So abgrundtief sittlich-moralisch "schlecht", wie du die deutsche Bevölkerung in der Nazi-Ära pauschal abkategorisierst (alles angeblich tief verdorbene Faschisten), kann man schon von "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" sprechen.
Wie du weißt, ist das die wissenschaftliche Umschreibung für Rassismus.
Man fragt sich weiterhin: Wenn die Bevölkerung damals wirklich "so schlecht" war, wie hat sie sich dann zur heutigen (von Fill postulierten) aufgeklärten Hipster-Postmoderne weiterentwickeln können? Die Gene wirst du ja wohl (hoffentlich) kaum für die damalige von dir unterstellte Gesinnungs-Schieflage verantwortlich machen. Denn sonst würdest du ja die Narrative des Nazi-Systems auf sich selbst anwenden.
Wissenschaftlich spricht auch gegen "die Gene", dass das ideologische Umdenken* (die demokratische "Läuterung") ja relativ schnell vonstatten ging: in nur zwei Generationen. Gene bräuchten für Veränderungen wegen der langsamen Mutationsrate Hunderte von Jahren: Die Mutationsrate liegt beim Menschen pro Generation im Bereich von 5 bis 50 Mutationen pro Generation pro 1 Milion Gene. 99 % dieser Mutationen führen überdies zu Schwachsinn, Krankheit und/oder (vorzeitigem) Tod.
(* in deinem Zerrbild bzgl. der damaligen Bevölkerung, realitätsnah ist nur der damalige braune Sumpf von 30 bis 40 % Sumpf bertroffen - wobei im Osten ja immerhin noch etwa 20 % "erhalten geblieben" ist.)
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Die genetische Erklärung für die demokratische Läuterung ist somit wissenschaftlich nicht haltbar. Bleibt also nur die sozio-kulturelle Evolution. Wenn aber der damaligen Bevölkerung bereits jenes Veränderungpotenzial innewohnte, das sie zur heutigen aufgeklärt-demokratischen Generation heranreifen ließ, dann muss "der Kern des Guten" ja auch schon damals in der Bevölkerung vorhanden gewesen sein. So dass "abgrundtief faschistisch schlecht" auch insofern nicht greift.
Das schlagkräftigste Gegenargument gegen deine These vom "bösen deutschen Nazi-Volk" ist, dass du dir damit auch ein weiteres Wahnkriterium der Rassisten (Sarrazin würde dir applaudieren, wenn es um den Islam ginge) zu eigen machst. Nämlich dass es regional oder national spezifische mentale Unterschiede gäbe. Dass die Deutschen also z. B. intelligenter, aber eben auch selbstsüchtiger ("nationaler") seien als z. B. die Franzosen oder Engländer. Das ist nichts anderes, als z. B. Sarrazins Unterfangen, den Menschen der arabischen Welt "schlechte Gene" anzudichten, die deren angeblich sittlich-moralischen Verfall begünstigten.
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