Eine gemeinsame Währung über einen heterogenen Wirtschaftsraum kann nicht funktionieren.
Da nicken alle und sagen „ja genau, das kann nicht funktionieren – ist doch logisch!“ Und weil alle lieber lesen, statt nachzudenken, stellt keiner dieses alberne Paradigma in Frage.
Machen wir mal ein Modell auf: Es gibt drei Länder: „Nord“ und „Süd1“ und „Süd2“. Nord und Süd1 sind im Euroraum – Süd2 hat eine eigene Währung, die sich aber in der letzten Zeit gegenüber dem Euro kaum verändert hat. Die Südländer produzieren fast nur landwirtschaftliche Erzeugnisse und Tourismus. Auch in „Nord“ gibt es in geringem Maße Tourismus, jedoch ist ein Paket für Pauschaltouristen in den Südländern erheblich günstiger zu realisieren, als für die Nordländer – vom schönen Wetter ganz zu schweigen.
Ein Kellner verdient im Land Nord 2.000 € und in den beiden Süd-Ländern nur 500 €. Dafür sind im Land Nord die Ausgaben viel größer, so dass alle halbwegs mit dem Geld über die Runden kommen. Natürlich gibt es Posten, die haben einen einheitlichen (Weltmarkt-)Preis, z.B. Energie, so dass in den Südländern vergleichsweise mehr für Energie aufgewendet werden muss, als im Nordland. Dafür ist es im Süden auch wärmer, so dass nur wenige Monate im Jahr geheizt werden muss.
Gegen dieses Model kann man kaum was einwenden – und im Modell ist das Leben auch recht stabil. Jetzt drehen wir ceteris paribus an der Währungsschraube: Land Süd2 wertet seine Währung um 20% ab. Wie das genau bewerkstelligt wird, dass das auch die Kapitalmärkte mittragen, will ich mal nicht vertiefen.
Tourismusleistungen und Nahrungsmittel aus Land Süd2 werden auf einmal um 20% billiger – klar das wird nicht von Dauer sein, da gewisse Inputfaktoren (z.B. Energie) halt auch teurer werden – und der kapitalistischen Ausbeutertourismus den Wechselkursvorteil nicht komplett an das dumme Volk weiter gibt. Der Tourismus im Nordland wird wenn auch nur gering durch diese Preisreduktion im Mitleidenschaft gezogen – aber nur gering.
Richtig blöd ist das Land Süd1, das weiterhin zu en alten Preisen die Leistungen anbietet. Und die Reduktion der Nachfrage schlägt direkt auf die Volkswirtschaft dieses Landes durch.
Die Leute aus Land Süd2 haben jedoch ein anderes Problem: Der Kellner, der halbwegs über die Runden kam, wird nicht automatisch mehr Geld verdienen, aber er muss sofort höhere Energiepreise zahlen – letztlich hat er weniger in der Tasche. Und ich gehe mal der Einfachheit halber davon aus, dass mit der Abwertung keine Geldmengenexpansion einher ging.
Der Kellner (aus Süd2) hat alle zwei Jahre seinen Bruder in Nord besucht und wollte auch, dass seine Tochter in Nordland studiert. Dies wird durch die Abwertung bzw. Aufwertung der anderen Währung schwierig bis unmöglich. Das heißt, dass die Leute aus Süd2 im eigenen Land sitzen müssen und warten, dass die weite Welt zu ihnen kommt, aber niemals raus in die weite Welt gehen können oder deren Produkte konsumieren können.
Das bedeutet in Summe, dass Land Süd2 sich auch Kosten von Land Süd1 bereichert und durch den Wechselkurs das Land vom Ausland abschottet – letztlich wird ein touristisches Disney World gebaut. Goofy und Donald können gegen Geld besichtigt werden, aber ihren Bereich niemals verlassen.
(Disney World und die DDR vergleichbar – aber ich verzettel mich…) Und diese unfaire Bereicherung aufgrund währungspolitischer Maßnahmen sind mit einer gemeinsamen Währung komplett ausgeschaltet: Die Nationalökonomie wird zu einer Art betriebswirtschaftlichen Steuerung – jedes Unternehmen, jedes Land möge effizient das Herstellen, was es gut kann und soll über Produkte, Preise konkurrieren, statt über simple Taschenspielertricks.
----------- Die tödliche Krankheit des Menschen ist seine Meinung, er wisse. Michel de Montaigne
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