... Medizin gegen die Finanzkrise gesucht Weltrezession
Von Rainer Hank
09. November 2008 Zumindest einen Gefallen hat uns die Krise in der vergangenen Woche getan: Sie wurde konkret. Wer bislang Mühe hatte, sich unter Kreditklemme, Liquiditätsspritzen oder Interbankenhandel hinreichend Anschauliches vorzustellen, der erhielt jetzt Nachhilfeunterricht, wohin eine Finanzkrise führen kann: in eine Weltrezession. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird im kommenden Jahr gleichzeitig die Wirtschaftsleistung in Nordamerika, Europa und Japan schrumpfen. Kein Wunder, dass bei Daimler, Heideldruck & Co. jetzt die Dienstreisen gestrichen werden und Arbeitsplätze in Gefahr sind. Vor vier Wochen hatten die Menschen Angst um ihr Geld; heute haben sie Angst um ihren Job.
Das Horrorszenario liefern Statistiker, nicht Apokalyptiker
Das Horrorszenario einer Weltrezession stammt nicht von Apokalyptikern, sondern von den Statistikern des Internationalen Währungsfonds und korrigiert - nur einen Monat nach einem ohnehin schon skeptischen Jahreswirtschaftsausblick - die Erwartungen dramatisch zum Schlimmeren. Was noch vor einem halben Jahr als positive Nachricht vernommen worden wäre - der Ölpreis hat sich halbiert, Lebensmittel sind auch für die Armen wieder erschwinglich, und Inflationssorgen muss sich kaum jemand mehr machen -, wird heute zum Vorzeichen einer schweren Krise. Gäbe es die Schwellenländer nicht, sähe alles noch viel trauriger aus. Zumindest dort rechnen die Ökonomen noch mit einem einigermaßen ordentlichen Wachstum im kommenden Jahr. Für den Rest der Welt aber verheißen sie erst Anfang 2010 wieder Besserung - wenn alles gutgeht.
Wem das alles immer noch zu wenig konkret ist, der soll sich die Meldungen der Automobilhersteller anschauen. General Motors (GM) und Ford haben am Freitag für das dritte Quartal ziemlich verheerende Zahlen vorgelegt. GM befürchtet gar, das Geld könne ausgehen, mit der Folge, dass das Unternehmen seine Geschäfte nicht mehr fortführen kann. In Deutschland sieht es nicht besser aus: Daimler und BMW sind die Aufträge weggebrochen. Die Bänder stehen still; die Arbeiter werden in die Zwangspause geschickt.
Hilflose Gegenmaßnahmen: Keynes stößt auf seine Grenzen
Angesichts dieser Aussichten wirken die konzertierten Gegenmaßnahmen einigermaßen hilflos. Die Notenbanken senken den Leitzins, aber die Börsen bedanken sich nicht. Und die Regierungen vergucken sich in Konjunkturprogramme (die man nicht so nennen darf) und pflegen dabei altbekannte Liebhabereien - vom Klimaschutz bis zum Straßenbau. Es ist schon wahr: Alles kommt jetzt darauf an, dass Verbraucher, Firmen und Banken sich wieder trauen, Geld auszugeben. Wenn die Staaten das fördern wollen, sollen sie die Steuern ihrer Bürger senken. Dass das wirkt, garantiert freilich kein Naturgesetz. Denn es gilt der alte Satz: Man kann die Pferde nur zur Tränke führen, saufen müssen sie schon alleine. Hier kommt auch Keynes an seine Grenzen.
Text: F.A.S.
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