Dänemark Mehr Steuern, bitte! Den Dänen sind ihre hohen Abgaben nicht hoch genug. Für freiwillige Sonderzahlungen hat die Regierung nun ein eigenes Konto eingerichtet - und sammelt erfreut Geld ein. von Clemens Bomsdorf Man könnte meinen, dass dänische Bürger schon genug an den Staat abführen: Spitzensteuersatz von 67 Prozent, zahlbar ab einem Jahreseinkommen von 46.500 Euro, 25 Prozent Mehrwertsteuer, 180 Prozent Sonderabgabe auf Autoverkäufe. In der Statistik der OECD war Dänemark mit diesen Werten 2009 Hochsteuerland Nummer eins. Manchen Dänen aber ist selbst das noch nicht genug. Ein Bürger schrieb an das Steuerministerium, er wäre bereit, freiwillig mehr zu zahlen, um Leistungen des Wohlfahrtsstaats zu finanzieren.Das Ministerium reagierte schnell und richtete ein Sonderkonto für freiwillige Abgaben ein - mit überraschendem Erfolg. Bis gestern zahlten 246 Dänen umgerechnet fast 13.000 Euro ein, und die Aktion hat gerade erst angefangen. "Am 31. Dezember werde ich zu Finanzminister Claus Hjort gehen und einen Scheck abgeben", sagte Minister Troels Lund Poulsen. Mit dem Geld sollen die Staatsschulden reduziert werden. Die Posse um das Konto fällt mitten in einen kuriosen dänischen Steuerstreit. Seit Anfang 2010 hatte die liberalkonservative Regierung die Steuern leicht gesenkt und sich damit die Kritik der Opposition eingehandelt. Die Chefs von Sozialdemokraten und Sozialistischer Volkspartei sprachen sich für höhere Steuern aus und erklärten, selbst gern mehr bezahlen zu wollen. In dieser Hinsicht werden sie von 75 Prozent der Dänen unterstützt, die in Meinungsumfragen angeben, mehr Wohlfahrt sei wichtiger, als den Spitzensteuersatz zu senken. Mit dem Modell der freiwilligen Abgabe allerdings kann sich die Opposition nicht recht anfreunden. Beide Spitzenpolitiker sagten der Zeitung "Ekstra Bladet", eine Extrasteuer auf das neue Konto komme für sie selbst nicht infrage. Die Regierung griff die Steilvorlage freudig auf. "Der Wunsch nach höheren Steuern gilt nur, wenn es andere betrifft", sagte Steuerminister Poulsen und bezichtigte die Opposition der Doppelmoral: "Dass sie mehr Steuern zahlen wollen, war also nur Geschwätz. Wie wenn die Spitzen der Sozialdemokraten davon sprechen, die Volksschule stärken zu wollen, aber die eigenen Kinder auf die Privatschule schicken." Für die Sozialdemokraten zusätzlich unangenehm ist der Umstand, dass die Partei derzeit eine kleine Steueraffäre am Hals hat. Unlängst kam heraus, dass der Ehemann von Parteichefin Helle Thorning-Schmidt seine Einkommensteuer im Niedrigsteuerland Schweiz zahlt. Zwar arbeitet der Mann auch dort und kann sich daher durchaus auf geltende Bestimmungen berufen. Die Familie aber lebt weiterhin in Kopenhagen. Für die Dänen mit ihrer Vorliebe für Steuergesetze stellte sich die Frage, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Auch in dieser Frage böte das neue Konto einen Ausweg: Freiwillig Steuern zahlen kann auch, wer gerade in der Schweiz ist. Die Nummer lautet: 4.069.162.134 (Reg.-Nr. 0216).
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