Wie kommt es dazu, dass Anleger eine Aktie stark übergewichten? Ich mache es seit Jahren kaum noch, aber leider bin ich bei Wirecard wieder in die Falle getappt.
"Gefährlich" ist es, wenn man mit einer Aktie bald nach dem Kauf ins Minus rutscht. Man hat dann das Bestreben, Buchverluste zu mininieren, indem man billiger nachkauft. Man möchte etwas wieder gut machen. Das hat nichts mit Gier zu tun.
Wirecard war ein Paradebeispiel für einen Kursverlauf, der vielen zum Verhängnis wurde. Die Aktie befand sich ab den Hochpunkt bei knapp 200 im Sept. 2018 in einer leichten, aber schwer zu erkennenden Abwärtsbewegung.
Die Versuchung, Rücksetzer zum Nachkaufen zu nutzen, war sehr groß. Zumal die Aktie von allen Seiten hochgejubelt wurde. Man braucht sich nur die Kursziele bei Finanzen.net anzuschauen. Hier wurde zum Teil eine Kursverdopplung versprochen und das von seriösen Analysten. Selbst wenn man einem einzelnen Anaysten misstraut, so verlässt man sich doch auf eine positive Bewertung der überwiegenden Mehrheit der Analysten.
Bei den konkreten Kurszielen bin ich auch vorsichtig. Selbst ein Top-Analyst ist kein Prophet. Aber wenn fast alle die Zukunft des Unternehmens positiv sehen, dann ist es doch quasi eine Gewähr dafür, dass die Firma zumindest nicht pleite gehen wird.
Ich nehme mir übel, dass ich bei 30 Euro nochmal stark nachgekauft habe. Ich dachte, das wäre ein super Gelegenheit, die hohen Buchverluste etwas zu kompensieren.
Es bringt aber nichts, sich Vorwürfe zu machen, denn beim Kauf war man voll überzeugt von seiner Entscheidung. Dass es dann anders kommt als erwartet, ist die Ironie des Schicksals. Es hätte ja auch gut gehen können.
Man kann übrigens auch mit Fonds heftige Verluste machen. Ich hatte 5 US-ETNs (ähnlich wie ETFs) von UBS/Etracs in meinem Depot. Dadurch, dass sie 2x gehebelt waren, waren sie sehr volatil, was ich in Kauf genommen habe. Durch den Hebel war auch die monatliche Ausschüttung doppelt so hoch. Also ideal für Anleger, die ein regelmäßiges Zusatzeinkommen haben wollen.
Die Fondsgesellschaft hat nun die Fonds während des Corona-Crashs gekündigt, was laut Vertragsbedingungen wohl möglich ist. Ich habe es erst dadurch gemerkt, dass die Fonds plötzlich in meinem Depot fehlten.
Der Witz ist, dass die Fonds Ende März, also beim absoluten Tiefpunkt, zwangsverkauft wurden. Der Restwert wurde mir auf mein Depotkonto gebucht. Aufgrund der Hebelung war nicht mehr viel übrig. Ein substantieller Verlust, der mich 3 mal mehr trifft als der von Wirecard. Ich prüfe den gerichtlichen Weg, aber es ist schwierig (wie bei Wirecard auch).
Ich kann voll bestätigen, dass hohe Verluste einen psychisch stark mitnehmen. Oft ist es gar nicht möglich, den Verlust wieder reinzuholen. Die Lebensplanung ändert sich, das Spektrum der Möglichkeiten schrumpft stark zusammen. Sich mit diesem Verlust abzufinden, kann äußerst schwierig sein.
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