..."55 Millionen Euro will Bilfinger-Chef Thomas Schulz einsparen - was bedeutet das für die Zentrale in Mannheim und die Einheiten in der Region?
Seit dem Frühjahr ist Thomas Schulz Bilfinger-Chef. Und wie so oft bei neuen Vorstandsvorsitzenden wird erst einmal aufgeräumt. So lässt Schulz die Strategie des Industrieservice-Konzerns von einem extra einberufenen Team auf Herz und Nieren prüfen. Und jetzt hat er auch ein Sparprogramm auf den Weg gebracht.
Damit soll Bilfinger effizienter und innovativer werden. Das wiederum soll helfen, das große - natürlich auch neue - Ziel zu erreichen: Schulz will, dass die Mannheimer für ihre Kunden die Nummer 1 werden, wenn es um Effizienz und Nachhaltigkeit geht.
„Strukturelle Maßnahmen“ 55 Millionen Euro ab Ende 2023 sollen dabei eingespart werden. Ausdrücklich geht es bei dem Programm nicht nur um Jobs: „Einsparungen im Effizienzprogramm werden nicht allein durch Stellenabbau erzielt, sondern und vor allem auch durch organisatorische und strukturelle Maßnahmen“, sagt eine Sprecherin.
Was das genau bedeutet, ist noch unklar. „Wir werden über die genaue Ausgestaltung des Effizienzprogramms unverzüglich Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern aufnehmen, um Details auszuarbeiten“, so die Sprecherin. Diesen Gesprächen könne und wolle das Management nicht vorgreifen.
Klar ist aber auch, dass die Mannheimer Zentrale und auch Einheiten in der Region genau unter die Lupe genommen werden: „Wir werden Verwaltungs- und Servicefunktionen konzernweit, das heißt an allen Standorten weltweit, in die Überprüfung einbeziehen.“ Und dazu gehören eben auch die Standorte in der Region. In der Mannheimer Zentrale arbeiten aktuell 208 Menschen für Bilfinger. Insgesamt sind es in der Metropolregion Rhein-Neckar 970 Beschäftigte. So finden sich Bilfinger-Einheiten auch in Ludwigshafen, Heidelberg, Neustadt und Schwetzingen.
Sparprogramme und Stellenabbau haben die Bilfinger-Beschäftigten in den vergangenen Jahren mehrfach erlebt. Um den Konzern aus einer schweren Krise zu retten, hatten Schulz’ Vorgänger Tom Blades und Christina Johansson ihn deutlich verschlankt.
Effizienter werden soll Bilfinger jetzt durch die Vereinfachung von Strukturen, die Standardisierung von internen Arbeitsabläufen und die Digitalisierung. So sollen Doppel-Funktionen wegfallen, wie Schulz erklärt. In solchen Fällen richten große Unternehmen häufig so genannte Shared Service Center ein. Dabei werden gleichartige, interne Dienstleistungen aus verschiedenen Bereichen in einer speziellen Service-Einheit gebündelt. Solche Zentren sind etwa für Gehaltsabrechnungen zuständig. Auch Bilfinger hat bereits Shared Service Center eingerichtet. Ob weitere geplant sind, ist aber bisher nicht bekannt.
Etwa ein Viertel der Einsparungen wird laut Schulz in Aus- und Weiterbildung investiert. „Das ist extrem wichtig, um Potenziale der eigenen Mitarbeiter zu heben und attraktiver auf dem Arbeitsmarkt zu werden“, erklärte der Vorstandschef am Mittwoch. Auch im Interview mit dieser Redaktion hatte Schulz auf die zunehmende Bedeutung der Aus- und Weiterbildung hingewiesen. Sein Argument: „Mittelfristig braucht Bilfinger noch mehr sehr gut ausgebildete, kreative Mitarbeiter.“
Geschäfte laufen gut Er hatte aber auch betont, dass im Falle einer Rezession, wenn die Kunden gar nicht mehr investieren, auch der Personalabbau ein Mittel sei, um Kosten zu senken. Nach einer Zurückhaltung der Industriekunden sieht es derzeit aber für Bilfinger nicht aus. Im Gegenteil: Die Geschäfte laufen weiterhin bestens.
So legte der Auftragseingang im dritten Quartal um 22 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zu, der Umsatz um 14 Prozent auf rund eine Milliarde Euro. Schulz sprach bei der Vorstellung der Zahlen von einem „hervorragenden Quartal“. Und Finanzvorstand Matti Jäkel erklärte, dass der Auftragsbestand bereits eine gute Ausgangslage für das kommende Jahr biete.
Aktienkurs bricht ein Allerdings werden die Kosten von einmalig 60 Millionen Euro für das Sparprogramm das Ergebnis im vierten Quartal belasten. Bilfinger muss entsprechende Rückstellungen bilden und rechnet daher mit einem deutlich geringeren Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen als im Vorjahr.
Die Aktie brach am Mittwoch im Tagesverlauf um 14 Prozent ein. Üblicherweise geht der Aktienkurs eines Konzerns eher nach oben, wenn Sparprogramme verkündet werden. Die Börse erwartet dann höhere Gewinne für die Zukunft.
Operativ lief es bei Bilfinger im dritten Quartal in allen Segmenten gut, obwohl viele Auftraggeber unter den hohen Energiekosten leiden. Der Industrie-Dienstleister profitiert davon, dass viele Kunden aus der Energiewirtschaft und der florierenden Öl- und Gasbranche kommen.
Im Bereich Energie fließen laut Schulz hohe staatliche Subventionen, um die Transformation von fossilen Brennstoffen zu Erneuerbaren Energien zu stemmen. Das bedeutet mehr Aufträge für Bilfinger. Gut im Geschäft ist man auch bei Atomkraftwerken. Kernkraft erlebe in Europa gerade „ein Revival“, so Schulz.
Am 14. Februar 2023 werden die Ergebnisse des Strategie-Updates bekanntgegeben. Gut möglich, dass dann Geschäftsbereiche verkauft werden. Schulz betonte den Fokus auf Segmente und Regionen mit „profitablem Wachstum.“..."
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