in # 28 schrieb ich: "Im Moment ist die Fed im Zwiespalt: Einerseits müsste sie die Zinsen wegen der zu hohen Inflation/Kerninflation erhöhen, andererseits droht dann dem angeschlagenen Housing-Markt der endgültige Kollaps. Die Fed hat aber unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass für sie im Zweifelsfall die Inflationsbekämpfung höhere Priorität hat. Ob der "Greenspan-Put" der Vergangenheit auch noch unter Bernanke gilt (Fed öffnet in der Krise in Feuerwehrmanier die Geldschleusen und senkt die Zinsen), ist daher noch längst nicht ausgemacht."
Inzwischen ist der befürchtete Housing-Kollaps gekommen - sogar als globales Phänomen (IKB, SachsenLB, DB, Northern Rock, jap. Banken). Die Kerninflation aber wurde von US-Statistiker-Statisten schöngerechnet - auf "Sollwerte" unter 2 %. Und das, obwohl die Geldmenge M3 in USA ausufert wie blöde. Der Dollarkurs zeigt, dass diese Rechnung nicht aufgeht. Ausländer lassen sich halt nicht nach Belieben verarschen. Auch jeder Amerikaner spürt - spätestens an der Tanksäule - , dass etwas faul ist an den Schönrechnungen der landeseigenen Statistiker: Die Preise für Benzin, Lebensmittel und Healthcare explodieren geradezu. Seit 20 Jahren leiden US-Konsumenten an Nettoreallohnabbau, den sie nur durch hemmungsloses Schuldenmachen (Haus-Beleihungen, Käufe auf Kredit) kompensieren konnten. Manche haben auch drei Jobs...
Leider hab ich Bernanke und die Fed zu Anfang des Jahres überschätzt. Ich hab eine Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit bei der Inflationsbekämpfung erhofft wie von seiten der EZB. Der Greenspan-Put (Feuerwehr-Zinssenkungen schon bei ersten Rezessionsanzeichen) lebt aber leider auch unter Bernanke weiter - und ist damit kein personifizierbares (Greenspan anzulastendes), sondern ein strukturelles Phänomen. Der Fed-Put, wie man ihn jetzt wohl treffender nennen muss, ist das Bekenntnis Amerikas zur "Blasenwirtschaft auf Teufel komm heraus".
Bernanke hat sich nach der doppelten Zinssenkung Mitte August (auf 4,75 % Leitzinsen und 5,25 % Diskontsatz) als verantwortungsloser Echo-Blasen-Jongleur entpuppt, der sich nicht scheut, für kurzfristige Schein-Vorteile (Rettung überschuldeter Haus-Spekulanten) schwerwiegende langfristige (Dollar-Verfall) in Kauf zu nehmen, was letztlich die Zukunft Amerikas als derzeit noch führende Wirtschaftsnation gefährdet. Meinen Respekt hätte er gehabt, wenn er die Zinsen konstant gehalten hätte und eine kurzfristige Rezession in Kauf genommen hätte, um Exzesse abzubauen, was längerfristig stabilisierend gewirkt hätte.
Nun wird die Rezession dennoch kommen, weil die überhasteten Leitzinssenkungen am kurzen Ende gleichzeitig die Zinsen am langen Ende der Zinskurve (die der Bondmarkt setzt) hochtreiben - und nach Letzteren bemessen sich seriöse Fixpreis-Hypotheken. Den überschuldeten US-Häuslebauern bleibt jetzt nur die Möglichkeit, ihre auslaufenden variablen Hypotheken (ARM) in neue variable Hypotheken umzuschulden ("roll over") - in der bangen Hoffnung, dass die Zinsen und die Inflation mittelfristig nicht aus dem Ruder laufen. Dass dies eine Illusion ist, gibt selbst Greenspan zu, der kürzlich mit der Bermerkung auf sich aufmerksam mache, er rechne in USA bald wieder mit "zweistelligen" Zinsen.
Bernankes Zinssenkung (und weitere, die vielleicht noch kommen) bringt (bringen) daher mittelfristig nichts. Bernanke hat damit lediglich den Dollar "zum Abschuss freigegeben" - ein hoher Preis - , und er wird letztlich nichts retten, weil die bisherigen Exzesse sich kaum mehr steigern lassen (die Häuser SIND ja nun schon bis zum Anschlag beliehen, der Housing-ATM funktioniert nicht mehr). Es gibt kaum noch aufblasbare Assets - außer vielleicht Rohstoff- und Lebensmittelpreise...
Schade. Mein Vertrauen in die Fed ist erstmal hin. Statt Exzesse abzubauen, hat sie ihre Sekundanten im US-Statistikamt angewiesen, beschönigende Kern-Inflationsdaten zu "vermelden" - und zwar schon VOR den jüngsten Zinssenkungen - , so dass es nun den Anschein hat, als würde die Fed mit ihren Zinssenkungen nur "logisch", folgerichtig und verantwortungsvoll (im Hinblick auf die schwächelnde US-Wirtschaft) auf die vermeintlich gesunkene Inflationserwartung reagieren.
Fakt aber ist: Die Geldmenge M3 in USA, die schon längst nicht mehr gemeldet wird, ufert maßlos aus, die Druckerpresse läuft, und sowas war bislang IMMER inflationär. Die bisherige Korrektur durch ausländische Zentralbanken, die besinnunglos US-Staatsanleihen kauften (wie China) und dadurch die Zinsen am langen Ende künstlich niedrig hielten, dürfte nun auch passé sein. Denn der Dollarverfall - die Frucht der Greenspan-Bernankischen Blasen-Wirtschaft - wird ausländische Investoren abschrecken, weiterhin die Überschuldung Amerikas mit ihren Rücklagen zu finanzieren. Die wollen das geliehene Geld schließlich irgend wann mal zu 100 % zurück (in Kaufkraft gerechnet). Inzwischen aber hat der Dollar, bezogen auf den Stand von 2000 (0,85), bereits um sage und schreibe 68 % zum Euro abgewertet!
Um diese 68 % wurden die Chinesen, die den Inflationsversprechungen und der vermeintlichen "Starker-Dollar-Politik" der USA vertrauten, betrogen. Wie lange sie sich das wohl noch gefallen lassen...
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