Als Aktionär verfolge ich die Forenbeiträge mit großem Interesse.
Zu meiner Verwunderung wurde die im Zuge der AFS-Übernahme eingetretene Änderung der Aktionärsstruktur und deren Folgen auf die künftige Geschäftspolitik bislang überhaupt nicht diskutiert.
Wie aus den Stimmrechtsmitteilungen vom 25.05.2021 und 04.06.2021 ersichtlich, hält der österreichische Bauunternehmer Günther Walcher über seine Beteiligungsgesellschaften "Passiva Participations S.à r.l." und "Aggregate Holdings 2 S.A." aktuell 6,739,774 Aktien bzw. 19,73% der insgesamt ausstehenden 34,166,025 Corestate Aktien.
-> corestate-capital.com/wp-content/uploads/2019/05/Passiva-Participations-2-strm.pdf -> corestate-capital.com/wp-content/uploads/2019/05/Passiva-Participations.pdf
5.950.000 Aktien hat Herr Walcher als Gegenleistung für die Einbringung seines 70%-Anteils an der AFS GmbH erhalten. Die restlichen Aktien hielt Herr Walcher bereits vor dem AFS-Deal.
Der bisherige "Ankeraktionär" Vestigo (aktuell 7,4% -> lt. Corestate Zurechnung zum Streubesitz) ist mithin durch Herrn Walcher als mit Abstand größter Corestate Aktionär abgelöst worden.
Neben Herrn Walcher sind seit Vollzug der AFS-Übernahme am 25.05.2021 auch die AFS-Gründer und neuen Corestate Vorstände Johannes Märklin und Sebastian Ernst (mit jeweils 1.275.000 Aktien) wesentlich an Corestate beteiligt.
Für die hier immer wieder diskutierten Fragen betreffend die Zukunftsaussichten der Corestate und die Wahrscheinlichkeit und Notwendigkeit weiterer (verwässernder) Kapitalerhöhungen darf m.E. nicht unter Außerachtlassung der geänderten Anteilseignerstruktur diskutiert werden.
Nachdem die AFS GmbH mit Ausnahme einer sehr überschaubaren Barzahlung i.H.v. 5 Mio € vollständig durch Corestate Aktien bezahlt wurde, bestimmt der Corestate Aktienkurs unmittelbar den Wert der Gegenleistung für die AFS-Einbringung.
Die im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüsse der AFS sowie die auf der AFS-Homepage (neu: Corestate Bank) veröffentlichten Geschäftserfolge (siehe: corestate-bank.com/public/en) lassen die im Zuge der Übernahme publizierten Angaben zum Unternehmenswert (ca. 170 Mio €) m.E. realistisch erscheinen, zumal die AFS GmbH (lt. Mitteilung vom 14.01.2021) zum Übernahmezeitpunkt über ein aus thesaurierten Gewinnen entstandenes und an Corestate mitveräußertes Nettofinanzguthaben (Net Cash) i.H.v. 17 Mio € verfügt.
-> corestate-capital.com/de/2021/01/corestate-uebernimmt-fuehrende-finanzierungsplattform-und-vervollstaendigt-sein-finanzierungsangebot-durch-private-debt-loesungen-im-immobilienbereich/
Auf Grundlage eines der Transaktion zugrunde liegenden Corestate Aktienkurses i.H.v. 14,73 € lässt sich der in der oben stehenden Mitteilung genannte Nettokaufpreis i.H.v. 117 Mio EUR wie folgt nachvollziehen: 8,5 Mio Aktien x 14,73 € + 5 Mio € Barzahlung abzgl. 17 Mio Net Cash = 117 Mio €
Auf Basis des aktuellen Börsenkurses um 11 EUR beträgt der Wert der von Corestate erbrachten Netto-Gegenleistung noch 81,5 Mio € (= 11 x 8,5 Mio Aktien + 5 Mio € Cash Barzahlung - 17 Mio € Net Cash).
Die vereinbarten Lock-Up-Fristen führen dazu, dass die neuen Großaktionäre die aus dem AFS-Deal erhaltenen Aktien für mindestens 1 Jahr nicht veräußern dürfen.
Ob sich die wiederholten Aussagen, Corestate sei selbst bei 11 EUR deutlich überbewertet und würde spätestens im Herbst 2021 die nächste Kapitalerhöhung benötigen, letztlich als zutreffend erweisen werden, wird sich zeigen.
Allerdings gehe ich davon aus, dass die o.g. Großaktionäre die werthaltige AFS GmbH nicht sehenden Auges in wertlose Corestate Aktien getauscht haben und sicherlich auch nicht gewillt sind, einer fortschreitenden Entwertung ihrer Corestate-Aktien tatenlos zuzusehen.
Hierzu sei angemerkt, dass Herr Walcher Alleineigentümer der Aggregate Holdings S.A. ist. -> aggregateholdings.com/en
Das ist exakt jene Gesellschaft, für deren Entwicklungsprojekt "Fürst" die Corestate Bank gerade eine 1 MRD EUR Finanzierung "gestemmt" hat.
-> corestate-capital.com/de/2021/06/corestate-stemmt-finanzierung-von-kauf-und-entwicklung-des-fuerst-projekts-am-kurfuerstendamm-in-berlin/
Die Geschäftsberichte der Aggregate Holdings S.A. sind hier veröffentlicht: -> aggregateholdings.com/en/investors#annual-reports
Nachdem Herr Walcher an beiden Gesellschaften wesentlich beteiligt ist, wäre ich nicht überrascht, wenn Corestate zukünftig weitere Aufträge der Aggregate Holdings S.A. erhielte...
Mein Fazit: Ich bin vorsichtig optimistisch, dass die tiefgreifenden Veränderungen in Geschäftsmodell, Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionärsstruktur die Chancen auf einen echten und nicht nur für Großaktionäre und Gläubiger erfolgreichen Neustart zumindest nicht verschlechtert haben.
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