Die Stille im Forum ist m.E. ein klares Zeichen dafür, dass die Kurzfrist-Zockerkarawane weitergezogen ist. Dafür sprechen auch die aktuell sehr schwachen Tagesumsätze, wobei die Xetra Schlussauktion der letzten zwei Handelstage erfreulich positiv verlief, was mich zu der Annahme leitet, dass wir in unmittelbarer Nähe zur SMA100 (aktuell 1,917) einen ernsthaften Bodenbildungsversuch sehen könnten. Nachdem sich die Hoffnungen auf einen stärkeren Rückgang der Juni-Inflationsdaten nicht erfüllt haben und mithin die Hoffnung auf eine - unerwartete - EZB-Zinssenkung bei der Juli-Tagung endgültig gestorben sein dürfte, ist die Aktie für Daytrader kurzfristig uninteressant geworden.
Bis zu den Halbjahreszahlen am 28.08.2024 dürfte nachrichtentechnisch hier erstmals Ebbe herrschen. Die fleißige Berichterstattung des Unternehmens über Neuvermietungen, Breeam Zertifizierungen etc. scheint die Börse ja nicht wirklich zu interessieren, was definitiv schade ist, weil sich dort operativ ein ganz anderes Bild zeigt als in den Medien und bei Analysten, die immer wieder auf dem Thema Gewerbeimmobiliencrash herumreiten, obwohl die Entwicklungen in Deutschland und USA himmelweit auseinanderklaffen und Aroundtowns Leerstandsquoten bei Büroimmobilien nicht näherungsweise mit Horrorzahlen (Leerstand > 25%) des US-Markts vergleichbar sind. Wer sich ein eigenes Bild über die Qualität des Gewerbeimmoportfolios machen will, möge sich einmal Zeit für das Studium der News unter https://www.mynewsdesk.com/de/aroundtown nehmen und die Fotos der einzelnen Immobilien betrachten. Möglicherweise kommt er oder sie dann auch zu dem Schluss, dass Aroundtowns Gewerbeimmobilienportfolio zu einem Großteil aus High-Quality Immobilien in Toplagen besteht, die sich auch zukünftig weiterhin hoher Beliebtheit bei Mietern wie auch potenziellen Kaufinteressenten erfreuen werden.
Wer das Aroundtown oder Immobilienunternehmen an sich hasst oder lieber auf schnelle Shortgewinne aus ist, wird sich um die Fundamentaldaten des Unternehmens vermutlich keinen Deut scheren. Darüber hinaus scheint es vielen Aktionären mittlerweile schlicht zu anstrengend zu sein, sich mit Unternehmenskennzahlen und Quartalsberichten auseinanderzusetzen, wenn Roaring Kitty und andere Meme-Stock-Jünger ultraschnelle Gewinne ohne jedwede Hirnleistung versprechen. Auf lange Sicht geht der Aktienmarkt vor die Hunde, wenn dieser Art von Casino-Mentalität nicht endlich seitens Börsenaufsicht, Politik und Analysten Einhalt geboten wird.
Allerdings sehe ich es durchaus positiv, wenn hier im Forum nicht täglich neue charttechnische Kursziele verkündet werden, um die Tradingaktivitäten anzuheizen. Immobilieninvestitionen leben von Langfristigkeit. Hier ändert sich fundamental rein gar nichts, wenn in Peking ein Radl umfällt oder die EZB Zinsen etwas früher oder später senkt. Dank 3 MRD EUR Cashreserven kann Aroundtown der Entwicklung von Zinsen und Immobilienpreisen in den nächsten 24 Monaten ganz entspannt zuschauen, ohne irgendetwas tun zu MÜSSEN als das operative Geschäft zu pflegen, Mieten zu vereinnahmen, Leerstände zu beseitigen...
Bis einschließlich 2026 dürfte der FFO stabil über 250 Mio € p.a. liegen. Würde der EZB-Leitzins bis zum Auslaufen der ersten großen Anleihen in 2026 nicht sinken, dürfte sich der durchschnittliche FK-Zins bis 2027 von aktuell noch knapp über 2% auf ca. 4% verdoppeln. Vom Zinstief in 2021 nahe 1,4% entspräche dies in etwa einer Verdreifachung der Zinsbelastung. bezogen auf 10 MRD EUR Nettofinanzverschuldung ergäben sich jährliche Zinskosten von 400 Mio €. Hinzu kämen ca. 7% Zinsen für gut 4 MRD € perpetuals, aus Sicht der Aktionäre also nochmals ca. 280 Mio € zusätzlicher Zinsaufwand.
Ohne deutliche Mietsteigerungen und Kostensenkungen würde sich der heute bei ca. 280 Mio € liegende FFO zinssteigerungsbedingt bis 2027 auf nahe NULL EUR reduzieren, was erklärt, warum Analysten wie Goldman und Co. weiterhin derart negativ für Aroundtown eingestellt sind, weil sie ihre Kursziele ausschließlich via DCF-Verfahren auf Basis des operativen Cashflows bzw. des FFO1 ableiten.
Was Analysten und Kapitalmarkt dabei komplett übersehen zu scheinen ist der Fakt, dass insbesondere bei Immobilienunternehmen neben DCF- bzw. Ertragswerten stets auch der Substanzwert berücksichtigt werden muss. Aroundtowns Verschuldung steht ein Immobilienvermögen gegenüber, dass durch Verkäufe zur Entschuldung herangezogen werden kann. Im Privatvermögen käme niemand auf die Idee, den Wert einer Immobilie ausschließlich nach dem operativen Cashflow zu beurteilen. Als Sicherheit für das Darlehen dient stets der Marktwert der Immobilien. Solange der Marktwert des Immobilienportfolios den Nominalwert der Fremdfinanzierung, im Fall von Aroundtown sind das 10 MRD Bankdarlehen und Anleihen sowie 4 MRD perpetuals, deutlich übersteigt.
Um die aktuelle MKAP von gut 2 MRD EUR substanziell rechtfertigen zu können, müsste der Marktwert des Immobilienportfolios mindestens 17 MRD EUR (inkl. 1 MRD EUR Sicherheitszuschlag) betragen. Tatsächlich liegt der Marktwert des Immobilienportfolios deutlich über 20 MRD EUR, woraus ein über 7 EUR je Aktie liegender Substanzwert (NAV) resultiert.
Solange der Ertragswert und Substanzwert ein derart großes Missverhältnis aufweisen, kann Aroundtown den Shareholder Value durch Entschuldungsmaßnahmen (-> Immobilienverkäufe, Rückkauf von Anleihen und Perpetuals unter Nennwert) signifikant steigern.
In einer Situation wo Zinssätze nahe oder sogar über der Mietrendite (aktuell ca. 5%) liegen, wirken Entschuldungsmaßnahmen stark positiv auf den FFO1, solange Immobilienverkäufe nahe Buchwert realisiert werden können, was Aroundtown in den letzten Jahren immer wieder unter Beweis gestellt hat. Meiner Ansicht nach sind Prognosen von Analysten, die ein nachhaltiges Absinken des FFO1 unter 100 Mio € oder gar Richtung Null EUR prognostizieren, vollkommen realitätsfremd, weil sie implizieren, dass Aroundtown keine signifikanten Entschuldungsmaßnahmen durchführt und das Zinsniveau in der EURO-Zone dauerhaft auf dem aktuellen Niveau verbleibt, dass ein Rekordhoch in der noch jungen Lebensdauer des EUR ab dem 01.01.2002 darstellt.
Ich habe weitaus mehr Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Aroundtown Managements und glaube zudem keine Sekunde daran, dass die von Überalterung und Arbeitskräftemangel getragene Wachstums- und Konsumschwäche in Euroland urplötzlich verschwunden sein soll, nachdem uns eben diese Wachstumsschwäche im Nachgang der Finanzkrise 10 Jahre Nullzinspolitik und Miniinflation beschert hat. Ich erachte es als wesentlich wahrscheinlicher, dass nach "Verdauung" der angebotsseitigen Inflationsschocks durch Corona und Ukraine-Krieg eher ein Rückfall auf Nullinflation denn ein nachhaltiger Inflationsanstieg über 3% ergeben wird. Mithin sehe ich die Leitzinsen der EZB bei 2026 eher bei 2% als bei aktuell 4,25%. Die Konditionen für ein erstrangig besichertes 10 jähriges Immodarlehen sollten demnach bis 2026 wieder klar unter 3% sinken.
Zudem gehe ich davon aus, dass sich der in Q2 2024 bereits bundesweit sichtbar gewordene Preisanstieg für Wohnimmobilien verstetigt und wir vor dem Hintergrund eines eklatanten Wohnraummangels in deutschen Großstädten ab 2024 wieder stetig steigende Wohnimmobilienpreise und mit leichtem Verzug ab 2025 auch wieder stetig steigende Gewerbeimmobilienpreise sehen. Wie einige Vorredner gehe auch ich davon aus, dass wir zum Halbjahresbericht letztmals eine Wertberichtigung des Immobilienportfolios sehen werden, wobei diese durch gegenläufige Effekte im GCP-Wohnimmobilien- sowie im Hotelportfolio durchaus so niedrig ausfallen könnte, dass Aroundtown im Geschäftsbericht für 2024 bereits wieder einen kleinen Konzerngewinn und mithin einen leichten Anstieg von Eigenkapital und NAV je Aktie ausweisen kann, während die aktuellen Factset-Schätzungen für 2024 noch einen Verlust von 73 Cent je Aktie prognostizieren. Somit sehe ich gewinnseitig bereits im laufenden Geschäftsjahr deutliches Überraschungspotenzial. Ob das Dauerpessimisten von Dt. Bank und Goldman Sachs dazu bringt, ihre grottenschlechten Aktienanalysen zu überdenken, ist dennoch fraglich. Einige Analystenhäuser wollen bei Aroundtown wohl weiterhin lieber schnelles Geld mit Shortpositionen verdienen und glauben erst an bessere Zahlen für 2024ff, wenn Aroundtown diese tatsächlich präsentiert hat... Der Crash im Frühjahr 2023 hat das Sentiment für Aroundtown derart beschädigt... bis neues Vertrauen auch beim letzten Analysten wächst, benötigt man wohl mindestens weitere 12 Monate... AT1 = Langfristanlage!
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