10.11.2011, 17:27
quelle FTD
Folge der Schuldenkrise
Bundesbank sieht wachsendes Risiko für deutsches Finanzsystem
Die deutschen Währungshüter sind in Sorge um die Stabilität der Geldhäuser hierzulande. Bank-Vorstand Andreas Dombret redet Klartext: "Das Wichtigste, was uns fehlt, ist das Vertrauen in die Finanzindustrie."
Die Bundesbank sorgt sich um die Stabilität der deutschen Banken. "Die Risiken für das deutsche Finanzsystem haben in diesem Jahr deutlich zugenommen", heißt es in dem am Donnerstag jährlichen Finanzstabilitätsbericht der Notenbank. "Finanzstabilität kann es nicht geben, ohne dass die Staatsschuldenkrise grundlegend gelöst wird", sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret. "Das Wichtigste, was uns fehlt, ist das Vertrauen in die Finanzindustrie."
Die aus den Problem einiger Euro-Peripherieländer resultierenden Ansteckungseffekte und die befürchtete Konjunkturflaute trübten die Ertragsaussichten der deutschen Geldhäuser spürbar ein, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger. Allerdings seien die Banken in den vergangenen zwei Jahren dank einer besseren Kapitalausstattung widerstandsfähiger geworden. Beispielsweise betrage die Kernkapitalquote bei den 13 wichtigsten deutschen Kreditinstituten inzwischen 13,1 Prozent - berechnet nach dem aktuell noch gültigen Regulierungsstandard Basel II. Umgekehrt sei die Verschuldung der Institute zurückgegangen.
Dombret rief die Politik angesichts der immensen Risiken zu einer schnellen und umfassenden Krisenlösung auf. Es sei höchste Zeit für eine nachhaltige Finanzpolitik und flankierende Strukturreformen. "Auch in Deutschland muss die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte fortgesetzt werden." Das größte Risiko freilich geht von den Problemländern im Süden und Westen der Euro-Zone aus: "Die Bundesbank schätzt die Risiken aus den Forderungen gegenüber Griechenland, Irland und Portugal als insgesamt beherrschbar ein."
Mehr Abschreibungen auf Griechenland Der Fall Griechenland sei für hiesige Institute noch nicht abgehakt, obwohl viele den Wert ihrer griechischen Staatsanleihen inzwischen kräftig abgeschrieben haben. Die Bundesbank zeigte sich überzeugt, dass "zusätzliche Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen notwendig werden". Es gelte aber, dass volumenmäßig die Forderungen an Spanien und Italien bedeutender und damit riskanter seien.
Zudem seien auch die Altlasten der Banken aus Gewerbeimmobilien und strukturierten Wertpapieren noch nicht vollständig verarbeitet seien. Dombret sagte: "Die Liste der Minuspunkte ist länger als die Liste der Pluspunkte." Wie sich die Situation in Italien entwickele, hängt nach seiner Einschätzung sehr stark davon ab, ob die Politik "glaubhaft und konsistent" die angekündigten Reformen umsetze. Das Land sei nicht mit Griechenland vergleichbar: "Italien ist ein wirtschaftlich durchaus starkes Land, mit vielen ökonomisch durchaus positiven Zahlen."
ETF stärker regulieren
Die Bundesbank kritisiert zudem, dass die Finanzmärkte "von einem erheblichen Grad an Gleichlauf" geprägt seien, der negative Entwicklungen noch verstärke. Dazu zähle die wachsende Bedeutung von passiven Investmentstrategien. Dombret verlangte vor allem mehr Transparenz bei den inzwischen in Mode gekommenen und teilweise kompliziert konstruierten börsengehandelten Fonds (ETF) sowie beim Hochfrequenzhandel.
Der Bundesbank zufolge haben die deutschen Banken in Griechenland immer noch Aussenstände in Höhe von 28 Mrd. Euro, in Irland und Portugal von 63 Mrd. Euro. Alleine der italienische Staat steht bei den deutschen Instituten mit 42 Mrd. Euro in der Kreide, der spanische mit 23 Mrd. Dabei seien die beiden deutschen Bad Banks nicht berücksichtigt.
Lautenschläger bekräftigte die positive Haltung der Bundesbank zum jüngsten Beschluss der EU-Staaten, ihre Banken mit zusätzlichem Kapital auszustatten und damit krisenfester zu machen. Das Vorgehen sei geeignet, "dem Vertrauensverlust im europäischen Bankensektor zu begegnen." Die EU-Staaten verlangen von ihren Banken ab Mitte kommenden Jahres eine Kernkapitalquote von neun Prozent. Für nicht wenige Institute bedeutet dies, dass sie sich zusätzliches Kapital besorgen müssen - entweder am Kapitalmarkt, durch Einbehaltung von Gewinnen, über Staatshilfen oder in letzter Konsequenz vom Euro-Rettungsschirm EFSF.
Summe wird sich noch erhöhen Die 70 größten europäischen Banken brauchen nach vorläufigen Berechnungen der EU-Bankenaufsicht EBA 106 Mrd. Euro, um auf eine harte Kernkapitalquote von neun Prozent zu kommen. Vier deutschen Instituten fehlen fünf Milliarden Euro. Lautenschläger sagte, die Summe werde sich noch etwas erhöhen, wenn in den nächsten Tagen die endgültigen Zahlen vorlägen. Betroffen sind unter den 13 größten deutschen Geldhäusern die Deutsche Bank, die Commerzbank, die LBBW und die NordLB. Dass sich daran noch etwas ändern könnte, sei nicht absehbar, sagte Lautenschläger.
Die Verschärfung der Kapitalanforderungen der EU hat in der Politik und bei Aufsehern Befürchtungen ausgelöst, dass die Banken als Reaktion die Kreditzufuhr an die Wirtschaft verknappen könnten. Die Bundesbank jedenfalls kann derzeit trotz der Belastungen durch die Euro-Schuldenkrise noch keine Anzeichen für langsam versiegende Kreditflüsse in Deutschland erkennen. "Es gibt derzeit keine Anzeichen für eine Kreditklemme. Ich betone: derzeit", sagte Lautenschläger
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Wer sich über mich ärgert,der hat kein Problem mit mir,
sondern mit sich selbst