich zu einer Bank wandeln zu wollen, was ihr die Möglichkeit eröffnen würde, Mittel aus dem Rettungspaket des amerikanischen Finanzministeriums zu beantragen und notleidende Subprime-Kredite zu verkaufen.
Für Aktionäre bleibt nichts übrig
Kredit-Analysten blieben seinerzeit zu recht vorsichtig. Die jüngsten Entwicklungen suggerieren, dass sie recht zu behalten scheinen. Die Anleihenkurse von GMAC und des Mutterkonzerns GM stehen stark unter Druck und geben bis zu 22 Prozent nach.
Denn die Situation des Auto-Konzerns und seiner Finanzierungstochter hat sich weiter zugespitzt. Die Krone der negativen Entwicklung setzten am Montag die Analysten der Deutschen Bank auf, die das Kursziel für die GM-Aktie auf 0 Dollar senkten.
Ohne ein Einschreiten der amerikanischen Regierung sei der Autobauer wahrscheinlich nicht in der Lage, seinen Betrieb in den Vereinigten Staaten über den Dezember hinaus zu finanzieren, schrieb Deutsche-Bank-Analyst Rod Lache in einer Studie. Selbst wenn GM einen Bankrott mit Hilfe des Staates abwenden könne, dürfte für die Aktionäre nichts übrig bleiben, begründete der Analyst sein neues Kursziel.
Kein Geld, keine Lieferversicherungen
Den Berechnungen des Analysten zufolge wird sich der Bestand an liquiden Mitteln bei GM bis Ende Dezember auf weniger als fünf Milliarden Dollar belaufen. Dieses Niveau dürfte Lache zufolge von im frühen Januar fälligen Verbindlichkeiten überbelastet werden. Barclays-Analyst Brian Johnson senkte sein Kursziel für die GM-Aktie auf 1 Dollar. Er rechnet ohne Staatshilfe mit Liquiditätsnöten im ersten Quartal 2009. GM hatte erst am Freitag davor gewarnt, ohne staatliche Hilfen womöglich bis zur Jahresmitte 2009 pleite zu sein.
Der internationale Kreditversicherer Euler Hermes hat den Lieferanten von GM und Ford mittlerweile den Versicherungsschutz aufgekündigt. Weil das Risiko zu groß sei, dass die Konzerne die Rechnungen ihrer Zulieferer nicht mehr bezahlen, seien die Lieferungen bereits seit zwei Wochen nicht mehr versichert. Die Lieferanten könnten daher in Zukunft dazu übergehen, nur noch gegen Vorkasse zu liefern oder extrem kurze Zahlungsziele setzen.
Opel und Delphi in Not
Und was für die Mutter schon existenzbedrohend ist, könnte für die Töchter tödlich sein. Die Adam Opel AG wandte sich an Bundeskanzlerin Angela Merkel und bat um Hilfe für die Automobilindustrie in Europa. GM Europa, zu der auch Saab gehört, solle nächstes Jahr 750 Millionen Euro einsparen, die Beschäftigten auf Lohnerhöhungen verzichten, wird kolportiert. Opel leidet darunter, dass GM durch Verrechnung Verluste aus den Vereinigten Staaten nach Europa abschiebt.
Auch für den Automobilzulieferer Delphi, der sich bereits im Konkursverfahren befindet, ist es eng. Zwar verbuchte Delphi im dritten Quartal einen Gewinn von 5,2 Milliarden Dollar, doch wurden dabei Hilfszahlungen von GM verbucht. Tatsächlich fiel der Umsatz im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17 Prozent auf 4,4 Milliarden Dollar und hätte ohne die Zahlungen von GM abermals einen Verlust verbucht. GM hält es selbst für unwahrscheinlich, dass Delphi das Konkursverfahren in der kurzen Frist abschließen kann - wenn dies überhaupt möglich sei.
Rescap auf der Kippe
Ähnliche Zweifel hegt man angesichts eingefrorener Kreditmärkte für Residential Capital (Rescap), die Hypothekentochter von GMAC. GM ist noch zu 49 Prozent an GMAC beteiligt. Rescap, einst zwölftgrößter Kreditgeber für Schuldner schlechter Bonität (Subprime), ist die Hauptursache für GMACs Überlebenskampf.
Laut GM musste der Hypothekenfinanzierer erst vor kurzem seine Position beim größten Aufkäufer und Garanten von Hypothekenkredite, Fannie Mae, stützen. Rescap hinterlegte weitere 200 Millionen Dollar an Sicherheiten und verkaufte die Zahlungsströme für ein Kreditvolumen von 12,7 Milliarden Dollar, das Rescap als Dienstleister für Fannie Mae verwaltet. .
Nichtsdestoweniger muss Rescap bis zum 31. Januar seine Kapitalbasis verbessern, sonst droht Fannie Mae damit, keine Kredite von Rescap mehr anzukaufen. Das wäre das Todesurteil für Rescap, meint David Olson, Präsident von Wholesale Access Mortgage Research & Consulting.
Rescaps größtes Problem ist es, dass das Unternehmen die Zahlungen im Verzug befindlicher Schuldner an die Inhaber der damit besicherten Anleihen vorstrecken muss, gleichzeitig aber selbst kaum Kredite erhält. Das Unternehmen hat in den vergangenen zwei Jahren mittlerweile 9,1 Milliarden Dollar verloren und zieht auch GMAC in die Tiefe, das unter dem miserablen Automarkt zusätzlich zu leiden hat.
Option Konkurs
GMAC verbuchte im abgelaufenen Quartal Verluste von 2,5 Milliarden Dollar. Die Einnahmen aus Dienstleistungen sanken in den ersten neuen Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17 Prozent, der geschätzte Wert der Dienstleistungsrechte um 15 Prozent.
Hedge-Fonds-Manager Bill Ackman von Pershing Square Capital, der sich als Leerverkäufer von Aktien der Anleihenversicherer MBIA und Ambac sowie von Fannie Mae und Freddie Mac einen Namen gemacht hat, vertritt die Ansicht, GM sollte lieber Konkurs beantragen, als um Staatshilfen nachsuchen.
Seit Jahren sei der Autobauer gelähmt, weil er zu hoch verschuldet und seine Verträge unwirtschaftlich seien. Dieses Problem sei nicht durch noch mehr Kredite zu lösen. Vor allem dann nicht, wenn dies nur in den Schuldendienst fließe, wenn es in der Mitarbeiterfortbildung besser angelegt wäre. Der Vorstandsvorsitzende Rick Wagoner lehnt diese Option bisher ab.
Auch einige Analysten halten dies nicht für eine Option, da dies die Produktion und den Absatz und letztlich auch die Liquidität weiter beeinträchtigen würde. Insofern scheinen staatliche Hilfen der einzige Ausweg zu sein.
Politisches Gerangel
Das staatliche Hilfspaket muss allerdings vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Obama im Januar greifen. Die Aussichten dafür sind nicht schlecht. Im Kongress zeichnet sich wachsende Unterstützung ab, die Regierung Bush lehnt allerdings bislang ab, doch sein gewählter Nachfolger hat Bush laut einem Bericht der „New York Times“ zu sofortiger Hilfe für die Autoindustrie aufgefordert. Bush habe bei einem privaten Treffen Bereitschaft signalisiert, im Gegenzug aber die Zustimmung von Obamas Demokraten zu einem Freihandelsabkommen mit Kolumbien verlangt.
Es sehe aber nicht so aus, als wollten diese in der Freihandelsfrage nachgeben, hieß es weiter. Die Demokraten blockieren die Pläne nachdem in Kolumbien mehrere Gewerkschafter durch rechtsgerichtete Kommandos ermordet wurden, denen enge Verbindungen zur kolumbianischen Armee nachgesagt werden.
Eine Frage des Preises
Gleich, ob nun GM im Ringen um einen politischen Kompromiss zerrieben wird oder in den Genuss staatlicher Unterstützung kommt, die Frage ist doch nur, welchen Preis die Aktionäre und die Gläubiger zahlen müssen, sagt Bruce Zirinsky von Cadwalader, Wickersham & Taft.
Für langfristig orientierte Aktienanleger scheint keine der Optionen hilfreich. Anders scheint es für Anleihenanleger auszusehen, denen Euro-Anleihen von GM derzeit Renditen von bis zu 52 Prozent versprechen, Dollar-Anleihen sogar bis zu 82 Prozent. Anleihen von GMAC bringen bis zu 66 Prozent, die 2012 fällige Euro-Anleihe von Rescap rentiert mit knapp 56 Prozent.
Ende der vergangenen Woche senkte die Rating-Agentur Standard & Poor's die Bonitätseinschätzung für GM auf „CCC+“, GMAC und Rescap werden mit „CCC“ bzw. „CCC-“ noch schlechter bewertet. Moody's bewertet GM mit „Caa3“ noch zwei Stufen niedriger, GMAC mit „Caa1“ dafür eine Stufe besser und Residential Capital mit „Ca“ bereits knapp vor dem Zahlungsausfall. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit rechnet Moody's mit Ausfällen zwischen 61 und 97 Prozent für GM.
Sean Egan, Präsident of Egan-Jones Ratings bezeichnet GMAC-Anleihen als für Privatanleger völlig ungeeignet. Das erscheint recht zutreffend. Es ist derzeit nicht abzusehen, wie sich das Schicksal des Konzerns entwickeln wird und ebenso wenig, wie viel in welchem Fall den Gläubigern bleibt. Das ist vor allem ein großes Problem für die hohe Zahl der vor allem älteren Privatanleger, die die sogenannten Smart Notes mit kleiner Stückelung zur Altersvorsorge kauften, als GMAC noch ein Investment-Grade-Rating besaß.
Bildmaterial: AP, dpa, F.A.Z.
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