Warum Hartz IV besser ist als sein Ruf
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DIE WELT:
Nur so kann Hartz funktionieren
Der Kündigungsschutz muss massiv gelockert, die Macht von Gewerkschaften und Betriebsräten weiter zurückgedrängt werden
von Roger Köppel
"Der Staat streicht den Arbeitslosen Geld, aber er lässt das System intakt, das die Arbeitslosen produziert."
Deutschland krankt an Reformstress, aber die Diskussion läuft in die falsche Richtung. Auf der einen Seite stimmt es schon: Hartz IV ist notwendig und sinnvoll. Der Rückbau wohlfahrtsstaatlicher Leistungen erhöht den Druck, er beseitigt die Illusion, es könne dem Staat die Verantwortung für die Existenzsicherung seiner Bürger vollends übertragen werden. Es kann nicht sein, dass die öffentliche Hand die Leute an der produktiven Arbeit hindert, indem sie sie mit Subventionen ruhig stellt. Wer matrixmäßig an den Versorgungsschläuchen des Sozialwesens hängt, wird entmündigt und entwürdigt, wie es den Grundsätzen einer liberalen Gesellschaft widerspricht.
Nur: Hartz allein ist eine Crash-Reform. Sie beseitigt nicht die Umstände, aus denen sie geboren wurde. Der Staat streicht den Arbeitslosen Geld, aber er lässt das System intakt, das die Arbeitslosen produziert. Unter dem windigen Begriff des "Sozialen" wird eine Debatte abgewürgt, die notwendigerweise zu führen wäre: Ohne eine massive Deregulierung des deutschen Arbeitsmarktes wird die Hartz-Reform verpuffen. Sie bliebe nachgerade ungerecht, weil sie nicht an die Grundlagen der Misere rührt. Hartz wird keine neuen Stellen schaffen. Genauso wenig wie die überblähte Vermittlungsbürokratie, die zu 90 Prozent damit beschäftigt ist, sich selber zu verwalten. Dem SPD-Chef Müntefering muss entschieden widersprochen werden: Unsozial ist nicht, wer nach einer Aufbrechung des Arbeitsmarktes verlangt. Unsozial ist, wer sich diesem Gespräch verweigert.
Man muss sich das Problem vor Augen halten: Deutschland hat einen hoch geschützten, überregulierten Arbeitsmarkt. Eine unheilige Allianz aus Firmen, Gewerkschaften, Betriebsräten und Angestellten verbarrikadiert sich mit Hilfe der Parteien gegen die Zumutungen des Wettbewerbs. Das Kartell drückt für sich die Löhne künstlich hoch, erschwert unternehmerisches Handeln und vernichtet dadurch Arbeitsplätze. Bisher konnten die Arbeitslosen durch unbegrenzte staatliche Beihilfen narkotisiert werden. Jetzt geht das Geld aus, aber die Ungerechtigkeit bleibt: Das Kartell schützt sich auf Kosten der Verdrängten und Geschwächten weiterhin. Darin liegt der moralische Skandal, den die SPD-Agenda nicht beheben wird. Wer Hartz sagt, muss auch den Kündigungsschutz beenden.
Natürlich haben die Kritiker ein bisschen Recht: Die Aufhebung des Kündigungsschutzes allein wird noch kein Paradies der Vollbeschäftigung erzeugen. Zu zahlreich sind andere Behinderungen der Marktwirtschaft, die den deutschen Standort drangsalieren. Aber der Kündigungsschutz und die mit ihm befestigte Vormacht von Gewerkschaften und Betriebsräten im Produktionsprozess sind bedeutende Faktoren der Wachstumsverhinderung. Man könnte eine akademische Debatte darüber eröffnen, aber schauen wir die simplen Fakten an. Länder mit lockerem Kündigungsschutz oder gar keinem haben eindeutig geringere Arbeitslosenquoten. Kommen tiefere Tariflöhne hinzu, schwindet auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen. Das ist weder ungerecht noch unsozial, vielmehr Ausdruck einer gesunden Wettbewerbskultur. Im deutschen Verständnis ist der Arbeitsplatz ein Grundrecht, das man sich von Staates wegen sichern lassen will. In marktwirtschaftlich imprägnierten Kulturen ist der Arbeitsplatz eine Belohnung für geleistete und immer wieder zu leistende Anstrengungen im freien Wettbewerb. Wir sprechen hier nicht von neodarwinistischen Exzessen, wir sprechen von einer der grössten Errungenschaften des Abendlands. Beim alten Hegel hiess es sinngemäss: Nicht Herkunft, Hautfarbe oder Konfession sollen über den Wert einer Person entscheiden in der bürgerlichen Gesellschaft, sondern die Leistungen, die sie in den Augen anderer erbringt.
Der Kündigungsschutz ist nicht nur sachlich, er ist auch philosophisch falsch. Er behindert den freien Zugang zum Wettbewerb, er diskriminiert jene, die entweder durch eigenes oder fremdes Verschulden aus dem Arbeitsprozess geworfen wurden. Die Befürworter wenden ein, in Deutschland sei die Flexibilität am Arbeitsplatz schon gross genug. Studien der OECD belegen das Gegenteil. Im Jahr 2002 wurden 300.000 Gerichtsfälle zum Kündigungsschutz verhandelt. Institute haben errechnet, dass sich die Entschädigungen an Entlassene im Jahr 2000 auf mehr als ein halbes Prozent der gesamten Arbeitskosten beliefen - und das in einem Boomjahr. Auch die angebliche Kulanz der Betriebsräte ist laut OECD-Berichten Wunschdenken. Noch immer endet in Deutschland jede vierte Kündigung vor Gericht. Firmen stellen selbst bei guter Umsatzentwicklung keine Leute an, weil sie sie bei schlechter Konjunktur nicht mehr loswerden. Es profitieren die Anwälte, die an den staatlich verordneten Leerläufen Geld verdienen. Das deutsche System ist ein Relikt aus Zeiten der industriellen Massenfertigung. Damals funktionierte die Maschine perfekt. Inzwischen sind die flächendeckenden Regelungen, Absicherungen und Vorsorgemassnahmen zu Arbeitsplatzvernichtungswaffen geworden.
Liberale Reformen erfordern und fördern Angstfreiheit und Zukunftsvertrauen. Es gibt kein Gesetz, das Deutschlands wirtschaftliche Potenz mit Garantie verbessert. Aber man kann die in einer Gesellschaft schlummernden Kräfte entfesseln, indem man die Leute den Chancen und Risiken der Freiheit aussetzt. Hartz IV funktioniert nur dann, wenn sich das politische Führungspersonal dazu durchringt, den Arbeitsmarkt nicht mehr unter Naturschutz zu stellen. Das eine folgt sachlich und logisch aus dem andern. Es mag ja sein, dass Gewerkschaften und Betriebsräte an Macht verloren haben, aber sie besetzen nach wie vor und zu Unrecht den "moral highground" gesellschaftlicher Debatten.
Dass die Bundesregierung unter Schröder mit ihrer Agenda Kurs halten will, ist begrüssenswert und verdienstvoll. Aber es ist halbherzig und in der Konsequenz riskant, weil ein halbierter Hartz die Reformen insgesamt gefährdet. Wird sich das rotgrüne Lager überhaupt an die notwendige Fortsetzung ihres Programms wagen? Die Kräfte scheinen aufgebraucht, die Einsicht ist bestenfalls zum Teil vorhanden. Dass gerade in dieser Situation die Opposition ein Stillhalteabkommen mit sich selber schliesst, mutet seltsam an. Hat man den inneren Frieden gemacht mit der Sozialdemokratie in den eigenen Reihen? Als Fraktionsvize Merz kürzlich seine Forderungen zum Kündigungsschutz bekräftigte, wehte ihm von seiten der Kollegen eisiges Schweigen, ja offener Widerspruch entgegen.
Hartz ohne Arbeitsmarktderegulierung ist ein Irrtum.
Wer erzählts als erster seinen Wählern?
Artikel erschienen am Mo, 30. August 2004
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- aber wer es nötig hat, alte (offensichtlich blödsinnige) Vorurteile zu verwenden ["Hartz wird keine neuen Stellen schaffen. Genauso wenig wie die überblähte Vermittlungsbürokratie, die zu 90 Prozent damit beschäftigt ist, sich selber zu verwalten."], zeigt nicht gerade objektive, an der Sache interessierte Denke auf.
- "Länder mit lockerem Kündigungsschutz oder gar keinem haben eindeutig geringere Arbeitslosenquoten. Kommen tiefere Tariflöhne hinzu, schwindet auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen. Das ist weder ungerecht noch unsozial, vielmehr Ausdruck einer gesunden Wettbewerbskultur." Yo, aber ist dem Autoren schonmal der Begriff "working poor" untergekommen?
- "Man könnte eine akademische Debatte darüber eröffnen, aber [...]" und dann dass: "Der Kündigungsschutz ist nicht nur sachlich, er ist auch philosophisch falsch." Ich lach mich schlapp...
- "Liberale Reformen erfordern und fördern Angstfreiheit und Zukunftsvertrauen." Steile These, zumindest Zweifel sollten erlaubt sein an der Behauptung. Warum schwafeln eigentlich immer nur die etwas von mehr "Eigenverantwortung", die absolut fest im Sattel sitzen?
Gruß
Talisker
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Hohe Kosten treiben Betriebe ins Ausland
30. August 2004
Die Abwanderung deutscher Unternehmen ins Ausland setzt sich fort und könnte in diesem Jahr einen neuen Höchststand erreichen. Parallel dazu reduzieren sie ihre Investitionen im Inland. Darauf deuten Ergebnisse einer unveröffentlichten Untersuchung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hin die dieser Zeitung vorliegt.
"Die Quote derjenigen Unternehmen, die sich in diesem Jahr außerhalb Deutschlands engagieren wollen, steigt spürbar auf 43 Prozent von zuletzt 38 Prozent an", heißt darin. Die Studie basiert auf Antworten von 7.500 Unternehmen. 1999 hatten erst 30 Prozent der Unternehmen Auslandsengagements angekündigt.
Arbeitskosten und bürokratische Anforderungen reduzieren
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben nannte es alarmierend, daß nach wie vor die Höhe der Produktionskosten in Deutschland das Hauptmotiv für Investitionsabsichten im Ausland sei. Deshalb sei es unverzichtbar, daß die Belastungen für die Industrie "durch beherzte Reformschritte bei den Arbeitskosten, bei den Steuern sowie bei bürokratischen Anforderungen deutlich reduziert werden".
Die Studie zeigt, daß die Firmen, die bereits ins Ausland gegangen sind, ihre dortigen Standorte zügig ausbauen wollen. Großen und mittelgroßen Unternehmen, die schon lange im Ausland aktiv sind, folge nun der Mittelstand. Der engagiere sich vor allem in den EU-Beitrittsländern Mittel- und Osteuropas. Großes Interesse gebe es in den Branchen Elektrotechnik, Textil- und Bekleidungsgewerbe, der chemischen Industrie und dem Maschinenbau. "Wir gehen davon aus, daß der Anteil im Ausland erbrachter Wertschöpfung an deutschen Produkten weiter wächst", sagte Wansleben. Laut Statistischem Bundesamt ist der Anteil von 27 Prozent im Jahr 1990 auf zuletzt 39 Prozent gestiegen.
Die anziehende Konjunktur kommt den Auslandsinvestitionen zugute
Im Inland sei die Investitionsbereitschaft der Betriebe nach wie vor gering ausgeprägt. Zudem seien Betriebe, die sich im Ausland engagierten, hierzulande zurückhaltend. Auch die anziehende Konjunktur - der DIHK rechnet 2004 mit einem Wachstum von zwei Prozent - komme den Auslandsinvestitionen zugute. Viele Unternehmen nähmen jetzt Projekte in Angriff, die bisher zurückgestellt waren. "Der ausländische Standort stellt zunehmend eine echte Alternative zur heimischen Produktion dar."
Der Boom der deutschen Exportwirtschaft helfe den deutschen Standorten wenig. Die Ausfuhrwirtschaft plane hierzulande "keine nennenswerten Kapazitätserweiterungen". Künftig sei zu befürchten, daß die Nachfrage nach deutschen Gütern ausländischen Standorten zugute kommen und im Inland wenig wirksam werde.
Verlagerung bedeutet weniger Arbeitsplätze
Als wichtigstes Motiv nennen die Unternehmen erneut die Kostenersparnis (39 Prozent). Durch Verlagerung wollen sie den hohen inländischen Standortkosten entgehen und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. An zweiter Stelle (36 Prozent) werden Absatzchancen durch Investitionen in Vertriebs- und Servicestrukturen und zur Markterschließung (24 Prozent) genannt. Verlagerungen aus Kostengründen bedeuteten weniger inländische Produktion, weniger Arbeitsplätze und letztlich weniger Konsum, sagte Wansleben.
Der überregulierte deutsche Arbeitsmarkt sei aber nicht in der Lage, die durch die Verlagerung verlorenen Arbeitsplätze durch neue zu ersetzen. Weitere Reformen seien unverzichtbar. Dazu gehörten neben der Wirtschafts- und Finanzpolitik die Bildungs- und Forschungspolitik. "Nur dann kann Deutschland die Chancen voll nutzen, die in der zunehmenden globalen Aufstellung der Unternehmen liegen", sagte Wansleben.
Aufforderungen von DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun, die Unternehmen sollten ihre Chancen im Ausland nutzen, hatten im März eine heftige politische Debatte ausgelöst. SPD-Politiker hatten Braun dabei vorgeworfen, er verhalte sich "vaterlandslos".
Text: ami., Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.08.2004, Nr. 201 / Seite 15
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BDI-Chef mahnt Kanzler zu höherem Innovationstempo
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hat Bundeskanzler Gerhard Schröder vor einem Scheitern seiner Innovationsoffensive gewarnt. Damit erhöht er den Druck auf den Kanzler in der Innovationsoffensive.
Der Kanzler habe zwar richtig erkannt, dass das Thema die gesamte Gesellschaft und damit auch alle Ministerien angehe, sagte Michael Rogowski der FTD. "Aber diese strategische Bedeutung von Innovation wird in der politischen Planung für die nächsten zwei Jahre noch gar nicht deutlich." Er erwarte, "dass die Regierung die Arbeiten ihrer Ministerien wirkungsvoller miteinander verknüpft", sagte der BDI-Präsident.
"Partner für Innovation"
Rogowski erhöht damit den Druck auf den Kanzler und dessen Initiative "Partner für Innovation". Zu diesem Zirkel hatte Schröder zu Jahresbeginn gut zwei Dutzend Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft geladen. Mit Bildungsministerin Edelgard Bulmahn und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement wollte die Runde eine Innovationsoffensive starten.
Als erstes konkretes Ziel vereinbarte die Runde, die hiesigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis 2010 auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr zu erhöhen. Dies entspräche einem Ausgabenzuwachs um rund 10 Mrd. Euro jährlich. Abgesehen von einem Elite-Programm für Universitäten - das aber auf Eis liegt - sind noch keine Ergebnisse der Arbeit bekannt.
Es geht um die Rahmenbedingungen
Rogowski warnte, Innovation sei "kein Thema allein für Wissenschaft und Forschung". Es könne daher auch nicht allein darum gehen, mehr Geld für Universitäten auszugeben. "Es geht vor allem um die Rahmenbedingungen, unter denen die Unternehmen hier bei uns im Land neue Produkte auf den Markt bringen können."
Er forderte von Schröder einen Gesamtplan für die Bildungs-, Forschungs- und Steuerpolitik. Der BDI habe dazu schon im Frühjahr "eine Art Blaupause" überreicht. "Das Thema fängt an bei der Schulausbildung künftiger Facharbeiter, Ingenieure und Wissenschafter", skizzierte Rogowski seine Vorstellung einer neuen Innovationspolitik. Wissenschaftler und Unternehmer sollten enger zusammenarbeiten. Zudem forderte der BDI-Präsident, "Tabus im Umwelt- und Verbraucherschutz" abzubauen. Die hierfür nötige politische Strategie sei in der Regierung aber nicht erkennbar.
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Also was wird uns und unsere Kinder erwarten? Ein Wirtschafts- und Lebensraum, der weniger von kleinen autarken Einheiten geprägt sein wird, sondern vielmehr von einer zentral steuernden Einheit, die das ganze Spektrum politischer Vielfalt enthält. Zudem wird diese Einheit schwerfällig und hoch bürokratisch sein (in Folge der Vielstimmigkeit). Also ein Vielparteienparlament mit der ganzen Bandbreite von extrem links bis extrem rechts. Etwas was wir bisher in Deutschland aus eigener Erfahrung abgelehnt haben.
Das zukünftige Europa wird geprägt sein von Gleichmacherei. Neben Löhnen, Sozialversicherungen, Gesetzen, Bildung usw. werden breite Teile der gesamten Lebensweise hiervon betroffen sein. Die verschiedenen Orte werden allenfalls noch Unterschiede im Klima und in der sich immer mehr verwischenden Mentalitäten aufweisen.
Der Weg dorthin wird auch neue Möglichkeiten und Chancen eröffnen. Es werden aber auch viele Menschen, besonders die, die von einem hohen Standard kommen, auf der Strecke bleiben (starke Einbußen hinnehmen müssen). Als Vergleich können sicherlich die USA genommen werden, mit dem Unterschied, daß die USA sich historisch entsprechend entwickelt haben und weltweit ihre Lebensart durch militärische Präsenz und durch die Dominanz in vielen global bestimmenden Institutionen abgesichert haben.
Die Vorteile eines gemeinsamen, offenen Europa sind aber wohl eher begrenzt. Sie beschränken sich z.B. auf eine gemeinsame ökologisch sinnvolle Energiepolitik, Entwicklung größerer wirtschaftlicher Projekte oder dgl.. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen in der Breite oder doch zumindest ein halten des Standards, wie wir es in Deutschland bisher gewohnt sind, kann es vorläufig nicht geben. Ich halte dies bei unseren Systemen sogar für ausgeschlossen im Hinblick auf die heute mögliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der Erkenntnis, daß Binnenmärkte allein keinen zusätzlichen Wohlstand bringen.
Es ist also politische Augenwischerei, wenn man Diskussionen wie Hartz 4 oder sonstige Reformen nur mit den Augen Deutschlands betrachtet. Fast alles was wir (im Sinne von Reformen) diskutieren ist eine Folge des offenen Europas und wird gerne mit dem abstrakten Begriff Globalisierung kaschiert.
Globalisierung ist eher ein Begriff der Unternehmenswelt und kennzeichnet die Ausdehnung der Großkonzerne, die sich immer weniger weder juristisch, noch politisch kontrollieren lassen. Vielmehr erfolgt hier eine Umkehrung und politische Entscheidungen werden durch wirtschaftliche Macht bestimmt. Das dies für eine gesunde und funktionierende demokratische Gesellschaft nicht gut sein kann, erleben wir täglich, da die Zahl wirklich unabhängiger Unternehmen und Parteien abnimmt.
Und wenn diese Elefanten, ob sie nun Europa oder Großkonzern heißen einmal wirklich krank werden, dann wird es uns an Alternativen fehlen.
Wir steuern auf eine Zukunft zu, die geistig und kulturell immer mehr verarmt. Statt Vielfalt wird uns Langeweile geboten werden. Und wir vermitteln mehr Wissen denn je, aber nicht mehr die Fähigkeiten dieses Wissen auch sinnvoll anzuwenden.
Deutschland ist tot, es lebe Europa. Ob dies wirklich ein Vorteil ist möchte ich stark bezweifeln.
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dass dein ganzes Posting mit dem für mich kaum noch erträglichen Jammerton ("früher in den guten alten Zeiten war alles besser") unterlegt ist, sprichst du eine Reihe von wichtigen Problemen an, die alle mit der EU-Zentralisierungswut zu tun haben, die gleichzeitig auch eine Bürokratisierungswut beinhaltet. Weder ist Deutschland noch irgend ein andres EU-Land tot. Ich setze nach den Jahren des Vorantreibens der Zentralisierung auf eine Gegenbewegung der Regionalisierung wesentlicher Kompetenzen. Kulturell stehen wir Europäer alle zusammen wesentlich stärker unter dem Einfluss der USA, als dass wir uns hier gegenseitig nivellieren würden. Und das schon seit 1945. Daran ändert die EU nichts. Die Nivellierung hat eher mit dem technologischen Fortschritt zutun, der den Alltag neu und eben überall ähnlich strukturiert. Ob einem das gefällt oder nicht: Unser aller Wohlstand hängt weitgehend von diesem Fortschritt ab und Europa hat sicherlich möglicherweise kulturell höher differenzierte, aber dafür, was den Lebensstandard angeht, wesentlich schlechtere Zeiten gesehen.
Was du Lohndumping und sozialen Kahlschlag nennst und was du richtiger Weise als Anpassungsprozess an das offenere internationale Konkurrenzfeld siehst, ist weder gut noch böse, sondern einzig und allein der Tatsache zuzuschreiben, dass wir den erreichten Wohlstand nicht aus eigener Kraft halten können, sondern wirtschaftlich den Weltmarkt brauchen, wie die Luft zum Atmen. Und das ist halt keine Einbahnstraße: Auch die anderen wollen an die Fressnäpfe. Und um dort hinzukommen, wird zu Recht jeder Heimvorteil ausgenutzt. Bisher gings uns super und den meisten anderen weniger gut bis zu ganz beschissen. Auch das nivelliert sich - teilweise natürlich auch zu unseren Ungunsten.
Und damit müssen wir uns dieser Konkurrenz stellen. Und wir haben gute Voraussetzungen dafür. Allein: Mit jammern über Hartz4 werden wir keinen Blumentopf gewinnen.
Wir brauchen vor allem einen vernünftigen Plan, um die Schere zwischen hohem Brutto (= hohe Arbeitskosten) und niedrigem Netto (= geringe Binnennachfrage) eher zu schließen, als weiter zu öffnen. Und dazwischen liegen nunmal: Krankenkassenbeiträge, Rentenbeiträge, Arbeitslosenversicherung und Steuern. An allen diesen Baustellen muss gearbeitet werden. Und deshalb drehen sich ja alle Diskussionen und Reformansätze um diese Bereiche. Die Schere schließen heißt hier halt: beschränken auf das Allernotwendigste. Der Rest ist Privatsache.
Gruß BarCode
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Deutschland hat immer vom Weltmarkt gelebt. Unser aussergewöhnlicher Wohlstand begründet sich auf unseren Export und nicht auf unsere Binnenwirtschaft.
Was du Jammern nennst, nenne ich für mich die Puzzleteile sinnvoll ergänzen. Bisher bestätigt (und das seit Jahren) mich die Lektüre unterschiedlicher Zeitungen und die eigene Wahrnehmung nur bei dem, was ich für die Zukunft vermute.
Seit Jahren geht es in unserem Land bergab, ohne daß auch nur der Ansatz einer Trendumkehr erkennbar ist. Natürlich kann man über Ursachen und Lösungvorschläge unterschiedlicher Meinung sein.
Es gibt aber auch Fakten, die man vielleicht zeitweise verdrehen kann, die aber immer die endgültige Richtung bestimmen werden. Da wo die Kassen leer sind, muß entweder mehr reinkommen, bezuschußt oder aber gekürzt werden. Es bleibt für mich dabei, Reformen heißen in diesem Land Erhöhung der Abgaben oder Kürzung der Leistungen.
Wir haben keine wirklichen Reformen, die die Arbeitsplätze in unserem Land halten oder gar neue, gleichwertige anlocken oder entstehen lassen. Aber nur eine hohe Beschäftigung garantiert das Funktionieren unserer Systeme. Mit den selbst auferlegten Sparzwängen (zumindest die Wahl des falschen Zeitpunkts) unserer Regierung wurde die Situation zusätzlich verschärft.
Es geht bei allem nur noch um das Vergleichen von Einnahmen und Ausgaben, der radikalen Anpassung und der politische Streit dreht sich hier allenfalls noch um Detailfragen. Die Kernaufgabe der Politik, nämlich für vernünftige Rahmenbedingungen für das Funktionieren unserer Systeme zu sorgen, ist schon längst ad acta gelegt.
Und wer Privatisierung einfordert, der soll bitteschön auch eine vernünftige Finanzierung hierfür vorlegen. Bei z.B. der vollständigen Privatisierung der Rente, müßte eine Generation (im Mittel) die doppelten Geldleistungen erbringen, will man den Stand von heute halten (ohne Berücksichtigung des demographischen Faktors). Unschwer sich auszumalen, was es allein bedeutet hier nur einen privaten Anteil von 30 Prozent bei gleichzeitig stark sinkender Kaufkraft in Rechnung zu stellen. Der hohe Anteil an Transferzahlungsempfänger, der wohl bleiben wird, mal ganz aussen vor. Selbst Steuererleichterungen (im Endeffekt ein Nullsummenspiel, weil sie woanders wieder eingefordert werden) oder betriebliche Pensionskassen (bei weitem nicht für alle verfügbar und der Trend zeigt, daß Vorhandene von Arbeitgeberseite am liebsten wieder abgeschafft würden) sind keine wirklichen Reformen.
Also wie kann uns Europa helfen unsere Probleme zu lösen? Mit einem noch unbeweglicheren Regierungsapparat, der auch noch die Interessen der anderen berücksichtigen muß und uns so schon heute bei vielen Entscheidungen eher hemmt? Welche Impulse gehen von Europa aus, die unserer Wirtschaft und damit der Bekämpfung der Hauptursache, nämlich die Arbeitslosigkeit, auf die Sprünge helfen? Oder anders gefragt, wie sollen mit begrenzten Steuerungsmöglichkeiten neue Arbeitsplätze entstehen?
Wo bleibt also der gesellschaftliche Fortschritt, bzw. die gesellschaftliche Weiterentwicklung, wenn wir in allen Bereichen wieder mehr verarmen?
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Vorteil am Beispiel: Vermögen abzüglich Freibetrag = 12.000 ==> 12.000 / 60 = 200 €.
Es werden also monatlich nur 200 € vom Vermögen angerechnet und der Hilfe-Empfänger erhält einen Teil seines Geldes, wenn er schneller als in 60 Monaten einen Job findet.
Dies ist m.E. sozialer.
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Mittelstand will Deutschland Rücken kehren
Nach den Großkonzernen kehren nun auch immer mehr Mittelständler dem Standort Deutschland den Rücken zu. Die Zahl der kleineren und mittleren Betriebe, die im Ausland investieren wollen, stieg binnen einen Jahres überdurchschnittlich auf mittlerweile 36 Prozent an.
HB BERLIN. Das ergab eine Untersuchung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Ins Ausland gehen vor allem die Elektrotechnik und das Textil- und Bekleidungsgewerbe, aber auch Unternehmen der chemischen Industrie und Maschinenbauer. Die neuen Standorte liegen meist in Osteuropa darunter vor allem die neuen EU-Länder.
Insgesamt könnten in diesem Jahr trotz Reformanstrengungen der Regierung so viele Unternehmen abwandern wie nie zuvor, warnte der DIHK. Die Quote aller Unternehmen, die sich 2004 außerhalb Deutschlands engagieren wollen, sei spürbar von zuletzt 38 Prozent auf 43 Prozent gestiegen. Die DIHK befragte in ihrer Studie 7 500 Unternehmen. 1999 hatten erst 30 Prozent aller Betriebe Auslandsengagements angekündigt.
Als Folge dieser Entwicklung erwartet der DIHK den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland. „Damit Deutschland nicht weiterhin leichtfertig die Chancen vergibt, die in der Globalisierungsstrategie der Unternehmen liegen, muss die Wirtschaftspolitik dringend die Probleme zu hoher Standortkosten und zu unflexibler Arbeitsmärkte im Inland lösen“, mahnte der Verband.
Ob ein Unternehmen ins Ausland gehen will, hängt vor allem von der Geschäftsentwicklung ab: Je schlechter die Lage und die Aussichten für die nahe Zukunft, desto eher stehe der heimische Standort auf dem Prüfstand - und desto eher würden auch Teile der Produktion ins Ausland verlagert.
An der Spitze der Karavane stehen die Autobauer und -zulieferer. Der Umfrage zufolge planen Firmen, die bereits im Ausland aktiv sind, ihre dortigen Standorte zügig auszubauen. Hauptgrund für die Abwanderung sei die Höhe der Produktionskosten in Deutschland. Hierzu zählten neben den Lohnkosten auch die Qualität und Verfügbarkeit von Fachkräften, hohe Steuern und Abgaben, Weitere negative Faktoren: Umweltauflagen, Bürokratie, Transportkosten und Zölle.
Auslandsinvestitionen könnten zwar Folgeaufträge und Investitionen im Inland mit sich bringen und so heimische Jobs sichern oder sogar schaffen, erklärte der DIHK. Voraussetzung hierfür sei, dass wettbewerbsstarke Unternehmen neue Märkte erschließen und dazu ausländische Produktionsstätten weiter ausbauen. Verlagerungen aus Kostengründen bedeuteten jedoch einen Verzicht an inländischer Produktion, an Arbeitsplätzen und an Konsum, wenn der Arbeitsmarkt die freiwerdenden Kräfte nicht in anderen Bereichen aufnehme. Zudem halten sich laut der DIHK-Studie die Unternehmen im Inland mit Investitionen zurück.
HANDELSBLATT, Montag, 30. August 2004, 11:51 Uhr
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Das Deutschland, von dem Du meinst, dass es das Deutschland sei, das wir bisher kannten, lag schon in den 80er Jahren des letzten Jhdts krank darnieder und hat seinen Todesstoß durch die Wiedervereinigung erhalten. Das Deutschland, von dem Du meinst, dass es das Deutschland sei, das wir bisher kannten, hat im Grunde nur Ende 50er/Anfang 60er Jahre existiert, als man den Mythos vom deutschen Wirtschaftswunder strickte. Die Idee, dass man den dynamischen Aufwärtsdrang - der vor allem auf den vorherigen Zerstörungen beruhte - verewigen könnte, erhielt Mitte der 60er Jahre einen ersten Dämpfer. In den 70ern ging man dann schon zur Verteilung auf Pump über. Und das wurde dann mit der Wiedervereinigung exzessiv zelebriert bis zum endgültigen Übermaß.
Ansonsten sollten wir einen Kreis bilden, uns alle an den Händen fassen, und gemeinsam weinen - auch über solche Sätze aus deinem posting:
Es gibt aber auch Fakten, die man vielleicht zeitweise verdrehen kann, die aber immer die endgültige Richtung bestimmen werden. Da wo die Kassen leer sind, muß entweder mehr reinkommen, bezuschußt oder aber gekürzt werden. Es bleibt für mich dabei, Reformen heißen in diesem Land Erhöhung der Abgaben oder Kürzung der Leistungen.
Und wofür bist du?
Gruß BarCode
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Jetzt betrachten wir mal die aktuellen Reformen und lassen sie im Zeitraffer ablaufen (bzw. machen eine Brachialreform).
1. Sozial- und ALH - Empfänger bekommen nur noch das absolute Existenzminimum und die Zumutbarkeitsregeln der Hartz-Gesetze bleiben erhalten.
2. Sämtliche Lohnkosten werden befreit von den Arbeitgeberzuschüssen zu den Sozialversicherungen (der Arbeitnehmer übernimmt diese ganz ohne jede Lohnerhöhung). Desweiteren werden sämtliche! Zulagen gestrichen. Also alles, von der Schmutzzulage, über Schichtzulagen bis zum Weihnachtsgeld (Ausnahme bleiben freiwillige Zahlungen der Arbeitgeber, z.B. Leistungsprämien).
3. Die Höhe der Rente bemißt sich alleine an den eingezahlten Beiträgen und wird auf die heutige Höhe (prozentual) eingefroren und wird nur noch um die jährliche Inflationsrate erhöht. Das Renteneintrittsalter wird alleine durch das Verhältnis der eingezahlten Beitrage zu den Rentenleistungen bestimmt und kontinuierlich angepasst.
4. Alle sonstigen Leistungen aller Sozialversicherungen werden auf den jetzigen Stand eingefroren.
Wir haben jetzt also eine soziale Absicherung am vertretbaren Minimum, bereinigte Lohnkosten (Tarifautonomie wird erhalten, bestimmt aber bei der Bezahlung nur noch die reine Lohnhöhe) und Sozialversicherungskassen, deren Beiträge nur noch nach Kassenlage bestimmt werden, ohne eine Verschlechterung bei den Leistungen herbeizuführen. Weitere Einsparungspotentiale werden hier mal bei der Betrachtung weggelassen.
Jetzt nagele mich nicht auf die eine oder andere Unterschlagung meinerseits fest, aber so in etwa laufen die momentanen "Reformen" im Zeitraffer ab, streng nach dem von dir geforderten Schließen der Schere.
Wieviel Arbeitsplätze wird dies nun bringen, bzw. um wieviel müßten die Lohnkosten noch gesenkt werden, um Vollbeschäftigung zu erreichen (oder bin ich schon weit über das Ziel hinausgeschossen)? Streichung von Feier- und Urlaubstagen, Erhöhung der Wochenarbeitszeit oder ähnliche Dinge können gerne in der Berechnung Berücksichtigung finden und zumindest soll eine weitere Staatsverschuldung (in der Höhe) vermieden werden.
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Wenn Arbeit sehr teuer ist, wird alles versucht werden, um Neubeschäftigung möglichst lange zu umgehen. Nimm z.B. einen sehr kleinen Betrieb: Man wird immer zunächst versuchen, mit freien oder Aushilfskräften zu arbeiten oder einen Auftrag nicht anzunehmen oder über erhöhten Einsatz vorhandener Kräfte nachzudenken, wenn es einfach zu teuer ist, jemanden voll einzustellen. Und auch da ist der entscheidende Faktor die riesige Spanne zwischen dem, was der Einzustellende kriegt und was er letztlich den Betrieb kostet. Ich kenne das aus persönlicher Erfahrung.
Nicht umsonst haben wir einen riesigen Anteil an Schattenwirtschaft, weil zur Not die Leute eben schwarz beschäftigt/bezahlt werden, was umso mehr wieder zur Aushöhlung der Sozialsysteme beiträgt.
Außerdem ist auch für zusätzliche Arbeit wichtig, dass in Deutschland in zukunftsträchtige Bereiche Geld von außen investiert wird. Hier stehen wir in Konkurrenz zu Ländern wie England, Frankreich, Italien, Schweiz usw., also Ländern mit vergleichbarer Infrastruktur, Ausbildungsgrad usw. (Es geht nicht um Konkurrenz mit Billiglohnländern). Da spielen die Faktoren: Steuern, Arbeitskosten, bürokratischer Aufwand bei ansonsten ähnlichen Voraussetzungen eine große Rolle. Bei den Steuern liegen wir nicht schlecht. Bei den anderen Faktoren haben wir uns dagegen einen international sehr schlechten Ruf erarbeitet. (Auch ein "weicher" Faktor).
Also nochmal: Es geht nicht darum, ein absolutes Billiglohnland zu werden, aber darum, dass die wirklich im weltweiten Vergleich absolut größte Spreizung zwischen brutto und netto zurückgeführt wird auf ein einigermaßen vernünftiges (konkurrenzfähiges) Maß. Und dazu gehört letztlich, dass die sozialen Standards, was die untersten Lohngruppen und die Leistungsempfänger angeht, nicht mehr auf dem Niveau gehalten werden können, das wir bisher hatten. Auch da müssen wir uns - wohl oder übel - an die Standards gewöhnen, die etwa in England oder Italien oder auch Dänemark angelegt werden. Und natürlich die Bürokratie - das ist ein weiteres riesiges Feld, das darauf wartet, beackert zu werden...
Dass in diese Richtung konsequent/konsequenter gearbeitet wird - für solche Forderungen könnte man fast über eine Montagsdemo nachdenken...
Gruß BarCode
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Immerhin ist von der Bundesregierung mal angestrebt worden, Mithilfe der Hartz-Gesetze bis 2005 die Arbeitslosigkeit zu halbieren. Hier müssen ja mal irgendwelche Berechnungen zu Grunde gelegen haben.
Weiterhin halte ich es ebenfalls für einen Irrtum, das allein die Lohnabsenkung bei den niedrig Qualifizierten und die Absenkung bei den ALH-Empfängern ausreichen dürfte, auch nur etwas Entspannung auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen. Die Lohnabsenkung wird bis weit nach oben gehen müssen, um nachhaltig zu wirken.
Und ich denke über die wirkliche Höhe der Lohnreduzierung, die für eine echte Belebung des Arbeitsmarktes sorgen könnte schweigt sich die Politik aus, obwohl sie wohl annähernd bekannt sein dürfte.
Würden die Arbeitgeberbeiträge der Kranken- und Rentenversicherung, um sagen wir mal zusammen 5 Prozent gesenkt werden, und damit 500.000 zusätzliche Jobs entstehen, dann wären diese 5 Prozent schon längst von der Arbeitgeberseite auf die Arbeitnehmerseite verlagert worden und das Verständnis hierfür wäre sicher auch vorhanden.
Wir werden aber viel größere Einschnitte brauchen. Und diese werden über eine Kombination von verschiedenen Maßnahmen kommen. Ich denke an eine Größenordnung, die in der Breite höher als 25 Prozent sein wird.
Hartz 4 war allenfalls die Einleitung in ein todernstes Spiel. Das die Ankündigung der Halbierung der Arbeitslosenzahlen bis 2005 eine unrealistische Vorstellung war, daß dürfte jedem klar denkenden Menschen in diesem Land bewußt gewesen sein. Und wenn dies mit den Hartz-Gesetzen bis 2008 gelängen würde, so wäre es ein großer Erfolg. Aber es wird nicht gelingen und darauf gebe ich ein Versprechen ab. Ich würde in diesem Fall nie wieder bei ARIVA posten, noch eine demokratisch gewählte Regierung je wieder kritisieren und ich stelle meinen Wertpapierhandel ein, da ich dann wohl definitiv nicht fähig bin eine annähernd richtige Analyse zu erstellen.
Aber ich denke hier sind wir an einem Punkt angelangt, an dem unsere Meinungen über sinnvolle Reformen wohl auseinander driften werden. Für mich ist jede Reform, bei der die Regierung das angestrebte Ziel nicht mehr in Zahlen ausdrücken kann oder möchte, nur noch ein Versuch mit ungewissem Ausgang, bei dem erstmal etwas bestehendes unwiderbringlich aufgegeben wird oder die Zielsetzung ist eine ganz andere, als sie öffentlich diskutiert wird. Und wenn eine Regierung dabei nicht in der Lage ist, eigene Fehleinschätzungen einzugestehen und entsprechend gegenzusteuern, dann fängt bei mir der Punkt an, wo ich auch demokratisch gewählte Regierungen für gefährlich halte.
Nehmen wir hier als Beispiel die Sparpolitik von unserem Finanzminister. Entgegen den volkswirtschaftlichen Erkenntnissen nicht bei einer schwächelnden Wirtschaft auch noch Staatsausgaben zu streichen, ist es geschehen. Natürlich kann man hier auch die Vorgaben aus Brüssel nehmen, Fakt bleibt aber, die Verschuldungskriterien werden regelmäßig überschritten, die Staatsverschuldung steigt weiter und wieviel Arbeitsplätze dies gekostet hat und damit fehlende Einnahmen und zusätzliche Ausgaben verursacht hat, kann man nur vermuten. Der Kurs wird aber auch hier strikt eingehalten und natürlich kann man auch behaupten, daß alles noch viel schlimmer ausgefallen wäre, wenn nicht so gehandelt worden wäre. Aber lassen wir das.
Um noch mal auf das eigentliche Thema zurückzukommen. Wenn eine Regierung so einschneidene Maßnahmen vornimmt, hat sie verdammt nochmal auch die Pflicht gegenüber den Bürgern, ihre Ziele in nachvollziehbare Zahlen zu kleiden. Nur daran ist der Erfolg oder der Misserfolg auch ablesbar und die Zielsetzung erkennbar. Vertrauen ist gut aber Kontrolle ist besser, gerade in Zeiten wie diesen, wo über Jahrzehnte erkämpfte Errungenschaften von heute auf morgen abgelegt werden.
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Dein letzter Absatz allrdings ist sehr wichtig: Es müssten zumindest erkennbare und mit Fakten untermauerte Strategien sichtbar gemacht werden - auch wenn es für letztlich für jedwede Strategie die notwendigen "Fakten" zu beschaffen sind. Aber noch wichtiger scheint mir so etwas wie Controlling einzuführen, da wirklich nicht alles planbar ist. Controlling heiß für mich: wenn keine spürbaren Erfolge sichtbar sind muss rechtzeitig umgesteuert werden.
So, und für heute haben wir genug Romane geschrieben. Eichi wird verzweifeln an der Länge unserer postings. Aber wir können uns zumindest zugute halten, dass wir sie nicht durch copy&paste sondern durch eigene Gedanken aufgebläht haben.
N8 BarCode
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Bei den Schulden kann ich dir keinesfalls zustimmen. Die Schuldenaufnahme gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten, ist ein wirkungsvolles Mittel Schieflagen nicht noch weiter kippen zu lassen. Ich halte sie sogar in diesen Zeiten für dringend notwendig. Wir könnten uns aber daruf einigen, daß in wirtschaftlich besseren Zeiten, die Schulden zurückgezahlt werden, bzw. Rückstellungen gebildet werden.
Die Idee des Controlling ist sicher nicht verkehrt, allerdings sollte sie von parteipolitisch unabhängiger Stelle kommen und mit entsprechendem Einfluß ausgestattet sein.
Angenehme Träume
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Fiskalpolitik immer prozyklisch gewirkt.
Ursache waren die vielen timelags bei
- der Erkenntnis der Lage,
- der Entscheidungsfindung,
- dem Massnahmeeinsatz,
- der Wirkung usw.
War alles für die Katz, rausgeschmissenes Geld, und
in Boomzeiten wurde nicht gespart.
"Geld macht sinnlich. Vor allem wenn man fremdes
Geld ausgeben kann!"
Alternativen?
Eine sinnvolle langfristige Wachstums- und Konjunktur-
politik.
Aber wer hat davon als Politiker schon Ahnung?
Deutschlehrer, Jurist, Journalist, Physikerin, Jurist,
Jurist, Sozialpädagoge, Nichts, Jurist, Lehrerin usw.
Ciao
Bernd Mi
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Andererseits, wenn Politiker sich trotz allem über die Ratschläge der Experten hinweg setzen und somit die Schieflagen produzieren, muß eben darauf gedrängt werden, daß die entsprechenden Ministerposten (Entscheidung des Kanzlers) mit Experten besetzt werden.
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Atemzug von Verlagerung und Lohnkürzung schwadroniert.
Wenn um es mal drastisch auszudrücken Panik im Markt ist,bleibt und geschürt
wird ,kann es keine durchgreifende Änderung bei der Binnennachfrage kommen.
Ob der Weg mehr Schulden mehr Investitionen richtig ist,wird man noch bei
den Amis sehen.
Ausserdem wird es keinen Deutschen Weg geben,der wird uns von der Globalisierung
diktiert,das einzige was wir tun können ist mitzuschreiben.