Münzen und Scheine verschwinden zunehmend aus den Portemonnaies der Deutschen. Experten bezweifeln, dass Kryptowährungen Bargeld ersetzen können. Wie die Bargeldabschaffung voranschreitet - und welche Fluchtwährung bleiben würde 11.07.2022 13:52 Münzen und Scheine verschwinden zunehmend aus den Portemonnaies der Deutschen. Experten bezweifeln, dass Kryptowährungen Bargeld ersetzen können.
"Wohin die Reise gehen könnte, zeigt Schweden: Dort soll Bargeld bis zum Jahr 2023 ganz aus dem Einzelhandel verschwunden sein, wie der schwedische Handelsrat prognostiziert. „Schweden bewegt sich ziemlich schnell aufs Bargeldlose zu - es gibt zum Beispiel Kinder, die wissen mit Münzen nichts mehr anzufangen“, sagte Henrik Palmer, der Verkaufschef des Öffentlichen Verkehrsbunds Stockholm, gegenüber ntv."
"Wer hat ein Interesse an der Bargeldabschaffung? Profitieren würden vor allem der Staat und Zahlungsdienstleister wie Paypal oder Mastercard. Der Staat hätte viel mehr Kontrolle über den einzelnen Bürger. Etwa ließe sich unerwünschter Konsum beschränken, zum Beispiel von Zigaretten, Fleisch oder ungesunden Lebensmitteln. Steuerhinterziehung würde erschwert. Wer gegen die Regierung demonstriert oder sonst wie politisch aktiv ist, dem könnte die digitale Wallet gesperrt werden. Ähnliches passierte erst im Februar in Kanada, als bis zu 50.000 Trucker gegen die Corona-Maßnahmen der kanadischen Regierung demonstrierten und den LKW-Fahrern die Konten eingefroren wurden.
Gleichzeitig würden sich tiefere Negativzinsen durchsetzen lassen, wodurch sich der Staat noch günstiger am Kapitalmarkt refinanzieren könnte. Hinter der Abschaffung des 500-Euro-Scheins stehe die Absicht der EZB, Bargeldhortung in Tresoren durch die Geschäftsbanken zu verhindern, erklärt deswegen der VWL-Professor Hans-Werner Sinn und fügte auf seinem Blog hinzu: „Wenn die Banken nun gezwungen werden, statt der 500-Euro-Scheine die etwas kleineren 200-Euro-Scheine zu halten, steigen die Tresorkosten etwa auf das Zweieinhalbfache.“ So könne die EZB den Einlagenzins auf -0,75 Prozent senken. Derzeit liegt der Einlagenzins bei -0,5 Prozent."
"Könnten Verbraucher ohne Bargeld noch anonym bezahlen? Experten halten es indes für unwahrscheinlich, dass private Kryptowährungen Bargeld ersetzen könnten. „Wir haben derzeit keine funktionierenden, wertstabilen Kryptowährungen, die Anonymität garantieren“, sagt etwa der Schwarzmarkt-Experte. Die Technologie stecke noch zu sehr in den Kinderschuhen. Falls die Staaten das Bargeld komplett abschafften, wäre die Anonymität beim Bezahlen ganz verloren. Jeder Bezahlvorgang wäre ersichtlich - ein Stück individuelle Freiheit wäre verloren.
Auch Norbert Häring sieht wenige Schlupflöcher in einer bargeldlosen Welt. „Für normale Menschen, die lediglich ihre Privatsphäre schützen möchten, wird das Ausweichen wahrscheinlich zu aufwendig sein“, sagt Häring. Kleinkriminelle wie etwa Drogenhändler würden eine Ersatzwährung wie Zigaretten brauchen, die sehr teuer und haltbar seien. Großkriminelle würden wahrscheinlich auf Kreditketten und gefälschte Rechnungen setzen.
Derzeit arbeiten Startups wie Tixl an Privacy Coins, also an Kryptowährungen mit besonders hoher Anonymität. Existierende Privacy Coins eigneten sich jedoch noch nicht zum Abwickeln von Zahlungen im Einzelhandel, wie Tixl-Chef Christian Eichinger gegenüber btc-echo erklärt. „Neben der aktuell allgemein noch geringen Adoption von Kryptowährungen liegt das vor allem auch daran, dass die Transaktionen viel zu langsam sind und zum Beispiel am Point of Sale nicht sinnvoll genutzt werden können.“ Zudem erkennt auch er das regulatorische Risiko an, dass Staaten den Handel mit Privacy Coins verbieten könnten, sodass sich die Coins wohl nicht in der Breite durchsetzen würden."
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