Newsletter 22 | Russische Wertpapiere / Fonds Ausschussdienst lehnt Petition der SdK ab / aktuelle Hinweise Sehr geehrte Damen und Herren, nachfolgend erhalten Sie Neuigkeiten zur aktuellen Situation in Bezug auf russische Wertpapiere bzw. Fonds mit Schwerpunkt russische Aktien. Petition der SdK Wie berichtet hat die SdK im März eine Petition mit der ID 147402 eingereicht. Nach mehrmonatiger Prüfung durch den Ausschussdienst, der die Aufgabe hat, für den Petitionsausschuss Vorschläge zu erarbeiten, hat mitgeteilt, dass die SdK offenbar von falschen rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen ausgehe. Demnach seien „die Schwierigkeiten beim Umtausch von Depository Receipts und bei Gutschriften von Zins- und Dividendenzahlungen nicht ausschließlich auf die von der Europäischen Union verhängten Sanktionen, sondern auch auf Vorgaben und gesetzliche Regelungen der russischen Seite zurückzuführen, auf die die Bundesregierung und die Europäische Union keinen Einfluss haben“. In der beigefügten Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen wird ausgeführt, dass die Kündigung der DR-Programme in Reaktion auf ein russisches Dekret gekündigt wurden. Die Gutschrift von Zins- und Dividendenzahlungen auf den Konten von europäischen Verwahrern beim russischen Zentralverwahrer NSD sei nicht möglich, da diese Konten von russischer Seite her gesperrt worden sind. Daher wurde die Petition abgelehnt und nicht veröffentlicht. Aus unserer Sicht wurde auf wesentliche Argumente der SdK nicht eingegangen und teilweise sind die Ausführungen des BMF aus unserer Sicht auch falsch. Zwar ist es korrekt, dass die russische Seite ebenfalls umfangreiche Sanktionen gegen Unternehmen und Anleger aus westlichen Staaten eingeführt hat, jedoch waren diese zumindest teilweise eine Reaktion auf westliche Sanktionen, die wir zu großen Teilen für richtig halten. Einige Kapitalmarktsanktionen hingegen erscheinen hingegen völlig sinnfrei und schaden nur den eigenen Interessen. Es bestand und besteht demnach unserer Einschätzung nach auch weiterhin kein Wille der Politik, sich der bestehenden Probleme anzunehmen: 1) Ziel von Finanzsanktionen muss es sein, dass russische Unternehmen keinen Zugang mehr zu Kapital erhalten, folglich also keine Geldmittel u.a. für nötige Investitionen mehr haben und keine Güter (mit Ausnahme von lebenswichtigen Gütern) aus dem Ausland mehr erwerben können. Der reine Handel mit DRs an Börsen im Westen generiert jedoch per se keinen Geldzufluss bei den russischen Unternehmen oder russischen Staatsbürgern. Seite 2 von 3 Den russischen Machthabern und den russischen Unternehmen wird es schlichtweg egal sein, ob Anleger im Ausland mit deren DRs handeln können oder nicht. Daher hätte man den Handel an europäischen Börsenplätzen per se nicht untersagen sollen, sondern es hätte völlig ausgereicht, sämtliche Geldflüsse aus Börsentransaktionen nach Russland zu untersagen. 2) Es ergibt aus unserer Sicht auch keinen Sinn, die Auszahlung von fälligen Zins- und Dividendenzahlungen an westliche Anleger zu blockieren. Statt russische Unternehmen zu bestrafen, bestraft man damit die eigene Bevölkerung und stärkt dabei auch noch den russischen Rubel, da weniger Rubel in Fremdwährungen getauscht werden muss. Ein starker Rubel wiederum stärkt die russische Wirtschaft. Genauso erscheint der Umtausch der DRs in die zugrundeliegenden Stammaktien für die russischen Unternehmen ohne jegliche finanziellen Vorteile, eine Sanktionierung damit sinnlos. Das Risiko für den Anleger hingegen dürfte zunehmen, sofern der Tausch nicht erfolgt. 3) Ferner müssen Anleger, die sich für das bestreiten des russischen Weges entscheiden, hohe Anwaltskosten tragen, die ohne diese Blockade nicht zu tragen wären. Auch hier schadet man dem westlichen Anleger, ohne einen konkreten Sanktionsnutzen erzielen zu können. Soweit sogenannte russische Oligarchen oder russische Gesellschaften selbst DRs außerhalb Russlands halten, würden die Sanktionen ihren Zweck erreichen. Mittlerweile sind jedoch knapp sechs Monate seit Beginn des Angriffskrieges vergangen, entsprechende Depots hätten also längst gesperrt werden können. 4) Eine ausdrückliche Bestätigung durch die Politik, dass die notwendigen Schritte zum Umtausch der DRs, in dem kein Geld an russische Institutionen fließt, nicht gegen die Sanktionen verstößt, wäre bereits hilfreich gewesen. Auch wenn dies bereits faktisch der Fall ist, herrscht eine große Unsicherheit bei vielen Beteiligten, von den Mitarbeitern bei Banken bis hin zu den Notaren. Der öffentliche Apell der SdK an das Finanzministerium sowie das Justizministerium wurde mit Verweis auf die Notwendigkeit einer europäischen Lösung weggebügelt. Doch weder im Europaparlament, der Kommission oder dem Europäischen Rat gibt es Interesse, sich dem Thema anzunehmen. Stattdessen werden die Verluste der Kleinanleger als notwendiger Kollateralschaden der Sanktionen hingenommen. Dabei profitiert Russland jedoch überhaupt nicht von einem Umtausch der Papiere, sondern im Gegenteil eher davon, wenn dieser nicht stattfindet. 11. Sanktionspaket der EU Die russische Zentralbank NSD hat mittlerweile einen Verzicht von Gebühren im Zusammenhang mit dem Umtausch von ADRs bis Ende 2023 erklärt. Die EU hat am 23.06.2023 das 11. Sanktionspaket beschlossen. Dieses sieht auch Neuerungen für den Umgang mit russischen Wertpapieren vor. In einer ersten Stellungnahme vom 28.06.2023 führt Clearstream Banking zu dem 11. Sanktionspaket aus, dass die Seite 3 von 3 EU mit der Änderung des Artikel 5aa der EU- Verordnung 269/2014 die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ermächtigt, die Umwandlung von Hinterlegungsscheinen in russische Aktien/Basiswerte, die bei der nationalen Abrechnungsstelle NSD gehalten werden, zu genehmigen. Der Genehmigungsantrag muss bis spätestens zum 25.09.2023 erfolgen. Gleichzeitig fordert Clearstream seine Kunden, die Depotbanken und Broker auf, von den zuständigen Behörden eine Anleitung zur weiteren Vorgehensweise anzufordern. Von unseren Mitgliedern haben wir zahlreiche Rückmeldungen erhalten, wonach die jeweilige Depotbank von den Anlegern den Namen des späteren Käufers der Wertpapiere sowie den Kaufpreis angefordert hat. Diese Informationen sind bei Anlegern, die die Wertpapiere auf ein eigenes Depot übertragen, logischerweise nicht lieferbar. Daher können die ADRs in diesen Fällen weiterhin nicht übertragen und somit auch nicht veräußert werden. Zudem ist nach wie vor unklar, ob die Wertpapiere bei einem Übertrag nach Russland dort von Anlegern aus westlichen und damit aus Sicht Russland „feindseligen“ Staaten überhaupt veräußerbar sind, da der Handel dort eigenen Beschränkungen unterliegt. Selbst wenn sie veräußerbar sind, wird der Kaufpreis auf dem dortigen Verrechnungskonto gesperrt bleiben und ein Transfer ins Ausland dürfte bis auf weiteres ausgeschlossen sein. ADR-Programme / Widerspruch gegen wertlose Ausbuchung Die Umtauschfrist mancher ADR-Programme (z.B. Gazprom) endet am 03.08.2023. Gazprom ADRs, die nicht innerhalb der Frist in Aktien umgetauscht wurden, werden nach den vertraglichen Bestimmungen nach dem 03.08.2023 freihändig ohne weiteren Einfluss der Inhaber veräußert. Dies ist jedoch nach unserem Informationsstand bislang nicht geschehen. Mehrere Anfragen unsererseits an die Bank of New York Mellon blieben diesbezüglich unbeantwortet. Sofern der Verkauf erfolgt, wird den Anlegern voraussichtlich ein erheblicher Verlust entstehen. Manche Depotbanken wollen die ADRs aufgrund angeblich eingetretener Wertlosigkeit wertlos ausbuchen. Dieser Ausbuchung sollten Sie in jedem Fall widersprechen. Aus unserer Sicht sind die ADRs nicht wertlos, da die dahinterstehenden Aktien weiterhin werthaltig sind. Für Rückfragen steht die SdK ihren Mitgliedern unter info@sdk.org oder unter 089 / 20 20 846 0 gerne zur Verfügung! München, den 11.09.2023 SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. https://sdk.org/assets/Klageverfahren/Russland/...tuelle-Hinweise.pdf
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