Czerwensky intern zieht Zwischenbilanz:
6 Juli 2009 Czerwensky intern
Ein Absturz um 2000 Punkte, anschließend eine Berg- und Talfahrt der Aktienkurse, Finanzkrise, Insolvenzen, die schlimmste Rezession der bundesdeutschen Geschichte etc. – so stellte sich in kurzen Worten das Umfeld in den vergangenen neun Monaten dar, in dem unsere zehn Aktienempfehlungen zu bestehen hatten.
Unsere Top 10 Empfehlungen wollen wir auch in diesem Jahr – ehe wir im Herbst im Rahmen unserer großen Jahresprognose neue Werte vorstellen werden – noch einmal selbstkritisch unter die Lupe nehmen und auf ihre weiteren Perspektiven abklopfen. Die Performance ist durchaus vorzeigbar: Insgesamt konnte, wer auf unsere Aktientipps setzte, sein Kapital im Vergleich zum Zeitpunkt des Erscheinens unserer Prognose um über 20% vermehren, während der DAX etwa auf seinem Ausgangsniveau bei 4700 Punkten steht (vgl. unsere Ausgangskurse aus Nr. 128 vom 10.11.2008). Wie sind die Werte weiter einzuschätzen?
1. BASF (akt. 27,50 Euro; +14,6%, inkl. Dividende +22,7%): Als größten Chemiekonzern der Welt hat die Rezession BASF ganz besonders heftig getroffen. Mehr als 70 Anlagen weltweit wurden seit Herbst abgestellt, an mehreren Orten wird kurzgearbeitet. Cash-Optimierung und straffe Kostenkontrolle sind angesagt. Chef Jürgen Hambrecht hat von Anfang an klare Worte nicht gescheut, er hält nach wie vor Szenarien eines schnellen Aufschwungs für verfrüht und spürt auch keinerlei Belebung. Auf Einschnitte bei der zuletzt üppigen Dividende hat er die Anleger bereits vorbereitet. Mit soliden Finanzen und einem anerkannt guten Management dürfte BASF die Krise gut meistern.
2. MAN (akt. 41,70 Euro; +13,9% bzw. +19,4%): Wie die Konkurrenz ächzt MAN im Lkw- und Busgeschäft schwer unter der Rezession. Der Markt ist dramatisch eingebrochen, Trendwende noch nicht in Sicht. Großer Vorteil von MAN im Vergleich zu seinen Wettbewerbern ist indes die breitere Aufstellung, die das Leben derzeit zwar nicht leicht aber doch leichter macht. Die Auftragsbestände für Dieselmotoren, v.a. im Kraftwerksbereich, und Turbomaschinen sind komfortabel. Dort sollten die Geschäfte auch im weiteren Jahresverlauf ordentlich verlaufen. MAN gilt zudem als solide finanziert.
3. E.ON (akt. 24,10 Euro; -3,6% bzw. +2,4%): Eigentlich gelten Energiekonzerne als krisenresistent. Da diese Krise freilich „nicht normale“ Ausmaße hat, trifft sie auch E.ON. Der Energieverbrauch ist spürbar gesunken, v.a. bei Industriekunden. E.ON-Chef Wulf Bernotat sieht aber hier den Boden erreicht und erwartet keine weiteren Rückgänge. Tendenziell hilfreich für Versorger sind auch steigende Öl- und Kohlepreise. Für E.ON spricht auch, dass Sparprogramme angestoßen wurden, Assets von mindestens 10 Mrd. Euro veräußert werden sollen und eine stattliche Dividendenrendite geboten wird.
4. K+S (akt. 40,20 Euro; +14,9% bzw. +21,7%): Langfristig gelten die Aussichten von Düngemittel- und Salzherstellern angesichts der Ernährungsproblematik infolge der stark wachsenden Weltbevölkerung als viel versprechend. Kurzfristig aber hat sich das Umfeld sehr eingetrübt. K+S erwartet nach einem Rekordjahr 2009 einen deutlichen Umsatz- und Ergebnisrückgang und musste kürzlich eingestehen, dass die Erwartung einer Nachfrageerholung im zweiten Halbjahr wohl nicht mehr realistisch ist. Landwirte bestellen nur zögerlich. Die Preise bleiben wohl noch einige Zeit unter Druck.
5. Daimler (akt. 24,90 Euro; +9,7% bzw. +12,3%): Der Fahrzeughersteller ist von den massiven Absatz-einbrüchen im Pkw- wie auch dem Nfz-Bereich deutlich betroffen. Im ersten Quartal ist ein Verlust von über 1 Mrd. Euro entstanden. Nun aber sieht CEO Dieter Zetsche die Talsohle als erreicht. Böse Überraschungen erwartet er 2009 nicht mehr, 2010 sollte eine leichte Erholung starten. Derzeit spüre Daimler zudem positive Impulse durch die neu eingeführte E-Klasse. Für die „elektrische Zukunft“ hat sich Daimler durch Kooperationen mit Tesla (Elektroauto) und Evonik (Batterieentwicklung) gerüstet.
6. Stada (akt. 17,70 Euro; -17,7% bzw. -15,2%): Nachdem Stada im Spätherbst vergangenen Jahres abrupt die Erfolgsspur verlassen und mit seiner Jahresbilanz ziemlich enttäuscht hatte, sieht es inzwischen wieder besser aus. Im ersten Quartal überraschte der Generikahersteller eher positiv. Bei den Rabattverträgen mit der AOK kam Stada recht gut weg, was für eine Ausweitung des Marktanteils in D spricht. Hoher Preisdruck im Pharmamarkt und – negative wie positive – regulatorische Einflüsse gehören zum Geschäft. Nach vielen Übernahmen in der Branche ist Stada einer der letzten heißen Kaufkandidaten.
7. Hochtief (akt. 33,40 Euro; +67% bzw. +74%): Der Essener Baukonzern mit seiner australischen Tochter Leighton saß per 30. März auf einem äußerst beruhigenden Auftragspolster von über 30 Mrd. Euro. Neben dem mitunter schwankungsanfälligen Baugeschäft baut Hochtief beständig das angesichts der Finanznöte der öffentlichen Hand immer interessantere PPP- und Konzessionsgeschäft aus, das stabile Cash-flows bringt. Der Konzern dürfte zudem zu den größeren Profiteuren der globalen Konjunktur- und Infrastrukturprogramme gehören. Hochtief bietet zudem eine hohe Dividendenrendite.
8. VTG (akt. 9,00 Euro; -10% bzw. -7%): Den Einbruch von Welthandel und industrieller Produktion spürt freilich auch das in der Logistik tätige Unternehmen. Abgesehen von der Tankcontainerlogistik, die unter der Krise in der Chemieindustrie leidet, hält sich die Betroffenheit bisher aber in Grenzen. Die Auslastungsquote der 50 000 Güterwaggons lag auch in Q1 mit 90% nur unwesentlich unter Vorjahresniveau. Die Börse preist hier seit vielen Monaten viel größere Probleme ein, die sich bislang nicht einstellen. Steigen die Energiekosten wieder, rückt die Schiene ohnehin wieder stärker ins Blickfeld.
9. Vossloh (akt. 85,00 Euro; +53,1% bzw. +58,6%): Bei dem Eisenbahntechnikkonzern läuft es unverändert rund, selbst in Q1/2009 sind Umsatz und Gewinn gestiegen. Die Auftragsbücher sind voll. Die Infrastrukturmaßnahmen i.R. der weltweiten Konjunkturpakete könnten für zusätzliche Großaufträge sorgen. Naturgemäß sind die größten Auftraggeber von Vossloh öffentlicher oder staatsnaher Natur. Auch in China ist der Konzern immer besser im Geschäft, wie der jüngste Großauftrag über 170 Mill. Euro untermauert. Gute Aussichten dafür, dass Vossloh auch weiter unter Volldampf stehen dürfte.
10. Morphosys (akt. 16,15 Euro, +18,2%): Mit seinem ausgewogenen Geschäftsmodell, neben einer eigenen Medikamentenforschung als Dienstleister und Kooperationspartner für namhafte Pharmakonzerne wie Novartis oder Schering-Plough zu fungieren, was aufgrund der steten Geldzuflüsse besonders lukrativ ist, bleibt Morphosys ein Analysten- und Anlegerliebling. Das Unternehmen aus Martinsried arbeitet quasi ohne langfristige Bankschulden und sitzt auf liquiden Mitteln von weit über 100 Mill. Euro. Kreditklemme oder Probleme durch die Finanzkrise waren und sind hier kein Thema.
CZW-20090706-7383
|