Fragen und Antworten Die Commerzbank bleibt teilverstaatlicht Was ist eine stille Einlage und warum ist der Soffin in die Commerzbank eingestiegen? Fragen und Antworten rund um den Soffin, zur Teilrückzahlung der stillen Einlage und zu den Kapitalerhöhungen der Commerzbank. Von Hanno Mußler
07. April 2011 2011-04-07 19:38:42
Steigt der Staat aus der Commerzbank bis Mitte Juni vollständig aus? Nein. Die Commerzbank will dem Bankenrettungsfonds Soffin 11,55 Milliarden Euro von insgesamt 18,2 Milliarden Euro des aus zwei Komponenten bestehenden staatlichen Eigenkapitals zurück zahlen. Stark zurückgeführt wird die eine Komponente, die stille Einlage. Sie sinkt von 16,2 Milliarden auf 1,9 Milliarden Euro. Dies geschieht nicht nur durch Rückzahlung. Vielmehr tauscht der Soffin auch 2,75 Milliarden Euro stille Einlage in neue Aktien aus zwei Kapitalerhöhungen. Damit bleibt der Soffin unverändert mit 25,1 Prozent an der zweiten Eigenkapitalkomponente, dem Aktienkapital der Commerzbank, beteiligt. Das vom Soffin in Aktien der Commerzbank investierte Kapital steigt nach den beiden Kapitalerhöhungen von 2 auf 4,75 Milliarden Euro. Insgesamt hat der Soffin damit noch 6,65 Milliarden Euro Eigenkapital in der Commerzbank.
Was ist eine stille Einlage? Stille Einlagen haben Merkmale von Eigen- und Fremdkapital. Sie sind eine Art Zwitter. Aufsichtsrechtlich aber zählen sie nach den Regeln von Basel II noch mindestens bis zum Jahresende 2012 uneingeschränkt zum harten Eigenkapital. Im Unterschied zum Aktionär hat der Besitzer einer stillen Einlage kein Stimmrecht. Er bekommt einen Zins auf sein Kapital und keine Dividende. Damit wird der stille Teilhaber bevorrechtigt gegenüber dem Aktionär aus dem Jahresgewinn der Bank bedient. Auch im Fall der Abwicklung der Bank erhält der stille Teilhaber vor dem Aktionär Geld aus einem möglichen Liquidationserlös.
Warum ist der Soffin mit stillen Einlagen in die Commerzbank eingestiegen? Dieses Vorgehen ist umstritten. Hätte der Soffin für 18,2 Milliarden Euro und nicht nur für 2 Milliarden Euro Aktien der Commerzbank gekauft, wäre seine offene Beteiligungsquote nicht 25,1 sondern rund 66 Prozent. Diesen Eindruck einer fast vollverstaatlichten Bank wollte der Soffin vermeiden. Außerdem vereinbarte der Soffin mit der Commerzbank einen hohen Zins von 9 Prozent, den sie auf die stille Einlage zahlen muss. Das sind 1,5 Milliarden Euro im Jahr.
Ist diese Rechnung für den Bund aufgegangen? Nein. Die Commerzbank hat die stille Einlage bisher nie bedient. Im Vertrag mit dem Soffin ist geregelt, dass sie die Zinszahlung schuldig bleiben darf, wenn sie keinen Jahresgewinn erzielt. Im Jahr 2010 hat der Commerzbank-Konzern zwar 1,4 Milliarden Euro vor Steuern verdient. Aber der Einzelabschluss der Commerzbank AG ist maßgeblich. Darin nahm die Commerzbank eine Abschreibung auf den Firmenwert der Tochterbank Eurohypo vor. Deshalb machte sie Verlust. Dies hat einen Beigeschmack, denn der Wert der Eurohypo wurde in der Konzernbilanz schon im Jahr zuvor berichtigt.
Hat der Soffin gar nichts vom Einstieg in die Commerzbank gehabt? Die Commerzbank gilt als eine für das gesamte Finanzsystem relevante Bank. Deshalb scheint ihre Rettung geboten gewesen zu sein, um größere Schäden für andere Marktteilnehmer zu vermeiden. Dass die Commerzbank nun in der Lage ist, immerhin 11,55 Milliarden Euro Staatshilfe zurück zu zahlen, hätte vor wenigen Wochen noch kaum jemand für möglich gehalten. Außerdem erhält der Soffin jetzt mit der Teilrückzahlung der stillen Einlage, die rechtlich eine Kündigung vor der vereinbarten Frist von fünf Jahren Laufzeit darstellt, eine Entschädigung für in den kommenden Jahren fällig gewordene Zinsen. Diese Einmalzahlung beträgt 1,03 Milliarden Euro. Sie sei nach „harten Verhandlungen“ mit dem Soffin festgelegt worden, sagte Commerzbank-Vorstandsvorsitzender Martin Blessing. Zudem wird die Commerzbank in diesem Jahr 170 Millionen Euro Zinsen auf die verbliebene stille Einlage zahlen.
-Hat der Soffin auch Kosten? Ja, als Schattenhaushalt muss er das in die Commerzbank eingebrachte Kapital als Kredit aufnehmen. Welche Laufzeit er dabei gewählt hat und welchen Zins er zahlen muss, ist unbekannt. Unterstellt man eine fristenkongruente Finanzierung und den im Winter 2008/2009 zum Zeitpunkt des Staatseinstiegs in die Commerzbank geltenden Zins von 2,5 Prozent für ein Bundeswertpapier, dann müsste der Soffin grob überschlagen in zweieinhalb Jahren Zinsen von etwas mehr als 1,1 Milliarden Euro für das Commmerzbank-Engagement aufgebracht haben. Damit wäre die Commerzbank-Beteiligung für den Soffin unter dem Strich bisher ein Verlustgeschäft. Vermutlich aber hat der Soffin sich kurzfristiger und dann zu niedrigeren Zinsen refinanzieren können, so dass wohl doch ein kleiner Gewinn geblieben ist.
Wie steht es um die staatlichen Aktien? Der Soffin hat seine Aktien zum Kurs von 6 Euro erworben. Derzeit kostet eine Commerzbank-Aktie 5,50 Euro. Damit ist hier ein Buchverlust von 180 Millionen Euro entstanden.
Hat sich der Einstieg des Staates für andere Commerzbank-Aktionäre gelohnt? Insofern ja, als sich die Aktie seit dem Tiefstkurs um 2,60 Euro im Januar 2009 in etwa verdoppelt hat. Eine Dividende hätte die Commerzbank auch ohne das vom Soffin verhängte Ausschüttungsverbot kaum zahlen können. Vielmehr wäre die Bank vermutlich ohne Hilfe des Soffin an der im September 2008 vereinbarten Übernahme der Dresdner Bank zerbrochen. Gleichwohl sitzten viele langjährige Commerzbank-Aktionäre auf hohen Verlusten. Im Sommer 2007, vor Ausbruch der Krise am amerikanischen Immobilienmarkt, war eine Commerzbank-Aktie immerhin rund 38 Euro wert.
Wie will die Commerzbank 11,55 Milliarden Euro stille Einlage zurückzahlen? 3,3 Milliarden Euro zahlt die Commerzbank aus Rücklagen. Außerdem will sie bis Juni zwei Mal neue Aktien im Wert von insgesamt 11 Milliarden Euro ausgeben. Der Soffin übernimmt davon 2,75 Milliarden Euro. Dies ist die größte Kapitalerhöhung in Deutschland aller Zeiten. Die Dimension wird auch daran deutlich, dass der gesamte Börsenwert der Commerzbank nur 7 Milliarden Euro beträgt.
Was bedeutet das für den Aktionär? Er muss sich bei der ersten Kapitalerhöhung bis zum 13. April entscheiden, ob er erstmals eingesetzte Wertpapiere, sogenannte Comen, an der Börse ersteigern will. Für jeden Comen erhält er nach der auf den 6. Mai vorgezogenen Hauptversammlung eine Aktie. Ende Mai/Anfang Juni kommt dann eine weitere Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht. Dann kann er entweder seine Bezugsrechte ausüben und neue Aktien zum Platzierungspreis kaufen oder die Bezugsrechte über die Börse verkaufen.
Ist die Commerzbank-Aktie ein gutes Engagement? Schwer zu sagen. Durch die riesigen Kapitalerhöhungen und die Vielzahl neuer Aktien sinkt der Anteil jeder alten Aktie am Gewinn erheblich. Wie viele neue Aktien, die für dieses Jahr schon voll dividendenberechtigt wären, die Commerzbank genau ausgeben wird steht noch nicht fest. Analysten schätzen die Verwässerung des Gewinns und damit der Dividende aber auf rund 60 Prozent.
Wie geht es nach den Kapitalerhöhungen weiter? Analysten schätzten bislang, dass die Commerzbank ihren Konzern-Gewinn in diesem Jahr in etwa verdoppelt. Nun muss sie aber die Einmalzahlung an den Soffin im zweiten Quartal buchen. Ob die Commerzbank für das Jahr 2011 eine Dividende zahlen kann, ist daher fraglich, zumal sie zunächst 170 Millionen Euro Zins an den Soffin zahlen muss. Die restliche stille Einlage will die Commerzbank bis 2014 aus Gewinnen zurück zahlen. Seine Aktien darf der Soffin frühestens im Dezember verkaufen. Womöglich trennt er sich von seinem Aktienpaket, indem er es zunächst bei der staatlichen KFW-Bankengruppe parkt. Aber auch eine Börsenplatzierung ist möglich. Solange aber der Staat mit 25,1 Prozent am Aktienkapital und inklusive stiller Einlage nach den Kapitalerhöhungen mit 29 Prozent am gesamten Eigenkapital der Commerzbank beteiligt ist, bleibt die Bank „teilverstaatlicht“.
Text: F.A.Z. Bildmaterial: AFP
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