Beige Book: Arbeitskräfte- und Angebotsengpässe belasten Wirtschaft
WASHINGTON (Dow Jones) - Die US-Wirtschaft ist nach einer Erhebung der US-Notenbank in den meisten Fed-Bezirken mit einer bescheidenen bis moderaten Rate gewachsen. Allerdings hätten mehrere Distrikte über ein verlangsamtes Wachstumstempo berichtet, was durch Unterbrechungen der Lieferkette, Arbeitskräftemangel und Unsicherheit im Zusammenhang mit der Delta-Variante des Coronavirus zusammenhänge, wie aus dem aktuellen Konjunkturbericht Beige Book der Federal Reserve hervorgeht. Die Mehrheit habe ein Wachstum der Verbraucherausgaben gesehen, allerdings seien die Autoverkäufe aufgrund niedriger Lagerbestände und steigender Preise zurückgegangen. Die Reise- und Tourismusaktivität habe variiert, wobei einige einen andauernden oder zunehmenden Freizeitreiseverkehr verzeichneten, während andere Rückgänge verzeichneten, die mit dem Anstieg der Covid-Fälle zusammenfielen. Das verarbeitende Gewerbe habe ein "mäßiges bis kräftiges" Wachstum gesehen, ebenso wie der Güterverkehr.
Die Beschäftigung nahm laut Beige Book in den vergangenen Wochen in "bescheidenem bis mäßigem Maße" zu, denn die Nachfrage nach Arbeitskräften sei hoch gewesen. Allerdings sei das Wachstum durch ein geringes Angebot an Arbeitskräften gebremst worden. Besonders knapp sei das Job-Angebot im Transport- und Technologiebereich gewesen, während viele Einzelhandels-, Gastgewerbe- und Produktionsunternehmen über genügend Arbeitskräfte berichteten. Die Mehrheit der Distrikte meldete robuste Lohnzuwächse und die Unternehmen hätten die Einstiegsgehälter erhöht und zudem die Löhne für bestehende Mitarbeiter aufgestockt.
Zur Preisentwicklung heißt es im Beige Book, die meisten Bezirke hätten "deutlich" gestiegene Preise gemeldet, die durch die steigende Nachfrage nach Waren und Rohstoffen angeheizt worden seien. Fast alle Industriezweige hätten höhere Input-Kosten gesehen, was an der Produktknappheit durch die Engpässe in den Lieferketten liege. Ein weiterer Grund für den Preisdruck seien zunehmende Transport- und Arbeitskräfteengpässe sowie die Verknappung von Rohstoffen gewesen. Die Preise für Stahl, elektronische Bauteile sowie die Frachtkosten seien deutlich gestiegen. Viele Firmen hätten die Verkaufspreise erhöht, was darauf hindeute, dass sie angesichts der starken Nachfrage die Kostensteigerungen besser an die Kunden weitergeben könnten.
Bei den Erwartungen an die künftige Preisentwicklung habe sich ein unterschiedliches Bild gezeigt: Einige rechneten damit, dass die Preise hoch bleiben oder weiter anziehen, während andere davon ausgingen, dass die Preise in den kommenden zwölf Monaten nur moderat klettern dürften.
Mit dem Beige Book bereitet die US-Notenbank die jeweils nächste Sitzung des Offenmarktausschusses vor. Die US-Währungshüter nähern sich dem Tag, an dem sie die monatlichen Anleihekäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar zurückfahren werden, im Fachjargon "Tapering" genannt. Die US-Notenbank hat zuletzt signalisiert, dass sie im November mit der Rücknahme ihrer pandemischen Kaufprogramme beginnen könnte. Der Zinsausschuss der Fed revidierte seinen Begleittext zum Zinsbeschluss dahingehend, dass er den Beschluss zur Reduzierung der Wertpapierkäufe in Höhe von monatlich 120 Milliarden Dollar bereits bei der nächsten Sitzung am 2. und 3. November fassen könnte. / Quelle: Guidants News https://news.guidants.com
Fehlende Investitionen in fossile Brennstoffe rächen sich
Axel Botte, Marktstratege beim französischen Investmenthaus Ostrum Asset Management, rechnet damit, dass trotz der klimatischen Herausforderungen in den Vereinigten Staaten wieder mehr Schieferöl („Fracking“) produziert werden könnte. Bild: © Gernot Krautberger / Fotolia.com Ostrum Asset Management
Ostrum Asset Management
Die Wirtschaftsforschungsinstitute sehen in der aktuellen Energiekrise bereits eine Bremse für das Wirtschaftswachstum und haben deshalb ihre Wachstumsprognosen gerade wegen der Versorgungsengpässe drastisch gesenkt. Axel Botte, Marktstratege beim französischen Investmenthaus Ostrum Asset Management, erwartet durch den Anstieg der Gaspreise noch für mindestens sechs weitere Monate erhöhte Nachfrage nach Öl – IEA-Prognosen gehen von etwa 500 000 Barrel pro Tag aus – und rechnet damit, dass trotz der klimatischen Herausforderungen in den Vereinigten Staaten wieder mehr Schieferöl („Fracking“) produziert werden könnte.
Botte: „Der stärkere Einsatz von Kohle und Öl gibt ein Warnsignal für die Folgen der unzureichenden Investitionen in fossile Brennstoffe – und dies wenige Tage vor der COP26. Darüber hinaus hat der Anstieg der Gaspreise zu einem schwindelerregenden Anstieg der Düngemittelpreise geführt, die wiederum die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse in die Höhe treiben und zu Versorgungsengpässen im Metallsektor führen. Die Inflation ist ein heißes Thema, das sich bei den US-Zwischenwahlen im nächsten Jahr als zentrales Thema herausstellen könnte.
Denn der Anstieg des US-Verbraucherpreisindex um 5,4 % im September ist nicht nur auf offensichtliche Posten wie Energie und Lebensmittel, sondern auch auf beständigere Inflationskomponenten wie Mieten zurückzuführen. Die Märkte preisen nun ein Szenario eines raschen Rückführung der Anleihekäufe (innerhalb von 6 bis 8 Monaten) vor einer oder zwei Zinserhöhungen der Fed ab September 2022 ein. Dies verstärkt den Druck auf die kurzfristigen Zinssätze. Im Gegensatz dazu war die Nachfrage bei den Auktionen für 10- und 30-jährige US-Staatsanleihen in der vergangenen Woche sehr groß. Gleichzeitig haben die Anleger konvexe Strategien (wie z. B. Flattener) bevorzugt oder ihre steiler werdenden Positionen aufgelöst. MBS werden durch steigende Hypothekenzinsen belastet, da die Nachfrage nach Refinanzierungen nachlässt. Das Inflationsrisiko trägt zum Anstieg der Breakeven-Inflationsraten bei. Der 10-jährige Inflationsswapsatz liegt jetzt bei 277 Basispunkten.“
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