ganz interessant.
Was macht die Fed nächste Woche?
von Jochen Steffens
Nächste Woche findet die Zinssitzung der Fed statt. Es herrscht nahezu einhellig die Meinung, dass die Fed die Zinsen unverändert lassen wird. Wir erinnern uns zurück, das war vor einigen Monaten noch anders. Da hoffte der Markt im März auf eine Zinssenkung. Aber die Fed hat bisher keine Andeutungen in diese Richtung gemacht. Die Hoffnung ist zerplatzt. Was man auch an der anhaltenden Seitwärtsbewegung im Nasdaq100 erkennen kann (seit November).
Zinsveränderungen wirken sich 6-12 Monate zeitversetzt auf die US-Wirtschaft aus. Wir erleben also aktuell die Auswirkungen der letzten Zinsschritte auf 5,25 % Mitte letzten Jahres. Die Konjunkturdaten der letzten Wochen zeigen somit auch ein sehr gemischtes Bild mit negativem Unterton. Keine Frage, die US-Wirtschaft taumelt ein wenig, die gute Zeit scheint erst einmal vorbei. Wie wird die Fed darauf reagieren? Dazu erst einmal die wichtigsten Faktoren für eine Zinsentscheidung:
Die Fed reagiert auf folgende drei Faktoren entsprechend der Auflistung gewichtet: Die Inflation
Wenn die Inflation zu sehr ansteigt, wird die Fed darauf reagieren, in dem sie die Zinsen erhöht. Das würgt die US-Wirtschaft ab und sorgt damit dafür, dass die Konsumenten nicht mehr so viel Geld ausgeben können, was sich sofort auf die Preisniveaus auswirkt.
Wenn hingegen die Gefahr einer Deflation zu erkennen ist, dann wird die Fed sofort die Zinsen massiv senken, um einer der gefährlichsten Seuchen des Wirtschaftssystem entgegen zu wirken. Das haben wir 2003 erlebt. Die US-Wirtschaft
Wenn die Wirtschaft in eine Rezession abgleitet (z.B.: ISM-Index drei Mal hintereinander unter 50 Punkte) dann wird die Fed, sofern nicht eine galoppierende Inflation droht, die Zinsen ebenfalls senken. Damit wird neues Geld in den Wirtschaftskreislauf gespült, die Wirtschaft kann sich erholen.
Zeigt die Wirtschaft Überhitzungserscheinungen, dann wird die Fed die Zinsen eher anheben, um ein Überschießen zu vermeiden. Die Märkte
Wenn durch bestimmte Faktoren, durchaus auch externe Faktoren (Irak-Krieg), die Märkte in Straucheln geraten, dann wird die Fed auch reagieren. Eigentlich ist das gar nicht so sehr ihre Aufgabe, aber aufgrund der großen Pensionsfond und anderen Faktoren würde ein zusammenbrechender Markt große Gefahren für das Finanzsystem USA bewirken. Zudem hat der Markt wiederum Einfluss auf die Wirtschaft. Alles eng miteinander verwoben
Zum Glück ist es so, dass die Faktoren natürlich alle eng miteinander verknüpft sind und in ihren Reaktionen eng miteinander korrespondieren: Geht es der Wirtschaft gut, dann werden die Unternehmen reichlich Gewinne abwerfen, die wiederum Aktionäre anlocken, die darauf spekulieren. Eine gut laufende Wirtschaft ist besonders am Anfang von steigenden Kursen begleitet. (Später setzt der Markt auf ein Ende des Booms). Bei einer brummenden Wirtschaft wird auch der Arbeitsmarkt entsprechend anziehen, die Löhne steigen. Das heizt den Konsum an – ein starker Konsum und steigende Löhne wirken sich preistreibend aus, sprich die Inflation nimmt zu. Sie sehen, wie eng das eine mit dem anderen verknüpft ist. Die hohe Kunst der Zinsdiplomatie
Die hohe Kunst der Leitzinspolitik ist also, diese drei Faktoren genau zu beobachten und entsprechend zu reagieren. Ziel ist es, Extreme zu vermeiden, was eigentlich, bis auf den 2000er Crash in den letzten knapp 20 Jahren gut gelungen ist (Ich hatte letzte Woche schon darauf hingewiesen, dass der 2000er Crash ohne den Anschlag am 11.September und den darauf folgenden Militäraktionen der USA wahrscheinlich schon 2001 vorbei gewesen wäre). Die aktuelle Situation
Schauen wir uns diese drei Faktoren an, erkennen wir folgendes: Die Inflationsgefahren sind in den USA deutlich gesunken, aber noch latent vorhanden. Gleichzeitig kühlt sich das US-Wirtschaftswachstum ab, was natürlich auch einen positiven, sprich dämpfenden Einfluss auf die US-Inflation haben wird.
Noch nicht abgekühlt hat sich allerdings der Markt. Trotz der gerade aktuellen Konsolidierung steht der Dow Jones immer noch über seinem Allzeithoch von 2000 und der S&P500 knapp unter diesem Allzeithoch. Lediglich der Nasdaq100 läuft seitwärts. Letzteres muss als Warnzeichen gesehen werden. Er zeigt als sehr früher Indikator eben diese wirtschaftliche Verlangsamung an, die wir nun auch in den Konjunkturdaten erkennen.
Betrachtet man diese Faktoren, dann ist die aktuelle Frage: Muss die Fed jetzt schon anhand der aktuellen Konjunktur- und Inflationsdaten eine Feinjustierung vornehmen und den Leitzins um 25 Basispunkte senken, oder aber wird die Fed die Zinsen unverändert lassen und erst einmal schauen, was passiert.
Einschub:
Wichtig ist zu begreifen, dass der Aktienmarkt im Moment kein Problem für die Fed ist. Das heißt, verbale Zinssenkungen sollte es eigentlich nicht geben. Denn verbale Zinssenkungen wirken sich lediglich auf die Marktpsychologie aus, das heißt, sie beeinflussen hauptsächlich die Aktien-, Devisen- oder Bondmärkte, nicht jedoch die US-Wirtschaft oder die Inflation. Eine verbale Zinssenkung ist somit eigentlich unnötig. Ben Bernanke versus Alan Greenspan
Unter Alan Greenspan hätte man also damit rechnen müssen, dass die Fed die Zinsen unerwartet senkt. Doch wir wissen: Ben Bernanke steht für eine „offene“ und „vorhersehbare“ Zinspolitik. Also hier ist ein solches Prozedere nicht zu erwarten. Aber Ben Bernanke ist Theoretiker und hat nicht die Erfahrung mit den Märkten. Die EZB kann es sich erlauben, alles offen zu legen – deren Politik hat kaum Einfluss auf die Weltwirtschaft (zumindest nicht in der Art, wie die US-Leitzinspolitik). Ich glaube die Fed kann es sich hingegen nicht erlauben, eine derart offene Zinspolitik zu führen. Wenn Ben Bernanke das nicht so einsieht, werden die Märkte es ihm auf schmerzhafte Art und Weise beibringen, da jedes Wort der Fed von den Märkten auf die Goldwaage gelegt werden wird.
Das heißt, wir müssen davon ausgehen, dass die Fed, obwohl es eigentlich unklug in der aktuellen Situation ist, eine Zinsentscheidung vergleichsweise deutlich früh ankündigt, sprich eine verbale Zinssenkung vornimmt. (Das würde natürlich die Märkte anfeuern, weil sie das nicht gewohnt sind.). Aktuell ist aber aus Sicht der Fed dafür zur Zeit kein Platz, zumindest wenn man den letzten Statements glaubt und sie die Politik der Vorhersehbarkeit ernst nimmt. Der US-Immobilienmarkt
Es gibt noch einen Punkt, der unbedingt zu beachten ist. Der US-Immobilienmarkt. Hier hört man in den letzten Tagen vermehrt davon, dass Hypothekenfinanzierer Konkurs anmelden. Der aktuelle Zinssatz ist eigentlich für den Immobilienmarkt etwas zu hoch. Hier würde eine Entspannung Not tun. Gerade auch weil sich der einbrechende Immobilienmarkt über den Konsum, aber auch auf vielfältige andere Art und Weise sich auf die US-Wirtschaft auswirkt. . Die Feinjustierung
Meines Erachtens wäre es sinnvoll, jetzt den Zinssatz um 25 Basispunkte auf 5 % zu senken. Quasi als Feinjustierung. Natürlich verbunden mit dem Hinweis, dass es nur ein regulativer Zinsschritt sei und voraussichtlich keine weiteren folgen werden, damit die Märkte nicht überreagieren. Ich bin aber vergleichsweise sicher, dass die Fed unter Ben Bernanke ganz anderer Meinung ist und weiterhin eine Politik der ruhigen Hand anstrebt.
Und meines Erachtens ist das die große Gefahr für die Märkte. Wie ich hier schon sagte, ich bin bei weitem nicht mehr so bullish, wie ich es in den letzten Jahren seit 2004 durchweg gewesen bin. Ich sehe die Möglichkeit, dass wir in diesem Jahr auch eine längere Konsolidierung durchmachen. Eine Konsolidierung, die aber sehr gesund wäre, keine Frage. Denn durch den aktuellen Einbruch ist schließlich die Gefahr eines Septembercrashs gesunken.
Ob es allerdings zuvor noch zu einem starken Ausbruch nach oben kommt, oder nicht, dass ist die Frage, auf die ich noch(!) keine Antwort habe. Denn dabei handelt es sich um ein kurzfristiges Szenario. Hier spielt wesentlich mehr Psychologie und Geld eine Rolle, als die fundamentalen Rahmendaten. Es wird also viel von den Wirtschaftsdaten dieser Woche und dem Fed-Statement nächster Woche abhängen. Wir können nur beobachten, wie sich das große Geld positioniert und uns an dessen Fersen klemmen. Das werden wir in den nächsten zwei Wochen erkennen. Dazu mehr natürlich wie immer hier in Ihrem Investor's Daily.
http://www.finanznachrichten.de/...ichten-2007-03/artikel-7888788.asp
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