Die letzten Tage kamen schon relativ nahe ran an eine Kapitulation. In den USA hatten wir Tage mit fast allen Aktien im roten Bereich, das Sentiment der Privatanleger auf einem Jahrhunderttief, Put-Call über 1 e.t.c. Gleichzeitig fielen alle Assets: Bonds, Aktien, Gold. Crashähnliche Situationen am Devisenmarkt beim Pfund. Und zuletzt sind auch die Valuewerte unter die Räder gekommen. Telefonica D. nahe an der 2 Euro-Marke; jetzt ist es ein Nachteil ein hohes Gewicht im MDAX zu haben. Beim DAX fängt das letzte Flagship -DT - an zu stolpern. Es fehlt eigentlich nur noch Linde. In den USA sah es gestern lange danach aus, dass es jetzt zum Schluß auch noch Apple trifft. Wäre für mich ein Zeichen, dass der Markt weit unten ist. Aber ein Absturz von vielleicht 10% wurde durch die Rallye am Nachmittag verhindert. Apple schafte es zwar nicht ins Plus wie alle anderen DOW-Werte, aber das Minus war letztendlich erträglich. Die Rallye gestern war wohl im Prinzip überfällig, aber ob der Grund der richtige war bleibt anzuzweifeln. Die britische Notenbank kündigt an Anleihen zu kaufen - koste es was es wolle. Also ein extrem expansiver Schritt obwohl der Markt eigentlich etwas anderes anzeigt. Der Markt sagt, dass sich das Land zu stark verschuldet. Die Reaktion wäre eigentlich eine starke Zinserhöhung, aber die Reaktion war eher eine türkische Reaktion. Meine Vermutung ist, dass die zuletzt gesehene schnelle Bewegung Schieflagen im Markt geschaffen hat; vielleicht stand ein großer Marktteilnehmer kurz vor dem Kollaps. Anders kann ich mir die Aktion kaum erklären. Die Aktion ist m.E. kaum geeignet mittelfristig für Ruhe zu sorgen; erst recht kein Grund für eine Hausse in anderen Regionen. Die Briten werden nicht umhin kommen die Leitzinsen massiv zu erhöhen. Nichtsdestotrotz kommen wir jetzt in eine interessante Phase. Saisonal beginnt im Oktober die bessere Zeit an der Börse, oft allerdings erst nach einem Oktobercrash. Ich halte den für wenig wahrscheinlich aufgrund des starken Septemberrückgangens. Was könnte eine Wende auslösen? Schwache Arbeitsmarktdaten und insbesondere rückläufige Inflationszahlen. Ist m.E. in den USA nicht auszuschließen. Die Amerikaner interessieren sich kaum für Nordseegas; der Henry Hubb ist entscheidend und der ist zuletzt unter die Räder gekommen ebenso wie der Ölpreis. Zudem importiert man über den starken Dollar Deflation. Auch in Europa gibt es erste positive Aspekte. Die spanische Inflation kam heute deutlich tiefer als erwartet und deutlich tiefer als im Vormonat. Da ich mich momentan selbst hier aufhalte kan n ich den Eindruck durchaus bestätigen. Den Kaffee bekommt man immer noch für 1,20 Euro, ein Mittagsmenü ist mit etwas Glück für 10 Euro zu haben und E10 für unter 1,30. Die Spanier haben schon früh die Energiekosten gedeckelt und den Tankrabatt bis ans Jahresende verlängert. Es wird bei weitem weniger geklagt als in Deutschland. Es könnte im letzten Quartal also wieder zu einer Spekulation kommen über das Ende der restriktiven Geldpolitik. Die Frage ist wie man die kommende Rezession bewertet. Kurz - Lange. Stark - schwach. Meine wahrscheinlichere Variante ist, dass auch wegen der Saisonalität eher erstmal die optimistische Karte gespielt werden wird. Rückgang der Inflation auf ein erträgliches Niveau im Frühjahr und damit die Hoffnung auf eine milde Rezession. Notenbanken dann ab dem Winter eher auf der Seitenlinie. Diem Wahrheit sehen wir dann im nächsten Jahr. Bekommen wir eine weiche Landung hin oder wird sie hart und die Rezession lange andauern. Nach Goldman Sachs ist jetzt auch die Deutsche Bank ins Bärenlager gewechselt. Bei Goldman zweifele ich die Seriosität an. Die brauchen immer Dumme, die Ihnen folgen, damit die großen Wetten der Bank aufgehen. Also Vorsicht. Ich persönlich werde mich von nun an weitestgehend von der Shortseite fernhalten und Eher Einstiege auf der Longseite suchen. Telefonica D. sind bereits ins Portfolio gewandert; Fresenius kaufe ich auf jetzigem Niveau. Ich suche noch eine paar ausgebombte Techs, die einen gewaissen Value bieten, habe heute ABN Amro gekauft, denke an die Post. Also Werte, die auch eine Rezession gut überstehen können. Bin ich jetzt ein Bulle? Nicht wirklich, aber für die nächsten Monate kein Permabär mehr. Nicht berücksichtigt habe ich dabei natürlich den Krieg in der Ukraine. Eine Eskalation kann natürlich alles ändern, aber dann interessiert die Börse wohl auch nicht mehr.
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