Einzelhandel Rewe buhlt um Thomas Cook von Christoph Schlautmann Der Handelsgruppe Rewe ist auch nach der Übernahme von über 300 Plus-Filialen der Appetit auf Zukäufe nicht vergangen. Trotz der Wirtschaftskrise wolle Rewe sich 2009 Gelegenheiten für Zukäufe anschauen. Im Blickfeld ist vor allem die Arcandor-Tochter Thomas Cook.
Rewe hat 2008 Rekorde verzeichnet. Quelle: dpa KÖLN. Der Kölner Rewe-Konzern hat offen sein Interesse an der Übernahme des Touristikriesen Thomas Cook vom Konkurrenten Arcandor bekundet. Sobald sich eine Gelegenheit biete, wolle er zugreifen, sagte Vorstandschef Alain Caparros am Dienstagabend in Köln. „Unsere Touristiksparte und Thomas Cook würden gut zusammenpassen“, ergänzte Rewes Finanz- und Touristikvorstand Norbert Fiebig.
Zusammen mit der britischen Thomas Cook, die zuletzt 10,3 Mrd. Euro umsetzte, käme Rewes Touristik auf einen Jahreserlös von 14,5 Mrd. Euro – und damit dicht an den Marktführer Tui mit seinem 15,6 Mrd. Euro schweren Touristikgeschäft heran.
Konkrete Gespräche gebe es aber noch nicht, bedauerte Fiebig. Bislang sperre sich Thomas-Cook-Mehrheitsaktionär Arcandor, seine Beteiligung abzustoßen. Aus gutem Grund: Allein mit den verbleibenden Karstadt-Häusern und den Katalogversendern um Quelle wäre der Essener Konzern kaum überlebensfähig. „Momentan ist der Verkauf für uns kein Thema“, erklärte deshalb ein Arcandor-Sprecher.
Dennoch halten Experten einen Besitzerwechsel der 52-Prozent-Beteiligung an Thomas Cook in naher Zukunft für denkbar. Bereits vergangenen September, als sich ein Teil der Banken gegenüber Arcandor weigerte, einen dringend benötigten Konsortialkredit zu verlängern, erklärte sich der Vorstand zunächst bereit, Anteile am Reisekonzern Thomas Cook auf den Markt zu werfen. Erst als die Kölner Privatbank Sal. Oppenheim dem angeschlagenen Konzern mit Eigenkapital zur Seite sprang, wanderten die Verkaufspläne zurück in die Schublade – vorerst. Denn schon im Juni muss sich Arcandor erneut um einen Konsortialkredit bemühen, der sogar um die Hälfte größer ist als die im September verhandelte Summe. Dass es dann zu einem Notverkauf von Thomas Cook kommt, ist keineswegs ausgeschlossen. „Wie schlecht es tatsächlich um Arcandor steht, ist wegen der intransparenten Geschäftszahlen kaum absehbar“, sagt Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe. „Sicher ist aber, dass ein Notverkauf von Thomas Cook den Preis erheblich nach unten drücken würde.“
Um einen Kauf des in London gelisteten Touristikkonzerns zu schultern, den die Börse aktuell mit 1,92 Mrd. Euro bewertet, könnte Rewe schon bald die notwendigen Mittel an die Hand bekommen. Derzeit bemüht sich der Kölner Lebensmittelhändler um ein Rating, das es ihm ermöglichen soll, am Kapitalmarkt Liquidität zu beschaffen.
Den Finanzspielraum würde dies deutlich vergrößern. Gering ist er aber schon heute keineswegs. Bislang finanziert sich das Genossenschaftsunternehmen zwar allein über einen Konsortialkredit unter Führung der Commerzbank. Von dem zwei Mrd. Euro umfassenden Kreditrahmen, der bis Mitte 2012 zur Verfügung steht, waren bei der letzten Meldung Ende 2007 aber nur 300 Mio. Euro abgerufen. Hinzu kommt, dass Konzernchef Caparros am Dienstag für 2008 – bei einem Umsatzanstieg von zwölf Prozent auf 35,7 Mrd. Euro – einen Rekordgewinn meldete.
Im Falle einer Thomas-Cook-Übernahme könnte der Kölner Konzern frisches Geld trotzdem gut gebrauchen. Dem Unternehmen würde der von Arcandor gehaltene 52-Prozent-Anteil kaum reichen, deutet Finanzchef Fiebig an. Wie bei Rewes bisherigem Touristik-Geschäft, das unter anderem die Veranstaltermarken ITS, Jahn-Reisen und Tjaereborg umfasst und zuletzt 4,3 Mrd. Euro umsetzte, hätte er auch bei Thomas Cook gern die volle Kontrolle – also mindestens 75 Prozent der Anteile inklusive Gewinnabführungsvertrag. In einem solchen Fall nämlich flössen die Anzahlungen für Urlaubsreisen bei Rewe in einen gemeinsamen Cash-Pool. Aus ihm könnte der Konzern die Wareneinkäufe für seine Supermärkte bezahlen und damit das Fremdfinanzierungsvolumen deutlich verringern. Auch operativ ergäbe ein Zusammenschluss von Thomas Cook und Rewe-Touristik einen Sinn, urteilt Branchenanalyst Sebastian Hein. „Schon jetzt ist Thomas Cook schlagkräftig. Zusammen mit Rewe böten sich weitere Größenvorteile.“ ----------- Der Mensch ist mit nichts in der Welt zufrieden, ausgenommen mit seinem Verstande, je weniger er hat, desto zufriedener.
August von Kotzebue
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