Fernsehwerbung für Solarmodule: Die Hauptrolle mimt Lary Hagman, alias J.R. Ewing. Der Intrigant aus der Serie „Dallas“ steht unbewusst auch als Symbol für einen neuen Streit im Energiegeschäft, der in der so sauberen Solarenergiebranche derzeit tobt. Es geht um Macht und Marktanteile. Die Darsteller: Frank Asbeck, Chef der Firma Solarworld. Er verkündet stolze Ziele: „Wir wollen die Nummer eins in der Welt werden!“ Asbeck ist reich geworden im Energiegeschäft - mit der Produktion von Photovoltaikmodulen. Die Nummer eins in Deutschland ist er längst. Und Asbeck produziert bereits weltweit an 13 Standorten, von den USA bis Asien.
Sein größter Gegner ist die Firma First Solar, ein amerikanischer Konzern. Die Amerikaner wollen allerdings nicht bei uns auftreten. Man wolle sich nicht an öffentlichen Schlammschlachten beteiligen, teilen sie lapidar mit. Dabei sind sie es, die die Schlammschlacht verursachen. First Solar ist derzeit die Nummer eins in der Welt, mit sogenannten Dünnschichtmodulen. Diese sind billiger als die der deutschen Konkurrenz, haben jedoch einen entscheidenden Nachteil: Darin wurde das Schwermetall Cadmium verarbeitet, zum Ärger von Frank Asbeck: „Ich ärgere mich ganz einfach darüber, dass ohne technologische Notwendigkeit ein Ultragift verwendet wird, wo es die ganze andere Industrie nicht braucht.“ Bei den Modulen ist zwischen zwei dünnen Glasscheiben eine Halbleitermasse aus Cadmium-Tellurid aufgeklebt. Solange die Scheiben dicht sind, besteht keine Gefahr. Wissenschaftler sehen aber große Probleme bei Glasbruch und Feuer.
Der amerikanische Konzern aber hat Unterstützung durch die Politik. In Brandenburg, Sachsen und Bayern wurden bereits drei riesige Solarparks mit anderthalb Millionen Modulen errichtet, hergestellt in Brandenburg. Und es werden täglich mehr. Das schafft Arbeitsplätze. Und mit dem Einsatz für saubere Energie schmücken sich Politiker heute gern.
Das Unternehmen ließ uns nicht in seiner Fabrik in Frankfurt/Oder drehen und gibt keine Interviews. Lediglich ein paar schriftliche Zeilen schickte man uns: „Das von uns verwendete Cadmium-Tellurid ist eine stabile Verbindung mit anderen Eigenschaften als pures Cadmium. Unsere Module werden seit vielen Jahren wissenschaftlich untersucht und entsprechen allen Sicherheitskriterien.“
Gefahr: Cadmium im Grundwasser Die Panele halten allerdings nicht lange. Nach spätestens 20 Jahren müssen sie entsorgt werden. Die Industrie verspricht, sie fachmännisch zu recyceln. Doch werden sich alle daran halten? Hier sieht das renommierte Wuppertal-Institut das größte Problem: „Wenn nach dem Einsatz der Module diese ausgebaut und unsachgemäß zwischengelagert oder deponiert werden, kann es sein, dass unter den Bedingungen einer Abfalldeponie in einem sauren Milieu - besonders dann, wenn die Glasscheiben inzwischen gebrochen sind und die einzelnen Substanzen dann eher auslaugbar sind - das Cadmium ausgelaugt wird und in das Grundwasser verfrachtet wird.“
Auch der Stuttgarter Professor Jürgen Werner, Leiter des Instituts für physikalische Elektronik, warnt: „Es gibt neue Studien, wenigstens drei, zwei davon aus den USA und eine aus Norwegen, die zeigen ganz klar, dass dann, wenn ein solches Modul zerbrochen ist und es ins Grundwasser kommt, das krebserregende Element Cadmium herausgelöst wird.“
Die „Non-Toxische-Allianz“ (NTSA) in Berlin ist eine Vereinigung von Wissenschaftlern und Umweltverbänden mit dem Ziel, giftfreie Energieversorgung zu fördern. Warum, so fragen die Mitglieder der NTSA, benutzen Hersteller überhaupt Cadmium und Tellur, wo es doch andere Möglichkeiten gibt? Silicium zum Beispiel, das klassische Halbleitermaterial, ist ungiftig. Zu kleinen Platten geformt, werden damit die dickeren Module gebaut. Auch nach Ablauf ihrer Leistungsfähigkeit sind sie einfach zu entsorgen.
Der Einsatz von Cadmium in der Elektronik ist in Europa verboten. Ausnahme: Photovoltaik. Das EU-Parlament in Straßburg hat die Änderung der Richtlinie für den Einsatz von Cadmium in der Elektroinkindustrie auf der Agenda. Die Entscheidungen sind aber wieder vertagt worden. Durch geschickte Lobbyarbeit?
Die Hersteller kämpfen um den besten Platz an der Sonne. Sie haben es selbst in der Hand, ob sie dabei sauber bleiben wollen oder gefährliche Giftmüllberge hinterlassen.
Dieser Text informiert über den Fernsehbeitrag vom 12.10.2010. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
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