Arbeitslosenrekord bringt Clement in Erklärungsnot Von Kai Beller, Berlin
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement steht derzeit wegen der Rekordarbeitslosigkeit mächtig unter Druck. Nicht nur die Opposition auch die eigene Partei bereitet dem Minister Verdruss.
Klicken für größeres Bild Zoom 5,2 Millionen Arbeitslose: Wolfgang Clement bleibt derzeit nichts erspart Clement musste am Dienstag zum zweiten Mal in Folge erklären, warum die Zahl der Arbeitslosen nach Januar im Februar ein Rekordhoch erreicht hat. 5,216 Millionen Arbeitslose meldete die Bundesagentur für Arbeit für den abgelaufenen Monat, ein Plus von 177.000 gegenüber Januar. Clement führte den Anstieg zum größten Teil auf statistische Effekte durch die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II zurück. Ein geringerer Teil, etwa 30.000 Personen, gehe auf das Konto der kalten Jahreszeit. Rechne man dies heraus, sei die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig gestiegen.
Ob diese Erläuterungen der SPD reichen, ist jedoch fraglich. Die Partei ist nach der Wahlniederlage in Schleswig-Holstein nervös geworden, nachdem sie zum Jahresbeginn noch vor Selbstbewusstsein strotzte. Nun geht die Angst um, dass die Arbeitsmarkt-Misere auch die im Mai anstehenden Wahlen in Nordrhein-Westfalen gefährden. Vor allem SPD-Linke fordern ein Sofortprogramm, um die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach bei einem Besuch in Katar von bedrückenden Zahlen.
Doch Clement will kein Geld für ein zusätzliches Programm für junge Arbeitslose, wie es auf der SPD-Vorstandssitzung am Montag diskutiert worden war. Er wies daraufhin, dass ausreichende Mittel für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit vorhanden seien. Der Minister forderte stattdessen Geduld für die Arbeitsmarktreform. "Die Umsetzung einer guten Reform braucht Zeit", sagte er. Bei der Vermittlung gebe es noch Anlaufschwierigkeiten. Dies sei bei einem solchen Reformprojekt selbstverständlich.
Weniger Arbeitslose im März erwartet
Für März erwartet der Minister einen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Doch noch ist nicht sicher, wie sich die Arbeitsmarktreform auf die Statistik auswirken wird. Weitere ehemalige Sozialhilfeempfänger könnten die Statistik aufblähen. Auch von der Konjunktur darf Clement keine Entlastung erwarten. Er räumte ein, dass der "Funke der Exportkonjunktur" im Inland noch nicht gezündet habe. Der Wirtschaftsweise Bert Rürup schraubte deshalb seine Wachstumserwartung bereits auf 1 Prozent von 1,4 Prozent nach unten. Clement hielt dagegen an der Prognose der Bundesregierung von 1,6 Prozent fest. "Wir haben nicht die Absicht, unsere Projektion von Woche zu Woche zu überprüfen", sagte Clement.
Grund für die Wachstumsschwäche nannte der SPD-Politiker das schlechte dritte und vierte Quartal. Daher zeichne sich ein "kräftiges Anspringen der Investitionen" trotz günstiger Rahmenbedingungen noch nicht ab. "Es müssen mehr Investitionen sein", sagte Clement. "Wir brauchen ein Wachstum von zwei Prozent und mehr". Clement appellierte an die Kommunen, ihre verbesserte Einnahmesituation für mehr Investitionen zu nutzen und das Geld nicht nur für den Schuldenabbau zu verwenden.
NRW-SPD macht Druck
Klicken für größeres Bild Zoom NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau verlangt Maßnahmen vom Bund In der SPD gibt es jedoch Stimmen, denen Appelle nicht mehr reichen. NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau forderte im ZDF ungeachtet der Haushaltsprobleme vom Bund eine Initiative für den Arbeitsmarkt. Von den Arbeitsmarktreformen gehe kein Wachstum aus, deshalb gelte es nun, die vorhandenen Möglichkeiten auszunutzen, um das Wachstum anzukurbeln. "Die Bevölkerung wird die Parteien daran messen, ob sie glaubwürdige Konzepte auf den Tisch legen", sagte Schartau.
Angebote zur Zusammenarbeit bekam Clement von der Union. Sie forderte eine rasche steuerliche Entlastung mittelständischer Unternehmen. CDU-Chefin Angela Merkel sagte, es sei "vollkommen inakzeptabel, die Hände jetzt in den Schoß zu legen". Doch Clement möchte das Thema am liebsten zu den Akten legen, nachdem Schröder sich in der Sache auf die Seite von Finanzminister Hans Eichel geschlagen hatte, der für Steuersenkungen keinen Spielraum sieht. Clement sagte daher auch nur, dass der Sachverständigenrat nun ein Konzept ausarbeiten werde.
ciao vincenzo b.
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