Nach 124 Jahren
28.12.2012
Mitten in Hamburg existierte fast 125 Jahre lang eine echte Grenze, mit meterhohen Zäunen und Zollkontrollen: Zwischen der Stadt und dem Freihafen. Zum Jahreswechsel endet eine Ära, die für die wirtschaftliche Entwicklung der Hansestadt eine enorme Bedeutung hatte.
Hamburg - Es ist eine kleine Wiedervereinigung: In der Neujahrsnacht wird in Hamburg der sogenannte Freihafen aufgelöst - rund 124 Jahre nach der Eröffnung. Erstmals in seiner Geschichte gilt dann ganz Hamburg als deutsches Zollinland. Die fast 18 Kilometer langen Sperrzäune und sieben Grenzstationen, die bisher Teil des Hafens sind, werden überflüssig.
Die Gründung des Freihafens 1888 war jedoch für die Entwicklung der Hansestadt von großer Bedeutung: Ende des 19. Jahrhunderts ebnete die Regelung, nach der in dem Gebiet auf umgeschlagene und weiterverarbeitete Waren kein Zoll bezahlt werden musste, der Hansestadt den Weg zur wirtschaftlichen Integration in das neu entstandene Deutsche Reich. "Es war eine Erfolgsgeschichte", sagt Henning Rademacher, Experte für Hamburger Hafengeschichte. Die jahrhundertelang auf Unabhängigkeit bedachte Hansestadt war dem 1871 unter Bismarck gegründeten Deutschen Reich zwar beigetreten, blieb zollrechtlich aber zunächst Ausland.
Die Hamburger Reeder und Kaufleute verdienten gutes Geld mit dem freien Welthandel und fürchteten, dass sich das Binnenland abschotten würde. Die Sonderstellung aber ließ sich nicht lange durchhalten. Einerseits war der politische Druck aus Berlin zu groß, andererseits entgingen den Hamburger Unternehmern aufgrund der Zollschranken gegenüber dem Rest von Deutschland im Zeitalter der Industrialisierung zunehmend Investitions- und Absatzchancen.
"Die wollten natürlich auch für das Reich produzieren", sagt Rademacher, der das Hamburger Speicherstadtmuseum leitet. Der Freihafen war daher das Ergebnis eines Kompromisses mit der Reichsregierung: Hamburg trat 1888 dem Zollgebiet des Reichs bei, behielt aber einen Freihafen, der weiter als Zollausland galt.
40 Millionen Mark Zuschuss für den Bau der Speicherstadt
Für den zollrechtlichen Beitritt handelte Hamburg damals einen Zuschuss des Reichs von 40 Millionen Mark aus. Das Geld investierte der Senat gleich in den Bau der Speicherstadt. Dass am Standort des damals hochmodernen Lagerhauszentrums ein dicht besiedeltes Wohnviertel lag, kümmerte die Stadtväter nicht. Bis zu 20.000 Menschen landeten auf der Straße, als die Häuser kurzerhand abgerissen wurden.
Heute stehen die Reste der Speicherstadt im Zentrum eines neuen Stadtumbaus. Schon 2003 wurden die Lagerhäuser aus dem Freihafengebiet ausgegliedert, um die von der bisher unvollendeten Elbphilharmonie überragte HafenCity als neues städtebauliches Vorzeigeprojekt zu errichten. Es soll nur der Auftakt sein zu einer Weiterentwicklung der Stadt, die sich über Inseln und frühere Hafengebiete gen Süden ausdehnen soll.
"Sprung über die Elbe" heißt diese Strategie, für die Hamburg freie Hand haben will. Auch der Abbau von Bürokratie und Verkehrsstaus an den Übergängen nennt der parteilose Wirtschaftssenator Frank Horch als Gründe für die 2011 beschlossene Freihafenauflösung. "Der Hafen wird so schneller. Darüber hinaus gewinnen wir als Stadt die volle Planungshoheit über das Hafengebiet zurück."
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28.12.2012 Nach 124 Jahren Hamburg löst seinen Freihafen auf Fotostrecke: Als der Hamburger Hafen noch frei war Fotos Hamburger Hafen und Logistik
Mitten in Hamburg existierte fast 125 Jahre lang eine echte Grenze, mit meterhohen Zäunen und Zollkontrollen: Zwischen der Stadt und dem Freihafen. Zum Jahreswechsel endet eine Ära, die für die wirtschaftliche Entwicklung der Hansestadt eine enorme Bedeutung hatte. Info
Hamburg - Es ist eine kleine Wiedervereinigung: In der Neujahrsnacht wird in Hamburg der sogenannte Freihafen aufgelöst - rund 124 Jahre nach der Eröffnung. Erstmals in seiner Geschichte gilt dann ganz Hamburg als deutsches Zollinland. Die fast 18 Kilometer langen Sperrzäune und sieben Grenzstationen, die bisher Teil des Hafens sind, werden überflüssig.
ANZEIGE Die Gründung des Freihafens 1888 war jedoch für die Entwicklung der Hansestadt von großer Bedeutung: Ende des 19. Jahrhunderts ebnete die Regelung, nach der in dem Gebiet auf umgeschlagene und weiterverarbeitete Waren kein Zoll bezahlt werden musste, der Hansestadt den Weg zur wirtschaftlichen Integration in das neu entstandene Deutsche Reich. "Es war eine Erfolgsgeschichte", sagt Henning Rademacher, Experte für Hamburger Hafengeschichte. Die jahrhundertelang auf Unabhängigkeit bedachte Hansestadt war dem 1871 unter Bismarck gegründeten Deutschen Reich zwar beigetreten, blieb zollrechtlich aber zunächst Ausland.
Die Hamburger Reeder und Kaufleute verdienten gutes Geld mit dem freien Welthandel und fürchteten, dass sich das Binnenland abschotten würde. Die Sonderstellung aber ließ sich nicht lange durchhalten. Einerseits war der politische Druck aus Berlin zu groß, andererseits entgingen den Hamburger Unternehmern aufgrund der Zollschranken gegenüber dem Rest von Deutschland im Zeitalter der Industrialisierung zunehmend Investitions- und Absatzchancen.
"Die wollten natürlich auch für das Reich produzieren", sagt Rademacher, der das Hamburger Speicherstadtmuseum leitet. Der Freihafen war daher das Ergebnis eines Kompromisses mit der Reichsregierung: Hamburg trat 1888 dem Zollgebiet des Reichs bei, behielt aber einen Freihafen, der weiter als Zollausland galt.
40 Millionen Mark Zuschuss für den Bau der Speicherstadt
Für den zollrechtlichen Beitritt handelte Hamburg damals einen Zuschuss des Reichs von 40 Millionen Mark aus. Das Geld investierte der Senat gleich in den Bau der Speicherstadt. Dass am Standort des damals hochmodernen Lagerhauszentrums ein dicht besiedeltes Wohnviertel lag, kümmerte die Stadtväter nicht. Bis zu 20.000 Menschen landeten auf der Straße, als die Häuser kurzerhand abgerissen wurden.
Heute stehen die Reste der Speicherstadt im Zentrum eines neuen Stadtumbaus. Schon 2003 wurden die Lagerhäuser aus dem Freihafengebiet ausgegliedert, um die von der bisher unvollendeten Elbphilharmonie überragte HafenCity als neues städtebauliches Vorzeigeprojekt zu errichten. Es soll nur der Auftakt sein zu einer Weiterentwicklung der Stadt, die sich über Inseln und frühere Hafengebiete gen Süden ausdehnen soll.
"Sprung über die Elbe" heißt diese Strategie, für die Hamburg freie Hand haben will. Auch der Abbau von Bürokratie und Verkehrsstaus an den Übergängen nennt der parteilose Wirtschaftssenator Frank Horch als Gründe für die 2011 beschlossene Freihafenauflösung. "Der Hafen wird so schneller. Darüber hinaus gewinnen wir als Stadt die volle Planungshoheit über das Hafengebiet zurück."
ANZEIGE Heute ist der Freihafen, der etwa ein Fünftel der gesamten Hafenfläche ausmacht, eher zur Belastung geworden. Erstens spielen Einfuhrzölle nach mehreren globalen Freihandelsrunden keine so große Rolle mehr. Zweitens ist eine Sonderzone nach EU-Regeln nicht mehr nötig. Firmen können sogenannte Zolllager bei Bedarf überall einrichten.
Skurrile Schmuggelfunde
Dabei hatten die 120 Zollbeamten im Freihafen immer gut zu tun: In der Vergangenheit beschlagnahmten sie jedes Jahr Millionen geschmuggelter Zigaretten, Hunderte Kilo Kokain, Marihuana und andere Drogen und vor allem eine steigende Menge gefälschter Markenprodukte wie Turnschuhe oder Luxustaschen. Die spektakulärsten Funde der Beamten:
In einem am Rumpf des griechischen Frachters "Sierra Express" angeschraubten Mini-Torpedo waren 60 Kilogramm Marihuana eingeschweißt. In einem Container aus Jamaika waren 2200 Kilo Marihuana mit einem Schwarzmarktwert von 6,6 Millionen Euro verborgen. In einem Container voll mit Arbeitshandschuhen versteckte die italienische Drogenmafia 514 Kilogramm Kokain. Marktwert: 23 Millionen Euro. In einem Container aus China waren 122.000 gefälschte Taschen von "Gucci", "Louis Vuitton" und "Burberry" versteckt. Marktwert: zwölf Millionen Euro. 5000 gefälschte Transportpaletten, die deutlich weniger belastbar sind als die genormten Euro-Paletten, wurden entdeckt. Im Umzugsgut eines Diplomaten fanden die Zöllner komplette Elefantenztoßzähne
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