Jetzt muß ich auch noch die Neue Züricher lesen, nur weil der Bilanz gesperrt wurde. Man konnte sich immer absolut auf ihn verlassen, was die Außensicht auf den "Großen Kanton" angeht ! Könnte der nicht endlich mal wieder entsperrt werden ??
Aber die NZZ hat wie immer den richtigen Blick auf die Verhältnisse:
22. März 2005, Neue Zürcher Zeitung
Berlin als unberechenbarer Rüstungspartner
Deutsche Einwände gegen das Flugabwehrprojekt Meads
Die deutschen Grünen verzögern den Einstieg Deutschlands in die Entwicklung des Luftabwehrsystems Meads. Damit drohen Auseinandersetzungen mit den Konsortialpartnern USA und Italien. Um eine neuerliche Belastung des transatlantischen Verhältnisses zu vermeiden, wird in Berlin ein eigenwilliges Tauschgeschäft erwogen.
§ eg. Berlin, 20. März
Nachdem die Bundesrepublik vor drei Jahren das europäische Projekt eines militärischen Transportflugzeuges durch unsachgemässes Vorgehen vorübergehend gefährdet hatte, wird nun ein weiteres internationales Rüstungsvorhaben durch Querschüsse aus Berlin behindert. Die deutschen Grünen machen Front gegen das taktische Luftverteidigungssystem Meads (Medium Extended Air Defense System), dessen gemeinsame Entwicklung die USA, Deutschland und Italien verabredet haben. Wegen der Auseinandersetzungen im Regierungslager will Berlin offenkundig die Frist verstreichen lassen, die sich die drei Partner für den Einstieg in das Projekt gesetzt haben. Schutz für die Auslandseinsätze
Meads ist ein gutes Beispiel dafür, wie die deutsche Sicherheitspolitik nach wie vor durch die überkommenen ideologischen Prämissen eines der Koalitionspartner belastet wird. Die Grünen mussten in den vergangenen sechseinhalb Jahren ihre Zustimmung zu vielem geben, was ihren Grundüberzeugungen zuwiderlief - unter anderem zur deutschen Beteiligung am Kosovo-Krieg. Umso lieber profilieren sie sich als Kämpfer gegen den Militarismus bei Vorhaben, die nicht unmittelbar eine Koalitionskrise auszulösen vermögen. Die Grünen bezeichnen neuerdings Meads als nicht mehr vermittelbar, weil Deutschland im Umkreis von 1000 Kilometern nur noch von befreundeten Staaten umgeben sei und daher keine klassische Luftverteidigung mehr benötige.
Mit dieser Argumentation wird nicht nur der Umstand unterschlagen, dass der Bundestag seit dem Jahr 2001 das Projekt - unter grüner Beteiligung - in zwei Arbeitsgruppen gründlich evaluiert und für gut befunden hat. Vor allem ignoriert die Debatte die mit Meads verbundenen Innovationen: Das System, das ballistische Raketen, Flugzeuge und Marschflugkörper gleichermassen abzuwehren vermag, soll laut Herstellerangaben voll lufttransportfähig sein. Ausserdem kann Meads Ziele aus jeder Richtung erfassen und zerstören. Es ist damit zum Schutz deutscher Truppenkontingente im Ausland geeignet. Das multinationale Militärlager in Kabul wurde beispielsweise bereits einmal Ziel eines Raketenbeschusses.
«Es besteht ein erhebliches Risiko, das bei keiner Mission auszuschliessen ist», konstatiert der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels, der im Verteidigungsausschuss das Beschaffungsvorhaben federführend betreut. Er unterstreicht besonders die Fähigkeit, grössere Kurzstreckenraketen abzufangen. In vielen Konfliktgebieten sind solche Waffen meist sowjetischer Bauart vorhanden. Veränderte Bedrohungslage in Europa
So wie das deutsche Verteidigungsministerium Meads zu beschaffen gedenkt, wird von vorneherein auf die veränderte Bedrohungslage in Europa Rücksicht genommen. In der Vergangenheit schützte die Bundesrepublik ihren Luftraum mit 48 Patriot-Einheiten, 36 Hawk-Einheiten und 20 Roland-Batterien. Sie waren nach Osten ausgerichtet und entweder gar nicht oder nur eingeschränkt innert nützlicher Frist über grosse Distanzen verlegbar. In Zukunft will die Bundeswehr nur noch 12 Meads- und 12 Patriot-Einheiten unterhalten. Man reduziert die klassische Luftverteidigung ohnehin auf das unverzichtbare Minimum, wodurch der zentralen Forderung der Kritiker Rechnung getragen wird.
Der Beitrag der Bundesrepublik zur Entwicklung von Meads beträgt rund eine Milliarde Euro. Darin enthalten sind die Ausgaben für einen deutschen Sonderweg: Um Kosten zu sparen, will die Bundeswehr neben dem für Meads eigentlich vorgesehenen Flugkörper Patriot PAC-3 auch die vom Eurofighter stammende Rakete Iris-T einsetzen. Die Iris-Rakete besitzt nur ein verringertes Leistungsspektrum, ist aber trotz den Aufwendungen für die Anpassung an den neuen Einsatzzweck billiger. Der augenblickliche Streit dreht sich nur um die Zustimmung des Bundestags zu den Entwicklungskosten. Die Beschaffung von 12 Systemen bis zum Jahr 2025 schlägt mit weiteren 2,85 Milliarden Euro zu Buche.
Seltsames Tauschgeschäft?
Ein Ausstieg Deutschlands aus dem einzigen nennenswerten transatlantischen Rüstungsvorhaben ist kaum vorstellbar, da dies die latenten Spannungen zwischen Berlin und Washington wieder verstärken würde. So konzentrieren sich die Überlegungen auf die Frage, wie den Grünen die Zustimmung zu Meads schliesslich abgehandelt werden kann. Von grüner Seite wurde ins Spiel gebracht, die Bundeswehr könne doch auf die Panzerabwehrrakete Pars 3 verzichten, obwohl diese ein zentrales Element der Bewaffnung für den Tiger-Helikopter ist. Diesem Vorschlag werden in Koalitionskreisen gute Chancen eingeräumt - ein typischer rot-grüner Kuhhandel in der Verteidigungspolitik also.
MfG kiiwii
[Übrigens: In diesem Land sind 5.216.434 Menschen arbeitslos.]
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