... jeden Morgen lesenswert - übrigens auch schon bei Bloomberg; die richtigen Fragen:
Auzugsweise zitiert: "Olaf Scholz und die Wirecard-Bande Markus Braun dachte, es sei ein Routinevorgang: Der gegen Kaution auf freien Fuß gesetzte ehemalige Wirecard-Chef schaute freiwillig bei der Staatsanwaltschaft München I vorbei, um den Kautionsauflagen Genüge zu tun. Doch die Routine endete hinter Gittern.
Gegen den früheren Wirecard-Chef und zwei weitere Ex-Vorstände wurde gestern Haftbefehl wegen des „Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetruges“ erlassen, nachdem ein Kronzeuge bei den Staatsanwälten reinen Tisch gemacht hatte. Anders als bei seiner ersten Verhaftung, schloss die Staatsanwaltschaft eine Kautionszahlung diesmal aus.
Die Staatsanwaltschaft rief weitere Mitarbeiter der Betrugsfirma dazu auf, die Behörden über die inneren Vorgänge bei Wirecard aufzuklären und im Gegenzug von einer Kronzeugenregelung mit anschließendem Rabatt auf das Strafmaß zu profitieren. Doch die hier zur Schau gestellte Ahnungslosigkeit der Strafverfolgungsbehörden, die auch Bankenaufsicht und Politik beherrschen, ist gut gespielt. 133213631 dpa
Bereits am 24. Februar 2016 hätten alle Alarmglocken angehen müssen. Es kam bei Wirecard zu einem ersten Kursrutsch von 15 Prozent. Der Auslöser war die Veröffentlichung eines 100 Seiten starken Reports der Research-Firma Zatarra.
Darin wurden Wirecard und seinen Managern im großen Stile Betrug und Geldwäsche unterstellt. „Wegen des signifikanten Risikos einer Strafverfolgung durch US-Behörden, von Strafzahlungen sowie der Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch Visa und MasterCard, sehen wir Wirecards Firmenkapital als wertlos an“, bilanzieren die Autoren des Berichts.
Als Kursziel gaben sie „null Euro“ an — was sich aus heutiger Sicht als seherisch erweist. 20200723-infografik-media-pioneer-Wirecard-boersenwert
Auf den Report aufmerksam werden die meisten Aktionäre, nachdem der „FT“-Journalist Dan McCrum Witterung aufgenommen hatte. Sein erster Bericht erschien am 30. Januar 2019.
Unter der Überschrift „Executive at Wirecard suspected of using forged contracts“ berichtet das Blatt über einen hochrangigen Manager in Singapur, der Verträge gefälscht und Geldwäsche betrieben haben soll. Die Aktie gab schlagartig um 21 Prozent nach.
§ Die Nachricht verdächtiger Transaktionen lässt Fragen zur Buchhaltung und zu den internen Kontrollen von Wirecard aufkommen.“
Zwei Tage später legt die „FT“ nach, die von Wirecard beauftragte Anwaltskanzlei „Rajah & Tann“ habe bei einer Prüfung der Niederlassung in Singapur Belege für schwere Straftaten gefunden, die auf Fälschungen bei der Rechnungslegung hindeuten:
§ Die Anwälte deckten Beweise dafür auf, dass mindestens ein Dutzend Verträge über Summen in Millionenhöhe gefälscht worden seien. Obwohl diese Einzelsummen im Verhältnis zu den von Wirecard ausgewiesenen Gesamtumsätzen gering sind, wurden die Vereinbarungen offenbar dazu verwendet, Gewinnziele zu erreichen und Regulierungsbehörden in die Irre zu führen.“ 20200723-infografik-media-pioneer-Wirecard-marktkapitalisierung
Am 7. Februar berichtet die „Financial Times“ in ihrem dritten Bericht, der für Asien zuständige Finanzchef von Wirecard habe sechs Kollegen in Singapur gezeigt, wie man die eigenen Bücher manipulieren könne. Das System sei möglicherweise in ganz Asien über Jahre hinweg betrieben worden. Wörtlich hieß es in der Zeitung:
§ Dokumente, die von der Financial Times eingesehen wurden, zeigen, dass zwei leitende Angestellte in der Münchener Zentrale zumindest ein gewisses Bewusstsein für das ,Round-Tripping-Schema‘ besaßen: Thorsten Holten und Stephan von Erffa, ergo der Finanzchef und der Leiter der Buchhaltung.“
§ Die verdächtigen Transaktionen sind einzeln betrachtet gering, scheinen aber so konzipiert worden zu sein, dass die Wirecard-Unternehmen keine Gewinnziele mehr verfehlen, indem sie Löcher nach dem Ende eines Geschäftsjahres mit gefälschten und rückdatierten Verkaufsverträgen füllen.“
Elf Tage später reagiert die deutsche Staatlichkeit — aber falsch. Die Bafin verhängt ein Leerverkaufsverbot der Wirecard-Aktie. Gegen einen Journalisten der „Financial Times“ ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Dan McCrum, der Hauptautor der Wirecard-Enthüllungen, erinnert sich in einem Interview mit Finanzszene.de:
§ Unsere Welt stand Kopf. Wir haben mit harten Belegen berichtet, und plötzlich sind meine Kollegin Palma in Singapur und ich Tatverdächtige und werden angezeigt. Wie sich später herausstellte, auf Basis simpler Behauptungen und natürlich aus dem Unternehmen selbst, das dann auch noch seine Version gleich an die Medien durchsteckte.“
Der „FT“-Autor kritisiert die deutschen Behörden nicht nur, er belastet sie schwer:
§ Ich weiß, dass viele Whistleblower ihr Material den deutschen Behörden gegeben haben, bevor sie zu uns kamen.“ 59841169 dpa
Doch die britische Wirtschaftszeitung lässt sich nicht einschüchtern. Am 14. Oktober 2019 legt sie neue interne Dokumente von Wirecard vor, darunter die Korrespondenz hochrangiger Manager der Finanzabteilung.
Die „FT“ schreibt, dass bereits 2016 die Hälfte des Gewinns von Wirecard durch eine Tochterfirma aus Dubai nicht erwirtschaftet, sondern trickreich herbeigeführt sei:
§ Es gibt starke Anzeichen — die wahrscheinlich die Aufmerksamkeit von Rechnungsprüfern und Aufsichtsbehörden erregen werden —, dass ein Großteil der Zahlungsabwicklung, die 34 Kunden zugeschrieben wird, nicht stattgefunden haben kann.“
Fazit: Die Fülle der Hinweise für Staatsanwälte, Bankenaufseher und die verantwortlichen Beamten im Bundesfinanzministerium war präzise und in ihrer Summe erdrückend. Die kollektive Ignoranz derer, die von Amtswegen hätten einschreiten müssen, ist der Skandal im Skandal. Bevor Olaf Scholz diesen größten deutschen Betrugsfall und das Versagen der ihm unterstellten Kontrolleure nicht aufgeklärt hat, kann er nicht guten Gewissens Kanzlerkandidat werden. Diese Affäre ist seine Bewährungsprobe."
Quelle: https://www.gaborsteingart.com
Ich tippe mal auf 7-8 Jahre Haft für Braun, der Glatzkopf wird schon alleine wegen der Verhöhnung der Obrigkeit nahe am oberen Rand des Strafmasses einfahren. Es ist klar, dass Einige einfahren werden, allerdings bei guter Führung kann Braun sicher nach 5-6 Jahren wieder draussen seine während eines halben Jahrzehnts beiseite geschafften Millionen in vollen Zügen geniessen.
Braun ist clever genug um einzusehen, dass ein deutsches Gefängnis sicherlich die bessere Variante als ein teures Leben im Untergrund zu führen ist.
Marsalek halte ich schon ein wenig naiv, egal wo er sich befindet, Bitcoin Wallet hin oder her - die jungs wissen auch wie Bitcoin funktioniert:
1. Ist er weit weniger anonym als die Laien behaupten, JEDE Transaktion wir unwiderruflich in die Blockchain geschrieben - wie ein endloses elektronisches Rechnungsbuch.
2. Es ist nicht so einfach große Mengen an Bitcoin auszucashen, ausser OTC bei "dubiosen" Gestalten.
3. Sollte letztere Personengruppe Kenntnis von der Wallet und einen Zusammenhang mit Marsa konstruieren können, fallen den "Jungs" sicherlich einige "Methoden" ein, wie sich der gute Marsalek an den sogenannten "Private Key " (Zugangsschlüssel für die Wallet) erinnern wird...
Für Leute die jahrzehntelang gespart haben sicher nur ein kleiner Trost - alledings beschäftigt die Frage nach den Hintermännern und warum es einen kleinen Team von Journalisten gelingen kann, mehr Aufklärung in die Sache zu bringen als eine vielzahl von offiziellen Aufsichtsbehörden - hier wären einige Rücktritte das Mindeste was zu erwarten ist; nur so könnte halbwegs neutral und unbefangen Licht ins Dunkel gebracht werden.
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