A380 ist immer noch außer Kontrolle
Die Lieferverzögerungen beim doppelstöckigen Großraum-Flugzeug Airbus A380 waren der Auslöser für die größte Krise, die der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS bislangg durchgemacht hat. Und auch wenn die Halbjahres-Zahlen keine bösen Überraschungen bereithielten, ist die Gefahr neuerlicher Rückschläge noch nicht gebannt.
HB MÜNCHEN. "Wir haben das Programm noch nicht stabilisiert", sagte Finanzvorstand Hans Peter Ring in einer Telefonkonferenz mit Analysten am Donnerstag. Firmenchef Tom Enders ergänzte, derzeit werde das gesamte Vorhaben nochmals sorgfältig analysiert. Bis September oder Oktober solle ein verlässlicher Plan feststehen, der möglichst den jetzigen Auslieferungsplan bestätige.
Enders sprach von einem "Schlamassel", das sich EADS mit den drastischen Verzögerungen geleistet habe. Die Lösung der A380-Probleme hätten für den Konzern oberste Priorität. EADS hatte zweimal den Liefertermin um mehrere Monate nach hinten verschoben.
Die Verzögerung wird EADS in den kommenden Jahren insgesamt etwa 2 Mrd. Euro kosten. Die Konzernführung schließt aber auch zusätzliche Lasten noch in diesem Jahr nicht aus. Enders machte deutlich, dass die Probleme mit der Elektrik des künftig größten Passagierflugzeugs der Welt nicht allein ein Problem der Fertigung seien, weswegen das Hamburger Airbus-Werk in die Kritik geraten war. "Die Wurzel reicht viel weiter zurück zu fehlerhaften Definitionen und Prozessen", sagte Enders.
Die Krise nimmt EADS zum Anlass, alle Airbus-Projekte zu durchleuchten. So solle auch der Militärtransporter A400M noch einmal grundlegend überprüft werden, sagte Enders. Bislang habe das Projekt alle Vorgaben eingehalten, aber noch stünden schwierige Schritte bei dem ebenfalls sehr komplexen Flugzeug bevor.
Fehler der Vergangenheit
Enders sprach von Fehlentscheidungen in der Vergangenheit, die zu der Krise bei Airbus und im ganzen EADS-Konzern geführt hätten. Dass EADS von einer Doppelspitze geführt werde, sei aber nicht der Grund dafür. Als Konsequenz aus der Krise war Co-Vorstandschef Noel Forgeard abgetreten, der zuvor als Airbus-Chef das A380-Projekt und den Langstreckenjet A350 verantwortet hatte. Erste Planungen des Flugzeugs waren bei den Kunden durchgefallen, weshalb Airbus eine komplette Neukonstruktion in Angriff nehmen musste, was Zeit und Geld kostet. Wieviel Geld, konnte Enders nicht sagen. Der EADS-Verwaltungsrat werde sich mit dem A350-Projekt wieder im Frühherbst beschäftigen.
Der neue Co-Chef Louis Gallois sagte, der A350-XWB - wie die Neukonstruktion heißt - werde das Gleichgewicht von Boeing und Airbus in diesem Segment des Flugzeugmarktes wieder herstellen. Die Rückmeldungen der Kunden zum überarbeiteten Modell seien positiv. Während der A350 in der Vergangenheit nahezu unverkäuflich war, stehen die Kunden für den schon ein paar Jahre früher startenden 787 Dreamliner Schlange.
Vorerst hat EADS die Krise aber gut überstanden. Unterm Strich blieb im ersten Halbjahr 2006 ein Gewinn von 1,04 Mrd. Euro, das sind fünf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie das Unternehmen am Donnerstag in Amsterdam mitteilte. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wuchs um 6 Prozent auf 1,6 Mrd. Euro.
Von Januar bis Ende Juni kletterte der Umsatz um 18 Prozent auf 19 Mrd. Euro. Der Auftragseingang brach allerdings um fast die Hälfte (44 Prozent) auf 14,2 Mrd. Euro ein; vor allem bei Tochter Airbus gingen nach dem Rekordjahr 2005 weniger Bestellungen ein. Der Auftragsbestand belief sich Ende Juni auf 234,5 Mrd. Euro, das sind 7 Prozent weniger.
Die Konzernchef Enders und Gallois sagten: "Wir werden das Vertrauen der Märkte in die EADS wiederherstellen." Nach der guten ersten Jahreshälfte und wegen zahlreicher Bestellungen bei der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough erwartet der Konzern für das Gesamtjahr 2006 eine positive Entwicklung. Der Umsatz soll deutlich über 37 Mrd. Euro steigen, bekräftigte EADS frühere Prognosen. Das Ebit werde rund 3,2 Mrd. Euro betragen; bisher war von 3,2 bis 3,4 Mrd. Euro die Rede gewesen.
Die mit Abstand größte EADS-Sparte Airbus lieferte im ersten Halbjahr 219 Flugzeuge aus (Vorjahr: 189) und erwartet für das Gesamtjahr einen Auslieferungsrekord von rund 430 Maschinen. Der Umsatz wuchs um 17 Prozent auf 13,2 Mrd. Euro.
Quelle: Handelsblatt.com
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