News - 06.09.07 17:15 Lagerabbau treibt Ölpreis
Die Anspannung auf dem Ölmarkt nimmt zu. Nach einem Abbau der US-Lagervorräte fürchten die Marktteilnehmer Knappheiten. Vertreter der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) lehnten eine Fördererhöhung ab. Die Verbraucherländer zeigten sich alarmiert.
Am Donnerstag verteuerte sich US-Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Oktober zeitweise um mehr als 1 $ auf 76,76 $ je Barrel (ein Barrel entspricht 159 Liter). In London stieg der Brent-Rohölpreis um 73 Cent auf 75,07 $. Der Opec-Korbpreis kletterte erstmals seit über einem Monat wieder über die Marke von 71 $. Ein Barrel aus den Fördergebieten des Kartells kostete am Mittwoch 71,39 $ im Vergleich zu 70,78 $ am Vortag, wie das OPEC-Sekretariat mitteilte. Die OPEC berechnet ihren Korbpreis auf der Basis von elf wichtigen Sorten der Förderländer.
Verantwortlich für den Preisanstieg waren Zahlen des US-Energieministeriums. Die Rohölvorräte nahmen vergangene Woche um 3,9 Millionen auf 329,7 Millionen Barrel ab. Die Benzinvorräte fielen um 1,5 Millionen auf 191,1 Millionen Barrel. Das sind neun Prozent weniger als im vergangenen Jahr.
Im Zuge der Finanzmarktturbulenzen hatten zuerst auch die Rohstoffpreise gelitten. Spekulanten wie Hedge-Fonds mussten aufgrund schärferer Kreditauflagen und Liquiditätsengpässen Positionen schließen. Dieser Verkaufszwang drückte die Notierungen. In den Augustwochen ging das Handelsvolumen an der New York Mercantile Exchange (Nymex), an der WTI gehandelt wird, um jeweils rund drei Prozent pro Woche zurück. Doch jetzt scheint der Optimismus zurückzukehren.
Marktteilnehmer rechnen mit steigenden Preisen
Begründet wird dies mit starken Fundamentaldaten: "Das weltweite Gesamtangebot an Rohöl ist seit dem Frühjahr in der Tendenz leicht rückläufig, wobei es im Juli geringfügig zunehmen konnte. Zugleich steigt die Ölnachfrage. Die fundamentale Enge des Marktes ist zur Jahresmitte 2007 der ursächliche Preistreiber für Rohöl", schrieben die Rohstoffanalysten der Deka-Bank in einem Researchbericht. Die Deka-Bank rechnet aber ab dem Herbst mit Preisrückgängen.
"Der Anstieg der Notierungen in der vergangenen Woche wurde unterstützt von positiven US-Daten. Wir gehen davon aus, dass sich die Verknappung bei Rohöl und Produkten fortsetzen wird", schrieben die Rohstoffanalysten von Barclays Capital in einem Researchbericht. Die Preise für Benzin und Heizöl haben seit der vergangenen Woche um 0,3 bzw. 1 Prozent zugelegt. Laut dem MasterCard-Bericht, welcher auf der Auswertung von Kreditkartenabrechnungen in den USA basiert, fiel die Benzinnachfrage in der Vorwoche um 1,3 Prozent, nachdem die Fahrsaison endete. Im Jahresvergleich legt die Benzinnachfrage jedoch um 6 Prozent zu.
Neben den Fundamentaldaten spielt die Technik eine Rolle. "Die derzeitige Stärke führen wir jedoch hauptsächlich auf das positive charttechnische Bild und die Nähe zu Höchstständen zurück", schrieb Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank, in einem Researchbericht. Das Rekordhoch von 78,77 $ erreichte der WTI-Preis am 1. August.
Opec lehnt Fördererhöhung ab
Opec-Vertreter lehnten vor der Sitzung des Kartells am 11. September eine Fördererhöhung ab. "Der Markt befindet sich im Gleichgewicht. Es gibt keine Knappheiten", sagte Opec-Präsident Mohammed al-Hamli. Nach eigenen Angaben förderte die Opec im Juli 30,4 Millionen Barrel täglich. Das entspricht einem Anstieg von 242.000 Barrel gegenüber dem Vormonat.
Die Haltung der Opec stößt bei den Verbraucherländern auf Kritik. Nobuo Tanaka, der neue Chef der Internationalen Energie Agentur (IEA), zeigte sich besorgt über das hohe Preisniveau. "Die Preise sind ein Signal. Die Situation auf dem Markt ist angespannt. Wir sind alarmiert über die Zukunft", sagte Tanaka. Der Japaner ist seit September Nachfolger von Claude Mandil und setzt sich für eine engere Zusammenarbeit mit Asien und der Opec ein. "Wir haben einen Dialog, aber wir können mehr machen. Wir können noch enger kooperieren", sagte Tanaka.
Von Tobias Bayer (Frankfurt)
Quelle: Financial Times Deutschland
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