Aus dem Wirtschaftsblatt.at: Strabag: Kein Reisser und doch hochinteressant
von Hans-Jörg Bruckberger
Im Branchenvergleich werden Schwächen deutlich – doch gerade die machen die Aktie auch interessant
Es ist soweit: Die Strabag kommt an die Börse! Eines vorweg: Die Strabag ist eine österreichische Erfolgsgeschichte. Der Konzern zählt mittlerweile zu den europäischen Marktführern, und das nicht in irgendeiner Nische, sondern in einer so grossen Branche wie der Bauindustrie. Sieht man sich den Emissionsprospekt sowie die Bilanzen genauer an, so muss man allerdings zunächst einmal doch ein paar Dinge relativieren:.Der Konzern hat nicht umsonst im Frühjahr den russischen Milliardär Oleg Deripaska an Bord geholt und geht natürlich auch nicht umsonst an die Börse: Hohe Schulden, relativ bescheidene Cash-Reserven und vor allem wenig Fantasie. Das ist bzw. war der Status quo vor den heurigen Kapitalmassnahmen. Dank Deripaskas Russland-Connections, seinen Milliarden sowie jenen, die nun via IPO in die Kassen gespült werden, sieht die Situation nun aber anders aus.
Wie wohl man auch Letztere relativieren muss:Kolportiert wird das Strabag-IPO ja als Milliarden-Deal, tatsächlich geht ein Teil der Einnahmen jedoch an die Altaktionäre, und vom Rest bleiben netto selbst im besten Fall keine 900 Millionen übrig. Doch egal. Die Strabag ist saniert. Dank den beiden Kapitalerhöhungen (Deripaska-Einstieg und IPO) wächst das Eigenkapital von 924 Millionen € auf 2,65 Milliarden, der Cash-Bestand von rund 331 Millionen auf über zwei Milliarden! Dem stehen verzinsliche Verbindlichkeiten von 1,3 Milliarden gegenüber. Die Relation von Schulden und Cash bzw.Eigenkapital wird sich also geradezu dramatisch verbessern.
Doch was ist der Konzern nun wert? Vergleicht man die Strabag mit anderen börsenotierten Baukonzernen, so wird zunächst wieder etwas Negatives deutlich:.Die Margen sind vergleichsweise schwach. Auf EBITDA-Basis sind es nur rund fünf Prozent, der Branchenmedian ist hingegen zweistellig. Der Grund liegt auf der Hand:Auch wenn sich der Konzern als Osteuropa-Player präsentiert, erwirtschaftet er derzeit noch den Grossteil seines Umsatzes in Deutschland und Österreich – gesättigten Märkten mit grossem Preisdruck. Andere Baukonzerne sind hingegen längst in den Boom-Märkten Asiens vertreten oder haben sich in neue Geschäftsbereiche eingekauft – spanische Riesen etwa bei Versorgern, Frankreichs Bouygues ist im Mobilfunk engagiert.
Einmaleffekt belastet. Ganz wild wird die Sache beim Kurs-Gewinn-Verhältnis. Zum mittleren Preisband von 45 € wäre die Strabag mit rund 5,1 Milliarden € bewertet. Daraus errechnet sich ein KGV von 26. Bedenkt man jetzt noch, dass es bei der Strabag heuer wohl Gewinnrückgänge geben wird, da im Vorjahr ein Einmaleffekt von rund 70 Millionen € durch den Deutag-Verkauf zu Buche geschlagen war, und somit das KGV für 2007 noch höher wird, wohingegen der Branchenschnitt bei rund 15 liegt, so scheint die Aktie schon beinahe uninteressant.
Dem ist aber nicht so. Bei anderen Kennzahlen sind die IPO-Konditionen gar nicht so unattraktiv, nämlich sehr wohl schon Abschläge eingepreist. So sind bei der Konkurrenz Umsatz-Multiples von 1,0 keine Seltenheit, die Strabag gibt’s hingegen nur zum halben Umsatz. Aufgrund der schwachen Margen ist das auch verdient. Bei 45 € ergibt sich hier eine durchaus faire Bewertung, auf Kurs-Buchwert-Basis wären – trotz schwacher Eigenkapitalrentabilität – sogar über sechs Milliarden Marktwert (54 € je Aktie) gerechtfertigt. Allerdings sagt das eher wenig aus, da Eigenmittel ja wohl bald wieder für die Expansion ausgegeben werden.
Fazit. Unterm Strich ist die Strabag schon interessant, vor allem, wenn sie nicht gerade am oberen Ende des Preisbandes kommt. Ein IPO dieser Grösse sollte auf jeden Fall ein Erfolg werden: Gross genug, um Aufmerksamkeit zu bekommen und für die Banken zum Prestigeobjekt zu werden, klein genug, um die Aktien am Markt unterzubringen. Und die Story mit der Ostexpansion hat sowieso ihren Reiz. Sie sollte auch die Margen auf Vordermann bringen.
08.10.2007 | 18:23
Quelle:http://www.wirtschaftsblatt.at/
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