Spiegel-online
29. Juni 2006
NAHOST
Palästinenser töten israelische GeiselDie Lage im Gaza-Streifen eskaliert: In der Nacht ist die Leiche eines entführten jüdischen Siedlers gefunden worden - der Mann wurde nach Polizeiangaben schon kurz nach seiner Verschleppung getötet. Israel nahm Dutzende führende Hamas-Mitglieder fest, darunter mehrere Minister.
Gaza/Ramallah - Die israelische Armee hat den Tod eines im Westjordanland entführten jüdischen Siedlers bestätigt.
Eliahu Ascheri sei unmittelbar nach seiner Entführung mit einem Schuss in den Kopf getötet worden und nahe dem Dorf Bitunia bei Ramallah begraben worden, verlautete aus israelischen Militärkreisen. Dort sei seine Leiche bei einer Suchaktion gefunden und zur Autopsie in ein gerichtsmedizinisches Zentrum nahe Tel Aviv gebracht worden.
Nahost: Israelische Panzer dringen in den Gaza-Streifen ein
Die Palästinensergruppe Komitee für den Volkswiderstand hatten gestern mit der Tötung des Entführten gedroht, sollte die Armee ihre Offensive im Gazastreifen nicht beenden. Die Gruppe hatte als Beweis der Entführung eine Kopie seines Personalausweises vorgelegt. Der jüdische Siedler war laut israelischem Rundfunk am Wochenende entführt worden, als er per Anhalter auf dem Weg nach Hause war.
Das israelische Militär hat seine Offensive in den Palästinensergebieten fortgesetzt und im Westjordanland Dutzende führende Mitglieder der regierenden radikalislamischen Hamas-Bewegung festgenommen. Israelische Medien berichten heute früh von 60 festgenommenen Hamas-Mitgliedern, darunter mehrere Regierungsminister.

Eliahu Ascheri: Verschleppt, erschossen, vergraben
Laut Hamas wurden mindestens sechs Kabinettsminister und zahlreiche Parlamentsabgeordnete festgenommen, darunter der stellvertretende Ministerpräsident Nasser al-Schair sowie Arbeitsminister Mohammed al-Barguti.
Mit Festnahmen hat Israel bei seiner Suche nach einem verschleppten Soldaten den Druck massiv verstärkt. Die Politiker könnten möglicherweise gegen den entführten Israeli ausgetauscht werden, berichtete der Armeerundfunk. Tausende israelische Soldaten waren bereits am gestrigen Mittwoch auf der Suche nach ihrem Kameraden in den Gazastreifen vorgedrungen. Israelische Medien berichteten von Razzien gegen Hamas-Abgeordnete auch in Jerusalem und weiteren Orten.
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat erklärt, zur Befreiung des 19-jährigen entführten Soldaten Gilad Schalit werde seine Regierung auch vor "extremen Aktionen" nicht zurückschrecken. Der Militäreinsatz ist die erste Bodenoffensive im Gazastreifen seit dem Abzug israelischer Truppen aus dem Autonomiegebiet im September.
Heute in den frühen Morgenstunden feuerte ein israelischer Kampfjet Raketen in Chan Junis im Süden des Gazastreifens ab. Verletzt wurde offenbar niemand. Die israelischen Streitkräfte erklärten, insgesamt seien drei Luftangriffe geflogen worden. Ziel seien Straßen gewesen, um den Bewegungsspielraum der Entführer des israelischen Soldaten einzuschränken.
Auch die islamische Universität von Gaza geriet nach Berichten von Augenzeugen unter Beschuss. Eine von einem israelischen Kampfjet abgefeuerte Rakete habe ein Loch in einen Hof innerhalb des Universitätsgeländes geschlagen, hieß es. Die 60 Wachleute wurden evakuiert. Nach Angaben der israelischen Streitkräfte schlug eine Rakete in ein freies Feld neben der Hochschule ein.
Uno-Generalsekretär Kofi Annan rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Er forderte zudem den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas sowie Syrien auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Freilassung des verschleppten israelischen Soldaten zu erreichen.
ler/AFP/dpa/AP
MfG
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