"deine Argumentation in dem folgenden Abschnitt ist für mich lückenhaft:" "Dass der kurzfristige Contango so extrem gross geworden ist, bedeutet mMn, dass die Grossspekulanten es nicht mehr für so lukrativ halten, Öl in Erwartung steigender Preise zu bunkern! Denn sonst würden sie selbst bei wegen Lagervehikel-Knappheit evtl. gestiegenen Lagerkosten die kurzfristigen ca. 4 USD/Monat einfach "mitnehmen". Das halten sie aber kurzfristig nicht mehr für aussichtsreich. Etwas dramatisch ausgedrückt: das explodierende Kurzfrist-Contango ist demzufolge ein starker Indikator für jetzt regelrecht zusammenbrechende Ölpreise. Dies ist keine Langfristaussage, sondern eine Mittelfristaussage auf Sicht von 2..3 Monaten. Was längerfristig ist, überlasse ich den hier im Thread ausreichend vertretenen Weltuntergangsstrategen ;-)" Argumentationen sind leider unvermeidbar immer lückenhaft, da sie nie die gesamte Wirklichkeit erfassen, sondern nur vereinfachend-lückenhaft überhaupt ein Modell bilden können. Dann kommt es schlussendlich darauf an, ob die Vereinfachungen und zugelassenen Lücken das Ergebnis verfälschen oder nicht. Besser weiss man das erst hinterher... Das sage ich jetzt nicht ironisch, auch nicht künstlich, sondern im "demütigen" Bewusstsein, dass ich immer etwas falsches überlegt haben kann... Aber - having said this - glaube ich unverändert: "Warum sollte es für die Grossspekulanten nicht mehr attraktiv sein, Öl zu bunkern? ... Woran siehst du, dass die Spekulanten das stark steigende Contango nicht mehr mitnehmen: Am derzeit fallenden Preis auf dem Spot-Markt?" Die Lagerkosten - wenn ich mich richtig erinnere - waren 0.5..1 USD pro Barrel und Monat. Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass sie wegen Lagerverknappung auf 1 USD gestiegen sind. Nach den Gesetzmässigkeiten eines eingeschwungenen Marktes entspricht damit ein Spot=Juni-Preis von x einem August-Preis von x+2. Heute ist aber August = Juni + 6.50! Vor ein paar Tagen sogar Juni + 8! a) Wenn die Grossen glauben, dass der Spot-Preis nur temporär sehr unangemessen gefallen ist (also auf weniger als den "normalen" 2-USD-Contango-Abschlag!), dann müssten sie in praktisch unendlicher Menge (macht dank Onkel Bernanke ja kein Problem :-) Spot bzw. auslaufende Juni-Kontrakte aufkaufen, für 2 USD einlagern und im August für den dann wieder "normalisierten" gestiegenen Spotpreis verkaufen. b) wenn die Grossen glauben, dass der Spotpreis jetzt wenigstens richtig ist, also im August auch so sein wird, dann müssten sie jetzt so lange massenhaft den August verkaufen und als Hedge den Juni oder Spot kaufen und für 2 USD Realkosten einlagern, bis per Arbitrage der Contango wieder auf 2 USD zurückgegangen ist. Anscheinend treffen weder a) noch b) zu. "( Wenn Du recht hast, dann müsste den Spekulanten der initial grosse contango ein Dorn im Auge sein, und der Spot-Preis müsste jetzt(!) drastisch fallen, da die Spekulanten nicht mehr willens sind, diesen grossen Contango zu bezahlen und das Öl auf den Spot-Markt werfen.)" Verstehe ich nicht ganz, aber genau das passiert. Und zwar ist in der letzten Woche (so wie schon einmal vor einem Monat) der Spotpreis noch stärker gefallen als der dahinterliegende Future. Und damit sind wir bei meinem spekulativen Punkt: Der aktuelle Bedarf (und das ist bei der Verarbeitungspipeline ja nicht eine Aussage für diese Woche, sondern für 1..2 Monate) ist so dramatisch niedriger als das Angebot, dass die Spotpreise zusammenbrechen. Die naheliegenden Futures brechen auch zusammen, aber etwas weniger. "Etwas weniger" deshalb, weil einige hoffen, dass das Marktbild in 1..2 Monaten besser aussehen könnte. Aber aus dem (immer noch) Riesen-Contango sieht man, dass diese Hoffnung nur von wenigen geteilt wird, denn sonst würde gemäss a) eine massenhafte Spotkauf-Arbitrage-Bewegung einsetzen und den Contango auf das physisch angemessene zurückführen. Lücken jetzt etwas weniger gross? ;-) Ich könnte ja versuchen, meine Amateurüberlegungen mit irgendwelchen Öl-Fachforen querzuchecken, aber bis ich da die Schwätzer von den Qualifizierten getrennt hätte, wäre es locker August geworden... ;-) Wie dramatisch die Bewegung ist, sieht man daran, dass seit ich am Donnerstag den August für 81.67 verkauft habe, er um 4.80 USD gefallen ist :-o Es juckt mich auch die ganze Zeit (so wie ich es eben auch hier im Thread empfohlen habe) jetzt noch einmal eine zusätzliche Position einzugehen, denn auch nach dem starken Rückgang ist der Contango ja immer noch übernatürliche 6.50 USD. Aber in der Vergangenheit habe ich mir bei ansonsten vernünftigen Einschätzungen durch Gier schon so manche Blessur geholt, und da hoffe ich heute reifer zu sein... Aber ich glaube, dass mit Aufs und Abs der Ölpreis insgesamt sehr signifikant zurückkommen könnte, und werde das voraussichtlich lange weiterreiten. Und im Juli (bei August-Auslauf), wenn der Contango immer noch so gross ist, dann halt den September oder Oktober verkaufen.
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